Bayerische Soldaten zünden in einer Militärkapelle eine Kerze an und versuchen ihren Ängsten und Sorgen Raum zu geben
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Bayerische Soldaten versuchen ihren Ängsten und Sorgen Raum zu geben

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Wie reagiert die Bundeswehr in Bayern auf den Ukraine-Krieg?

Wie reagiert die Bundeswehr in Bayern auf den Ukraine-Krieg?

Der russische Angriff auf die Ukraine beschäftigt auch bayerische Soldaten. Reservisten signalisieren Unterstützung, Militärseelsorger spüren vermehrt Sorgen und Offiziere wünschen sich die Wehrpflicht zurück.

Noch kein Marschbefehl, aber mancherorts spürt man auch in Bayern eine erhöhte Einsatzbereitschaft. Vorbereitungen laufen zum Beispiel beim Panzergrenadierbataillon in Regen, das zur Nato Response Force gehört, einer schnellen Eingreiftruppe mit sehr kurzen Alarmierungsfristen. Der Nürnberger Flughafen wird zum Drehkreuz für US-Soldaten. Anfang der Woche landeten dort 200 US-Soldaten, die vom oberpfälzischen Grafenwöhr aus die Nato-Ostflanke verstärken sollen. Weitere 20 Flugzeuge mit US-Truppen werden in den kommenden Tagen in Nürnberg erwartet.

Und sollte es größere Flüchtlingsbewegungen in Richtung Bayern geben, würde das auch Stephan Koller zu spüren bekommen. Er müsste dann gegebenenfalls Bundeswehr-Busse, Sanitäter oder Zelte bereitstellen. Der Amberger ist sogenannter "mobilmachungsbeorderter" Reservist.

Der Offizier ist kein aktiver Soldat mehr, aber als Verbindungskommandant in Amberg das Scharnier zwischen Bundeswehr und Zivilgesellschaft. Er organisiert also zum Beispiel Soldaten, wenn Landräte oder Bürgermeister mit ihren zivilen Organisationen wie Feuerwehr, THW oder Rettungsdienst an ihre Grenzen stoßen.

  • Zum Artikel "Hausgemachte Krise? Der Strukturwandel der Bundeswehr"

Reservisten signalisieren Unterstützung und Hilfsbereitschaft

Weil es in den vergangenen dreißig Jahren keine ähnlich große Bedrohungslage mehr gab, herrsche auch unter den Reservisten derzeit eine gewisse Angespanntheit, sagt Koller, der selber zwölf Jahre lang bei der Luftwaffe war. "Es ist in der Tat so, dass die Reservisten sich gerade fragen: Was bedeutet das für mich?"

Die Reservisten seien entschlossen zu unterstützen und hätten dieses Signal auch an "die Politik" weiteregegeben: "Was jetzt meine Reservisten betrifft, ist es schon so, dass viele aus dem Eid, den die einst mal geschworen haben, heraus sagen: Wenn ihr uns braucht, stehen wir hier, dann sind wir bereit, dann sind wir für die Bundesrepublik Deutschland da."

Die Reservisten seien einerseits gut ausgebildet und könnten als ehemalige klassische Soldaten "allgemeinmilitärische" Aufgaben übernehmen, andererseits gebe es unter ihnen auch viele Spezialisten. "Das ist eine große Bandbreite, zum Beispiel im IT-Bereich oder in verschiedensten Truppengattungen."

Offizier: Dienst an der Waffe nicht entbehrlich

Koller findet es falsch, dass die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt wurde: "Der Kardinalfehler war die Bundeswehr von der Gesellschaft zu entkoppeln." Ihm gehe es nicht darum, mit der Wehrpflicht mehr Soldaten auszubilden, sondern auch um eine Dienstpflicht im Sinne der Gesellschaft. Zum Beispiel Zivildienstleistende, die in Pflegeberufen mithelfen.

Koller findet zudem, dass ein Soldat ein "Garant für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat" ist. Ähnlich sieht das Tobi, ein bayerischer Offizier, der seinen vollen Namen nicht verraten möchte. Bei allem Respekt vor dem Gedanken, Frieden zu wollen, sagt Tobi, sei der Dienst an der Waffe notwendig. "Das liegt nicht daran, dass wir Krieg wollen", stellt Tobi klar, aber die Welt sei auch nicht hundertprozentig friedlich. "Darauf muss man eine Antwort haben und zeigen, dass man sich wehren kann", findet Tobi.

Die Bundeswehr, sagt Tobi, habe sich weg von einer Verteidigungsarmee und hin zu einer Einsatzarmee entwickelt. Die Ausbildung fokussiere sich seit vielen Jahren eher auf militärische Spezialoperationen wie Geiselbefreiungen, Aufklärungs-Missionen oder Anti-Terroreinheiten.

  • Zum Artikel "Bundeswehr: Warum Rüstungsprojekte einen langen Atem brauchen"

Russische Soldaten oft aus ärmlichen Verhältnissen

Tobi kennt auch die russische Armee, mit der er zeitweise eng zusammengearbeitet hat. Zum Beispiel hat er große Übungen am baltischen Meer geleitet und dort als Schiedsrichter zwischen russischen und amerikanischen Soldaten fungiert. Die Stärke der russischen Armee sei der Anzahl an Soldaten geschuldet. Junge Männer – oftmals aus ärmlichen Verhältnissen und abseits der Zivilisation aufgewachsen - würden sich der Armee anschließen, um Geld zu verdienen.

Die privilegierten Söhne aus den wohlhabenden Bildungsschichten würden hingegen von ihren Familien "freigekauft". Tobi erzählt, er habe bei verschiedenen Übungen gesehen, wie russische Befehlshaber mit bewusster Desinformation ein Hinterfragen der Soldaten verhindern. Er habe auch erlebt, wie russische Soldaten von ihren eigenen Vorgesetzen verprügelt werden.

Militärpfarrer versucht Ängste aufzufangen

Militärpfarrer Gunther Wiendl aus Neuburg an der Donau merkt seit Beginn des Krieges, dass die Betroffenheit und die Sorge der Soldaten stetig zunimmt. "Die Ängste sind da, deshalb wollen wir die Möglichkeit geben, Hoffnung zu schöpfen." Jeden Montag um 12 Uhr gibt es nun in den Kasernen ein Friedensgebet, erzählt der Militärseelsorger.

Die Kameradinnen und Kameraden seien "sehr intensiv dabei". Man merke das "an den Gesichtern und an der Haltung". Oft würden sie Kerzen anzünden, verharren und ihren Gedanken stillen Ausdruck geben. "Man merkt, sie halten inne, um Kraft zu tanken für das, was vielleicht noch vor uns steht."

Wiendl selbst versucht mit den Soldatinnen und Soldaten ins Gespräch zu kommen, zum Beispiel beim Mittagessen oder bei Raucherpausen. "Dass wir uns ansprechen lassen, wenn wir sehen: Da ist ein Kamerad, den berührt das in besonderer Weise." Wendl bemerkt auch Ängste bei den Familien der Soldatinnen und Soldaten. "So wie die Familien vor vier oder acht Jahren Sorge hatten, dass die Soldaten nach Afghanistan oder Mali gehen müssen."

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