Biobauer Ludwig Scherm und "Letzte Generation"-Aktivistin Patricia
Bildrechte: BR/Marie Kermer
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Besseres Verständnis füreinander: Aktion auf dem Bauernhof

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Voneinander lernen: Umweltaktivistin im Schweinemastbetrieb

Voneinander lernen: Umweltaktivistin im Schweinemastbetrieb

Im Rahmen der Aktion "Hof mit Zukunft" besuchen Umweltaktivistinnen und -aktivisten deutschlandweit Bauernhöfe. Ob das gutgehen kann, zeigt der Besuch einer Vertreterin der "Letzten Generation" bei einem Schweinehaltungsbetrieb.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Nah dran am .

Oft wichen die Ansprüche von landwirtschaftlichen Betrieben und Umweltbewegungen in den letzten Monaten voneinander ab. Manchen Bäuerinnen und Bauern ging der Umweltschutz zu weit – einigen Umweltaktivistinnen und Aktivisten nicht weit genug. Ob bei Renaturierung, Pestizideinsatz oder Agrardiesel-Subvention - meist standen sich ihre Ansichten konträr gegenüber.

Dass es auch anders laufen kann, möchte das Agrarwendebündnis "Wir haben es satt!" bei seiner Aktion "Hof mit Zukunft" zeigen. Dabei besuchen Umweltaktivistinnen und -aktivisten deutschlandweit landwirtschaftliche Betriebe und packen mit an. "Der Wunsch ist, den Dialog zu öffnen und ein Verständnis füreinander zu schaffen", erklärt Pressesprecherin Nicola Puell von "Wir haben es satt!" das Ziel dahinter.

Landwirt: "Sterben ist Randthema in der Gesellschaft"

Ob das gut funktioniert, lässt sich erst beim Zusammentreffen beurteilen. Hier ein Blick auf den Besuch von Patricia auf dem Biohof Scherm: Patricia ist eine Klimaaktivistin der "Letzten Generation". Sie ernährt sich vegetarisch oder auch vegan. "Fleisch konsumieren und Tiere schlachten zu lassen", kann sie sich kaum vorstellen.

Umso überraschender ist: Patricia hilft drei Tage lang bei der Schweinehaltung von Landwirt Ludwig Scherm in Kirchberg am Wald. Er hält auf seinem Hof über 125 Tiere: einige Zuchtsauen und Eber, aber hauptsächlich Mastschweine. Vor der Aktion befürchtete der Landwirt, die Aktivistin könnte seine Tierhaltung kritisch beurteilen. "Sterben generell ist ein Randthema in der Gesellschaft, von dem niemand was wissen will. Und bei der Tierhaltung geht es eben sehr schnell." Auch lasse sich Nutztierhaltung aus Umweltsicht kontrovers diskutieren. Das könnte bei der Aktivistin auf Ablehnung stoßen.

Reaktion beim Anblick der Mastschweine

Am ersten Tag spazieren Patricia und Scherm gemeinsam zum Stall. Die Aktivistin soll dem Landwirt beim Füttern helfen. Als er die Tür öffnet, zeigt sich zunächst ein friedliches Bild: Im Stroh ruht eine Muttersau mit ihren Ferkeln.

In der Box daneben strolchen Mastschweine umher. Sie können auch nach draußen. Bei schönem Wetter plant Scherm, zusätzlich die umliegende Weide zu öffnen. Insgesamt stünden für die Tiere damit zwei Hektar bereit. Das gibt Patricia ein gutes Gefühl: "Es ist viel Platz für alle, und der Stall sieht gemütlich aus", sagt sie.

Gefühl für den richtigen Zeitpunkt beim Schlachten?

Doch scheint Patricia die kurze Lebensdauer der Mastschweine zu beschäftigen. Auf dem Biohof Scherm leben sie ein Jahr lang, bei anderen Betrieben sogar nur ein halbes. "Wie fühlst du dich dabei, dass die Tiere geschlachtet werden?", fragt Patricia Landwirt Scherm deshalb, während er seinen Tieren Weidegras zuwirft.

Als Antwort erzählt ihr Scherm die Geschichte einer alten Zuchtsau, die er im Alter von neun Jahren - Zuchtsauen gelten bereits mit drei Jahren als ausgedient - noch Ferkel bekommen ließ. Die Sau gab wenig Milch, kümmerte sich nicht um ihre Ferkel. Als Scherm sie schließlich doch zum Schlachten brachte, wurde klar: Die Sau litt an Krebs.

"Den Fehler mache ich nicht noch mal", sagt Scherm. Schließlich habe das Tier am Ende ein schlechtes Leben gehabt und war nicht mehr essbar. Umso wichtiger findet Scherm, den richtigen Zeitpunkt fürs Schlachten zu finden.

Aktivistin und Landwirt - gegenseites Verständnis

Patricia betont zwar, sie könne selbst kein Schwein zum Schlachten fahren. Auch kritisiert sie den "Stress", den die Tiere "am Ende bei den Transportwegen" durchmachen. Doch schätzt sie das Bemühen des Landwirts, den Schweinen ein schönes Leben zu bereiten: "Er versucht darüber nachzudenken, wie man Sachen verbessern kann. Nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch mit Tierwohl im Blick."

Der Landwirt zeigt sich ebenfalls positiv überrascht von der Aktivistin. Er habe "damit gerechnet, dass die Aktion etwas offensiver" verlaufe. "Dass Tierhaltung generell mehr angeprangert wird", sagt er. Es sei angenehm, der Aktivistin seine Sicht auf die Landwirtschaft zu erklären und Verständnis für Tierhalterinnen und Tierhalter zu schaffen.

Ob der Besuch bei einem konventionellen Betrieb auch so harmonisch verlaufen wäre, bleibt offen. Doch könnte "Hof mit Zukunft" eine geeignete Aktion zu sein, um Vorurteile zu überwinden.

"Hof mit Zukunft"

Das Agrarwendebündnis "Wir haben es satt!" organisiert bereits zum vierten Mal die Aktion "Hof mit Zukunft". Deutschlandweit beteiligen sich dieses Jahr 25 landwirtschaftliche Betriebe daran - zwei davon in Bayern. Sie unterscheiden sich in ihrer Größe und Wirtschaftsweise. Von Gemüseanbau über Ackerbau, Viehzucht und Milchviehbetrieb ist alles dabei. Kleine Familienunternehmen machen bei der Aktion genauso mit wie große Agrarunternehmen. Sowohl konventionelle als auch Biobetriebe sind vertreten. Die Auswahl soll laut Pressesprecherin Nicola Puell von "Wir haben es satt" die Diversität in der Landwirtschaft spiegeln.

  • Mehr zum Thema "Klimaaktivisten auf dem Bauernhof" erfahren Sie am 24.06. um 9.05 Uhr in Bayern 2 Nah dran

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