Überraschende Wendung im aufsehenerregenden Mordfall um die Studentin Hanna W.: Der Haftbefehl gegen den 23-jährigen Sebastian T., der im März 2024 wegen Mordes verurteilt worden war, ist aufgehoben worden. Das hat das Landgericht Traunstein am Freitag mitgeteilt. Der Grund: Der dringende Tatverdacht bestehe nach derzeitiger Beweislage nicht mehr.
Hauptbelastungszeuge nicht glaubwürdig
Laut einer Pressemitteilung des Gerichts sei diese Entscheidung die Folge eines neuen forensisch-psychologischen Gutachtens. Dieses wurde nach Aufhebung des Urteils durch den Bundesgerichtshof (BGH) in Auftrag gegeben. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass die Aussage des Hauptbelastungszeugen im ursprünglichen Prozess nicht glaubwürdig sei. Die Kammer erklärte, dass "ein dringender Tatverdacht derzeit nicht mehr anzunehmen" sei. Laut seiner Anwältin Regina Rick kam der junge Mann noch am Freitag, dem Tag des Gerichtsbeschlusses, wieder frei. Er sei zu Hause, sagte sie auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. Ein Sprecher der Justizvollzugsanstalt bestätigte die Haftentlassung am frühen Nachmittag.
Bundesgerichtshof hob Urteil wegen Verfahrensfehler auf
Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Das Landgericht Traunstein hatte Sebastian T. im vergangenen Jahr nach einem langen Indizienprozess wegen Mordes an der Medizinstudentin Hanna W. verurteilt. Demnach soll der damals 20-Jährige die junge Frau am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf dem Heimweg vom Club "Eiskeller" in Aschau aus sexuellen Motiven angegriffen und in einen Bach gestoßen haben, wo sie ertrank.
Die Verteidigung hatte stets die Unschuld ihres Mandanten beteuert und nach dem Urteil Revision eingelegt. Der BGH folgte im Frühjahr 2025 dieser Revision – unter anderem wegen eines Verfahrensfehlers. Damit wurde das Urteil aufgehoben, ein neuer Prozess ist für September angesetzt.
Drei neue Gutachten und Zweifel an der Tatversion
Im Zuge der Vorbereitung auf das neue Verfahren hatte die Verteidigung drei neue Gutachten vorgelegt. Diese sollten untermauern, dass es sich bei dem Tod der Studentin möglicherweise nicht um ein Tötungsdelikt, sondern um einen Unfall gehandelt habe. Bereits im ersten Prozess war diese Theorie Thema gewesen, war damals jedoch vom Gericht verworfen worden.
Das nun entscheidende Gutachten zur Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen hatte das Landgericht selbst in Auftrag gegeben. Dessen Ergebnisse sorgten jetzt für die Aufhebung des Haftbefehls.
Wie geht es weiter?
Auch wenn Sebastian T. nun vorerst auf freiem Fuß ist – endgültige Klarheit über seine Schuld oder Unschuld wird erst das neue Verfahren im September bringen. Das Landgericht betont, dass die jetzige Entscheidung vorläufig sei und unter dem Vorbehalt der Hauptverhandlung stehe.
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