Der Deutsche Journalisten-Verband hat die Tageszeitungsredakteure sowie freien Journalisten mehrerer Verlagshäuser in Bayern im Rahmen der aktuellen Tarifverhandlungen zu einem zweitägigen Warnstreik aufgerufen.
Der Ausstand solle ganztägig von Montag bis Dienstag dauern und betreffe die Journalisten der "Augsburger Allgemeinen", der "Allgäuer Zeitung" in Kempten und der "Nürnberger Nachrichten", hieß es in einem Warnstreikaufruf, den der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) veröffentlichte.
- Zum Artikel: Wie weit dürfen Streiks gehen?
Gewerkschaften und Verleger liegen noch weit auseinander – nächste Woche wird weiter verhandelt
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) verlangt im Rahmen der bereits länger laufenden Verhandlungen 10,5 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die zweite für Journalisten zuständige Gewerkschaft, Verdi, fordert eine Tariferhöhung um 12 Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr rückwirkend zum 1. Mai 2024.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hatte Ende 2024 die Zahlung eines Festbetrags in Höhe von 120 Euro brutto pro Monat mit Wirkung ab 1. Januar 2025 angeboten. Zusätzlich wurde eine Gehaltserhöhung von 1,5 Prozent ab 1. August 2026 sowie eine weitere Erhöhung von 1,0 Prozent ein Jahr später angeboten. Das Verlegerangebot sieht eine Laufzeit von 36 Monaten vor. Die Gespräche zwischen den Tarifparteien sollen am Donnerstag fortgesetzt werden.
Zeitungsverlage in der Krise
Die bayerische Zeitungslandschaft steht, wie in vielen anderen Regionen Deutschlands, vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Stellenabbau und Verdrängungswettbewerb nehmen zu. Seit der Jahrtausendwende sinken die Auflagen. Waren es etwa bei der Mittelbayerischen Zeitung im Jahr 2000 rund 130.000 Exemplare, betrug die Auflage vergangenes Jahr 40 Prozent weniger. Bei der Süddeutschen Zeitung sank die Auflage zwischen 2000 und 2024 um 37 Prozent. Gleichzeitig gibt es Zuwächse bei den digitalen Abos.
Bayerns Zeitungslandschaft noch vergleichsweise vielfältig
Im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland und Europa steht Bayern laut Fachleuten in Sachen Zeitungsvielfalt noch gut da. Und im Digitalen stecken Chancen: Mit Podcasts, Newslettern oder investigativen, KI-gestützten Recherchen. Dort ist aber auch der Wettbewerb um Reichweite und Werbeeinnahmen mit Plattformen wie Instagram oder Google enorm. Neben Innovation ist es daher vor allem journalistische Qualität, die Zeitungen das Überleben sichert, findet Harald Stocker vom BJV.
"Das Wichtigste ist, egal ob man eine Zeitung druckt oder ein digitales Portal hat: Man braucht ein gutes Produkt. Da haben wir große Bedenken. Weil die Angebote, die die Zeitungsverleger vorgelegt haben, würden für unsere Mitglieder bedeuten, dass sie einen Reallohnverlust hätten. Wenn man gutes Produkt will, braucht man gute Leute und muss sie entsprechend bezahlen." Harald Stocker (BJV)
Als Positivbeispiel nennt Stocker die Wochenzeitung DIE ZEIT, bei der nach Investitionen die Abonnentenzahlen hochgingen. Doch gerade im Lokaljournalismus beobachten Branchenkenner oft das Gegenteil: Umsatzeinbußen wird mit Sparzwängen begegnet. Dabei sei eine plurale Zeitungslandschaft gerade jetzt wichtig für die Demokratie, sagen Fachleute.
Prognose: Letzte gedruckte Zeitung erscheint 2033?
Eine Berechnung anhand der Auflagen von Klaus Meier, Journalistik-Professor in Eichstätt, von 2019 hatte ergeben, dass die letzten gedruckten Tageszeitungen in Deutschland 2033 erscheinen könnten. Harald Stocker vom BJV sieht es anders. In Zeiten von Reizüberflutung, Ablenkung und Fake News im Digitalen könnte die gedruckte Zeitung als Gegenmodell weiter existieren.
"Ich glaube, dass auch Papier Zukunft hat: Kleiner, als Premiumprodukt. Wenn ich mich zum Beispiel am Wochenende mit der gedruckten Zeitung hinsetze und in Ruhe lesen kann, hab ich nicht immer diese Störfeuer durch digitale Angebote." Harald Stocker (BJV)
DJV und Verdi haben seit Montag bei mehreren Verlagshäusern im Freistaat zu einem zweitägigen Warnstreik aufgerufen.
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