Rotmilane sind geschützte Greifvögel. Besonders viele gibt es im westlichen Bayern. Das wäre der Gemeinde Fuchstal im Landkreis Landsberg am Lech bei ihren Plänen, Windräder zu bauen, fast zum Verhängnis geworden. Die artenschutzrechtlichen Voruntersuchungen ergaben: Über dem Staatsforst, dort, wo die Windräder geplant sind, fliegen immer wieder Rotmilane. Diese Greifvögel stehen auf der Liste der "kollisionsgefährdeten Arten".
In einem solchen Fall ist es unmöglich, eine Genehmigung für den Bau der Windräder zu erhalten. Doch in Fuchstal kommt es ganz anders. Die Windräder werden gebaut und die Rotmilane geschützt. Durch Technik, die in Bayern zum ersten Mal eingesetzt wird.
Antikollisionstechnik: Tödliche Zusammenstöße sollen verhindert werden
Begleitet wird das Projekt von der Hochschule Weihenstephan. Tierökologie-Professor Christoph Moning und sein Team haben untersucht, ob sich Kamerasysteme, sogenannte Antikollisionstechnik, zum Schutz der Vögel bewähren. "Diese Technik ist in den USA entwickelt worden. Dass sie gut funktioniert, ist bereits durch Studien bewiesen. Sie wurde an Steinadlern und Weißkopfseeadlern erprobt", erklärt Moning.
Was bis jetzt aber nicht klar war: Funktioniert sie auch zuverlässig im Wald? Denn bisher wurde die Technik in Deutschland nur im Offenland getestet.
Einzelne Vogelarten können mithilfe von KI erkannt werden
Die Forscher haben bereits vor dem Bau und auch nachdem die Anlagen im Wald bei Fuchstal aufgestellt wurden, überprüft, ob das Kamerasystem die Vögel zuverlässig erkennt und rechtzeitig das Windrad langsamer drehen lässt. Die Technik funktioniert so: Bereits in 750 Meter Entfernung erkennt sie mithilfe von KI einen Rotmilan.
Nähert er sich in einem bestimmten Umkreis oder in bestimmter Höhe dem Windrad, wird ein Abschaltsignal gesendet. Dann werden innerhalb von etwa 30 Sekunden die Rotorblätter aus dem Wind gedreht. Das Windrad wird damit in den Trudelmodus versetzt, das heißt, es dreht sich nur noch ganz langsam.
Die Ergebnisse: Die Technik funktioniert auch im Wald
Das Forschungsprojekt wird im kommenden Jahr fortgesetzt. Im Interview mit BR24 erklärt Professor Moning die bisherigen Ergebnisse. "Auch über Wald, also über den Baumwipfeln, kann die Technik die Vögel erstaunlich gut erkennen", so Moning. "Wir haben keinen einzigen Fall gehabt, an dem Rotmilane mit der Anlage kollidiert sind", so der Wissenschaftler weiter.
Wenn die Anlage runtergefahren wurde, dann habe sich das Windrad tatsächlich so langsam gedreht, dass keine Gefahr mehr für Rotmilane bestanden habe. "Was uns wirklich überrascht hat, ist, dass die Rotmilane durch die Anlage durchfliegen, wenn die Rotorblätter sich sehr langsam drehen."
Wirtschaftliche Auswirkungen: Abschaltzeiten gering
Die Wissenschaftler wollten aber auch wissen: Welche wirtschaftlichen Auswirkungen gibt es, wenn die Windräder immer wieder für Vögel verlangsamt werden? In der Regel dauert eine Abschaltung dreieinhalb Minuten. Nach einem Zeitpuffer von drei Minuten wird das Windrad wieder hochgefahren.
Auch wenn am untersuchten Standort viele Rotmilane unterwegs waren, zieht Christoph Moning ein positives Resümee: "Wir haben sehr geringe Abschaltzeiten ermittelt, in etwa ein bis zwei Prozent der Betriebszeiten." Dass die Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können, sei also sehr wahrscheinlich. "Mithilfe dieser Antikollisionstechnik können wir einerseits verhindern, dass Vögel kollidieren, und andererseits wird es für die Gemeinde Fuchstal möglich, Energie vor der eigenen Haustür zu produzieren."
Konflikt Artenschutz und Windenergie entschärft
Das in Fuchstal getestete Kamerasystem ist nicht ganz billig. Mittlerweile gibt es auch deutsche Hersteller, die ähnliche Systeme entwickeln. Durch mehr Wettbewerb könnten die Preise für diese Art von Antikollisionstechnik sinken. Christoph Moning hofft, dass solche Kamerasysteme breiter eingesetzt werden. In anderen Ländern werde das schon gemacht, so der Wissenschaftler. Neben Rotmilanen lassen sich damit auch viele andere gefährdete Vogelarten schützen. Dass dadurch Artenschutz und Windkraft besser in Einklang gebracht werden können, hält er für wichtig.
"Der Klimawandel ist eine große Bedrohung für die Artenvielfalt – auch in Bayern. Wenn wir erneuerbare Energien ausbauen, dann schützen wir damit nicht nur das Klima, sondern leisten auch einen Beitrag zum Artenschutz", so Christoph Moning von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.
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