"Leider haben wir nicht so schöne Formen und hier erkennt man auch Schädlingsbefall, was auch eher ungünstig ist", sagt Ferdinand Wenig. Der junge Landwirt aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck beginnt Ende September mit der Ernte seiner Bio-Süßkartoffeln – die nicht sehr erfreulich aussieht. Viele der Süßkartoffeln haben Drahtwurmlöcher, Mäusebisse oder Schneckenschäden. "Sowas nimmt dir keiner mehr ab", sagt Wenig.
Essen könnte man sie zwar bedenkenlos, aber Verbraucherinnen und Verbraucher greifen lieber zu Süßkartoffeln mit glatter Haut, die man gut schälen kann. Seit vier Jahren baut Wenig die Nutzpflanze nun an. Das erste Jahr lief sehr gut, aber im vergangenen konnte er nur etwa 40 Prozent an den Lebensmitteleinzelhandel verkaufen. Jetzt hofft er auf eine bessere Ernte.
Woher die Süßkartoffel stammt
Eigentlich wächst die Süßkartoffel in tropischen und subtropischen Gebieten. Seitdem sie in den letzten Jahren Trend geworden ist, versuchen sich auch Landwirte in Bayern an ihr. Grundsätzlich funktioniere das auch gut, sagt Carola Nitsch von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Bessere Erträge gibt es bei höheren Temperaturen, aber auch an manchen Standorten in Bayern reicht die Wärme. Ferdinand Wenig baut seine Süßkartoffeln unter abbaubarer Mulchfolie an. Die schützt vor Unkraut und wärmt nebenbei.
Allerdings ist mehr Fingerspitzengefühl gefragt als bei der normalen Kartoffel, mit der die Süßkartoffel übrigens nicht verwandt ist. Bei der Ernte der Süßkartoffel beispielsweise muss man viel vorsichtiger sein, weil sie schnell bricht. Außerdem bleibt die Süßkartoffel relativ lange in der Erde, sodass Schädlinge länger Zeit haben, sie anzufressen.
Warum die Süßkartoffel wohl eine Nische bleibt
Auf wie viel Fläche mittlerweile Süßkartoffeln angebaut werden, wird in Bayern nicht erfasst. Auf jeden Fall ist es eine Nische – die wohl auch nicht allzu stark wachsen wird. Denn die Nachfrage nach Süßkartoffeln kann recht stetig mit Importware gedeckt werden. "Landwirte müssen sich vorher die Vermarktungsstrategie genau überlegen", sagt Carola Nitsch. Gerade auch deshalb, weil sie mit den Preisen der Importware nur schwer konkurrieren können. "Insofern ist die regionale Vermarktung, auch gerade im Bioladen und im Hofladen sehr wichtig. Wenn die Leute sich freuen, dass es in der Region gewachsen ist, sind sie auch bereit, den höheren Preis zu zahlen."
Wenig ist im Urlaub auf die Idee gekommen, es mal mit Süßkartoffeln zu versuchen. "Da dachten wir, das muss doch hier auch gehen. Und ich finde es immer schön, wenn man etwas auch regional anbauen kann." Für die Ernte nutzt er einen umgebauten Tulpenzwiebelroder. Neue Sorten auszuprobieren bedeutet oft zu investieren.
Wie die Vermarktung funktionieren kann
Die Vermarktung funktioniert bei ihm unter anderem über das Netzwerk "Unser Land". So landen seine Süßkartoffeln in Supermärkten. Das Problem: Wenn die Ware dort zum Ladenhüter wird, bestellen die Supermärkte weniger nach – so macht Wenig am Ende Verlust. Aussortierte Süßkartoffeln kann er zwar an einen Hundefutterhersteller verkaufen, allerdings für weniger Geld.
Zur ersten Auslieferung Mitte November ist klar, dass er heuer auch etwa zwei Drittel aussortieren muss – wieder nicht das erhoffte Ergebnis. Viele Süßkartoffeln sind viel zu klein, haben viele Drahtwurmlöcher oder große Mäusebisse. Und auch die, die er ausliefert, sehen nicht perfekt aus. Deswegen ist für ihn nun wichtig, dass die Kundinnen und Kunden etwas nachsichtiger sind. "Sonst tue ich mir das nicht nochmal an." Ein Beispiel dafür, dass Verbraucher an der Supermarktkasse mitentscheiden, was in ihrer Region angebaut wird.
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