Jeden Morgen geht einer der Benediktiner-Mönche zum Wetterhäuschen, das seit 1838 im Garten des Klosters St. Stephan steht. "Hier liest er an einem Quecksilber-Thermometer die maximale und minimale Temperatur des Vortages ab, die Werte notiert er handschriftlich", sagt Pater Gregor, der gerade das Thermo-Hygrometer inspiziert, das zusätzlich in dem Wetterhäuschen untergebracht ist. Dieses Gerät erfasst auf einem sich drehenden Papierstreifen gleichzeitig Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Nach sieben Tagen wird der Papierstreifen ausgetauscht und landet in den Archiven der Benediktinern – und reiht sich damit in einer sehr langen Chronik ein.
- Zum Artikel: Wetter: Erst Hitze, dann Gewitter in Bayern
Wetteraufzeichnungen seit 1813
Der Augsburger Geistliche und Meteorologe Augustin Stark hatte 1813 damit begonnen, in seinem Astronomieturm unweit des Klosters Wetterdaten penibel aufzuschreiben. Den Augsburger Benediktinern hatte er alle seine Aufzeichnungen vermacht und ihnen aufgetragen, die Wettermessungen im Klostergarten weiterzuführen.
Schaut man sich diese Daten an, entdeckt man viel Interessantes, sagt Pater Gregor und blättert in den originalen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1816. "Damals ist der Vulkan Tambora in Indonesien ausgebrochen. Deswegen sind die Temperaturen auch hier in Augsburg so stark zurück gegangen, dass man von einem Jahr ohne Sommer gesprochen hat."
Und der Klimawandel? Auch der lasse sich aus den Daten der Mönche ablesen, sagt Pater Gregor: "In den letzten 20 Jahren ist die mittlere Temperatur etwas angestiegen."
Wetter-Datenschatz aus dem Klostergarten
Bis in die 1970er Jahre hat der Deutsche Wetterdienst die Daten der Messstation abgerufen. Seither gibt es keine offizielle Verwendung mehr - doch die Mönche führen die Wetterstation ungerührt weiter. "Zum einen ist es schon wie ein Privatvergnügen. Aber wir sehen es auch als unsere redliche, wissenschaftliche Pflicht an", erklärt Pater Gregor. Man wolle so zur Forschung beitragen.
Für den Meteorologen Klaus Hager sind die Aufzeichnungen der Mönche ein wertvoller Daten-Schatz. "Die Wetterstation ist deshalb so wichtig, weil sie an einem Ort mit denselben Messfühlern die Temperaturen und den Niederschlag misst. Und die ganzen Wetterunterschiede kann man nur objektiv beurteilen, wenn man auch die Sensorik beibehält", sagt Hager, der die Daten der Mönche auswertet.
Zusätzliche elektronische Messung
Seit 13 Jahren ist auf der Klostergartenmauer, etwa 100 Meter vom alten Wetterhäuschen entfernt, zudem ein elektronisches, deutlich empfindlicheres Messgerät angebracht. Das misst nicht nur Temperatur und Luftfeuchtigkeit, sondern auch Luftdruck, Regenmenge oder Sonnenscheindauer. Diese Werte sind auf der Webseite des Klosters einsehbar.
Die elektronische Messung sei nötig, denn irgendwann werde man die alte Wetterstation aufgeben müssen, sagt Pater Gregor. Schon jetzt sei es schwer, die nötigen Ersatzteile aufzutreiben. "Und es ist wissenschaftlicher Standard, wenn man das eine Messsystem aufgibt und ein anderes einführt, dass man einen Vergleichszeitraum braucht, wo beide Messreihen vergleichbar sind", sagt Pater Gregor. Denn es gebe minimale Unterschiede zwischen den Messsystemen, das müsse dann später einberechnet werden, um die Daten langfristig vergleichbar zu machen.
Im Video: Die Wettermönche von Augsburg
In einem Edelbehälter wird der Niederschlag aufgefangen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!