Die Familie Wirth steht schon in der zehnten Generation am Zapfhahn im Brauereigasthof Löwenbräu im Adelsdorfer Ortsteil Neuhaus. Doch die Brauerei und der dazugehörige Gasthof lohnen sich auf längere Sicht nicht mehr, sagen die Wirtsleute. Und so wollen sie sich verändern und investieren, erklärt Braumeister Hans-Günter Wirth.
"Wir haben uns lange Gedanken gemacht, über zwei Jahre, in vielen Workshops, mit vielen Beratern, wie können wir unsere Zukunft sicher aufstellen." Der Gasthof hat sich über die Jahrhunderte ständig gewandelt. Aus den landwirtschaftlichen Gebäuden wurden zum Beispiel Gasträume. Zuerst dachten die Wirtsleute daran, hier weiter umzustrukturieren. Denn sie brauchen mehr Zimmer.
Ausbau im Ort stößt an Grenzen
Die Scheune könnte zwar weiter ausgebaut werden, doch dann bräuchten sie eine Tiefgarage. Das alles kostet. Mehr als drei Millionen Euro. Aber der Anbau wäre dann viel zu groß und nicht mehr genehmigungsfähig hier im Ort, stellt Maria Wirth klar. "Und dann haben wir gesagt, okay, wenn wir so viel Geld investieren, dann müssen wir das auch im Winter auslasten", aber das sei schwierig. Der Plan – mit Wellnessangeboten auch im Winter Gäste anlocken - das wäre im Ortskern am Gasthaus mit der Brauerei nicht möglich.
Kiebitz nur noch seltener Gast im Naturschutzgebiet
Die Idee ist deshalb, raus auf die grüne Wiese zu gehen und dort ein Wellnesshotel zu bauen. Doch da liegt das nächste Problem. Gut 500 Meter weiter befindet sich der sogenannte Ziegenanger, ein Naturschutzgebiet. Und zwar eines von nur vier Gebieten in ganz Bayern, wo Wiesenbrüter wie der Kiebitz sich noch niederlassen. Der Biologe Jochen Reim beobachtet hier im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt schon seit Jahrzehnten die Bestände. "Es ist mit erheblicher Lärmbelästigung und erheblicher Belästigung durch Menschen zu rechnen – und das ist das größte Gift für Wiesenbrüter." Diese bräuchten eine große Pufferzone und Ruhe, damit sie ihre Jungen geschützt aufziehen können.
Bei einer Infoveranstaltung im Sportheim erklärt Helmut König, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz, wie sich die Wiesenbrüter rund um den Ziegenanger entwickelt haben. Es sind deutlich weniger geworden, da im Norden die neu gebaute Bundesstraße und ein Gewerbegebiet den Vögeln das Leben schwer machen. Im Süden sei die Pufferzone rund um das Naturschutzgebiet von existenzieller Bedeutung. Und genau in diesem Gebiet soll das Wellnesshotel entstehen. Im Auftrag des BUND habe er deswegen Bedenken gegen das Projekt eingebracht. Die Diskussionen sind zum Teil heftig und emotional.
Golf Resort vor 30 Jahren verhindert
Vor dreißig Jahren wurde an gleicher Stelle ein Golf-Resort verhindert, damals war das Naturschutzgebiet aber auch noch größer und reichhaltiger. Das zeigt Biologe Jochen Reim auch in einem Dokumentarfilm. Der Ziegenanger ist eines der letzten unbebauten Gebiete in der Region. Auch viele Anwohner äußern Bedenken, die letzte grüne Lunge in der Region sei in Gefahr. Andere sehen aber auch den Nutzen des Hotels, sorgen sich um die Existenz der alteingesessenen Wirtsfamilie.
Der Adelsdorfer Bürgermeister Karsten Fischkal will das Projekt nicht von vorneherein abschmettern. "Es liegt der Antrag da, dass wir dieses Grundstück kontrollieren beziehungsweise prüfen, und wir schauen jetzt, was dabei rauskommt." Das geschehe auch in Abstimmung mit dem Landratsamt. Außerdem sei in der Nachbarschaft auch ein landwirtschaftlicher Betrieb mit einer Kräuter-Trocknungsanlage, der wegen der Geruchs-Emissionen extra in diesem Außengebiet angesiedelt wurde. Auch das müsste abgewogen werden.
Wellness und Wiesenbrüter im Widerspruch?
Das Wellnesshotel in der Nähe des Naturschutzgebietes – es sorgt für hitzige Diskussionen im Ort. Nun prüfen die Behörden, ob es überhaupt gebaut werden kann. Im April wird der Gemeinderat darüber debattieren. Und es kann durchaus sein, dass dieses Bauvorhaben letztendlich sogar per Rats- oder Bürgerentscheid entschieden wird.
Der Ziegenanger bei Adelsdorf ist eines von nur vier Gebieten in Bayern, in denen noch Wiesenbrüter vorkommen.
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