Das Kloster Reichenau wird von der Abendsonne angestrahlt.
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Von Gärten und Büchern: 1.300 Jahre Klosterinsel Reichenau

Von Gärten und Büchern: 1.300 Jahre Klosterinsel Reichenau

Idyllischer könnte ein Ort kaum sein: Im Jahr 724 gründete der Wanderbischof Pirmin die Benediktinerabtei auf einer Insel im Bodensee. Das Kloster wurde zu einem wichtigen kulturellen und politischen Zentrum und zog Pilger aus ganz Europa an.

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Badestrände, Radwege, Gemüsebete und Klostermauern liegen auf der Reichenau so nah aneinander wie an wenigen anderen Orten. Von der Hochwart, einer Anhöhe inmitten von Weinbergen, kann man den Blick über die Insel Reichenau schweifen lassen. Da ist das UNESCO-Weltkulturerbe mit den drei Kirchen, der Bodensee und im Hintergrund die Schweizer Berge. Dieses Jahr feiert die Insel Jubiläum. Das Kloster Reichenau wird 1.300 Jahre alt.

Bischof Pirmin: Gründer des Klosters Reichenau

Im Jahr 724 gründete der Wanderbischof Pirmin das Benediktinerkloster auf der Insel Reichenau. Man erzählt sich, dass vor seiner Ankunft die Insel ein unwirtlicher Ort voller Schlangen, Kröten und Insekten gewesen sei. Dort, wo Pirmin zuerst seinen Fuß auf die Insel setzte, soll der Sage nach eine Quelle entstanden sein. Der Wanderbischof legte den Grundstein für eine florierende Klostertradition auf der Insel und für ganz Süddeutschland.

Neben dem Münster St. Maria und Markus gehören noch zwei weitere Kirchen zum Kloster Reichenau: St. Georg an einem Ende und St. Peter und Paul am anderen Ende der Insel. Die ältesten heute sichtbaren Bauteile des Münsters stammen aus dem frühen 9. Jahrhundert. Nach der Säkularisation gab es lange keine Klostergemeinschaft mehr auf der Insel. Seit der Jahrtausendwende beten und arbeiten hier wieder drei Benediktiner.

Der Mönch als Gärtner

Gleich neben dem Münster lädt das "Café am Kloster" Besucher zu Zwetschgenkuchen, Brot mit roter Bete frisch vom Feld oder einem Stück Mönchstorte ein. Die Torte ist benannt nach dem Mönch Wahlafried Strabo, erklärt Bärbel Schäfer, die das Café betreibt.

Strabo war von 842 bis 849 Abt des Reichenauer Klosters und auch ein hervorragender Gärtner. Er verfasste eines der wichtigsten botanischen Werke des Mittelalters. Im sogenannten "Hortulus", dem "Buch über die Kultivierung der Gärten", hat er auf lateinisch in Versform 24 Heilpflanzen beschrieben. Auch heute noch wird der Klostergarten nach seinem Vorbild gepflegt.

Skriptorium: Die klösterliche Malschule

In dem Kloster entstanden nicht nur bedeutende botanische Werke. Die Klosterinsel Reichenau war eines der innovativsten kulturellen und politischen Zentren des Mittelalters, ähnlich wie das Kloster St. Gallen. Durch die enge Verbindung zu karolingischen Herrschern und römisch-deutschen Königen und Kaisern war es über die Region hinaus von Bedeutung.

Berühmt war vor allem die Malschule des Klosters. In den Schreibstuben entstanden im Auftrag von Kaiser, Königen und Bischöfen einzigartige Handschriften, darunter auch einige der wertvollsten Prachthandschriften der Welt. 2003 wurden sie deshalb ins UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen. Anlässlich des Jubiläums werden die Handschriften im Archäologischen Landesmuseum Konstanz in der Ausstellung „Klosterinsel Reichenau – Welterbe des Mittelalters“ präsentiert.

Pilger aus Skandinavien und dem Balkan

Mitgestaltet hat die Ausstellung Marvin Gedigk. Besonders beeindruckt hat ihn das sogenannte "Reichenauer Verbrüderungsbuch", in dem sich die Namen von 38.000 Gläubigen finden. "Dahinter steht der Gedanke, sich mit anderen Menschen zu verbrüdern, um füreinander zu beten und so das gegenseitige Seelenheil sicherzustellen", erklärt Gedigk. Das Buch gebe einen Einblick, wie Glaube im Mittelalter gelebt wurde. Außerdem zeige es, welche weiten Wege Pilger auf sich genommen haben, um die Klosterinsel zu besuchen. In dem Buch finden sich Namen aus Island, Skandinavien oder auch vom Balkan.

Auch heute noch lohnt sich ein Ausflug auf die etwa vier Kilometer lange Insel im Bodensee. Sei es, um in das kulturelle Leben des Mittelalters einzutauchen, mit dem Rad die Insel zu erkunden oder Obst und Gemüse von den Bauern zu probieren. Wer Glück hat, kann zum Abschluss des Tages dem Gesang zum Abendgebet der Benediktinermönche lauschen.

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