Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Kay Nietfeld
Videobeitrag

Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft

Videobeitrag
>

Agrardiesel-Hilfen-Aus: Özdemir - "Schmerzgrenze überschritten"

Agrardiesel-Hilfen-Aus: Özdemir - "Schmerzgrenze überschritten"

Die Ampel-Koalition plant - zum Ärger vieler Landwirte - die Agrardiesel-Subventionen zu streichen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ist gegen das Ende der Hilfen. Die Kürzungen würden den Landwirtschaftssektor überfordern.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat die Ampel-Koalition dazu aufgerufen, Landwirte mit den geplanten Kürzungen nicht zu überfordern. "Ich setze mich dafür ein, dass wir uns alle nochmals sehr genau überlegen, welche Belastungen für wen tragbar sind", sagte Özdemir den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Montag. Im ARD-Morgenmagazin kritisierte er die Kombination bei den Sparplänen aus Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung. Weil es in anderen EU-Ländern weiterhin Agrardieselsubventionen gebe, verschlechtere dies die Wettbewerbsbedingungen für deutsche Landwirte - "und das quasi auf einen Schlag", so Özdemir. Die Schmerzgrenze für Landwirte sei mit dieser Maßnahme "meines Erachtens überschritten".

Özdemir: Schwere Landmaschinen fahren nicht mit Strom

Natürlich müsse es grundsätzlich möglich sein, klimaschädliche Subventionen abzubauen, sagte der Grünen-Politiker den RND-Zeitungen. Bei den schweren Landmaschinen sei aber das Problem, dass es, anders als bei Pkws, keine Elektro-Alternativen gebe. "Das ist die Realität und daran sollten wir uns orientieren. Auch die Politik kann sich halt nicht per Beschluss über physikalische Grenzen hinwegsetzen." Den Ärger der Landwirtschaft über den Beschluss könne er "gut verstehen", sagte Özdemir.

Er habe vor einer überproportionalen Belastung der Landwirtschaft und auch konkret vor der Streichung von Agrardiesel-Beihilfe und Kfz-Steuer-Befreiung gewarnt. Schon im Sommer habe sein Haus einen Hinweis des Finanzministeriums auf Streichung der Agrardiesel-Beihilfe verworfen. Von der aktuellen Entscheidung der Koalitionsspitzen sei er überrascht worden.

Im ARD-Morgenmagazin sagte Özdemir, er habe Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) alternative Sparvorschläge gemacht.

Habeck will an Kompromiss festhalten

Özdemirs Parteikollege, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, hatte davor gewarnt, den Haushaltskompromiss der Koalitionsspitzen aufzukündigen. Wer an einer Stelle Änderungen wünsche, müsse eine tragfähige Gegenfinanzierung anbieten.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten sich am Mittwoch nach wochenlangem Ringen darauf verständigt, wie sie die Lücke im Haushalt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimatransformationsfonds schließen wollen.

Streichung von klimaschädlichen Subventionen

Im Zuge des Maßnahmenpakets sollen klimaschädliche Subventionen gestrichen werden, so auch die Steuererleichterungen für Agrardiesel und für land- und forstwirtschaftliche Maschinen. Bisher können sich Höfe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen. Zudem sind land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit.

FDP-Fraktion kündigt Veto an

Die FDP-Fraktion im Bundestag hatte am Sonntag Widerstand gegen die Streichung von Diesel-Subventionen für Landwirte angekündigt. Man halte die starke Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe für nicht zustimmungsfähig, erklärte Fraktionschef Christian Dürr in Berlin. "Es wird zu oft von angeblich klimaschädlichen Subventionen gesprochen, ohne auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Abschaffung zu schauen", begründete Dürr den Vorstoß. Vor allem bräuchten die Landwirte faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Vergleich. Finanzminister Christian Lindner habe bereits zugesagt, der Regierung Alternativen vorlegen zu wollen, wenn die Koalitionspartner zustimmten.

SPD-Fraktionsvize möchte nachverhandeln

Auch der SPD-Vizefraktionsvorsitzende Dirk Wiese möchte den Haushaltskompromiss der Koalitionsspitzen in den Bundestagsberatungen noch einmal aufschnüren und nachverhandeln.

Vor allem bei dem abrupten Ende der Steuervergünstigung für Agrardiesel müsse man noch mal hinschauen, "weil das natürlich bei vielen einen Vertrauensverlust darstellt", sagte Wiese am Montag im Deutschlandfunk. Klar sei: "Wenn wir (...) beim Agrardiesel möglicherweise etwas rückgängig machen, dann muss das an anderer Stelle gekürzt werden. Das ist jetzt die Herausforderung, vor der wir stehen."

Die politische Einigung sei noch nicht die Einigung auf den Bundeshaushalt 2024. Denn den mache der Deutsche Bundestag. "Und darum werden wir uns sämtliche Vorschläge jetzt auf der Strecke anschauen, bis dann Ende Januar der Bundeshaushalt 2024 final unter Dach und Fach gebracht werden soll", so Wiese.

Protest der Bauern in Berlin

Die Unzufriedenheit mit den Plänen der Ampel-Koalition zeigte sich bereits am Wochenende mit Protestaktionen auch in Bayern. Für Montag hat der Deutsche Bauernverband (DBV) die Landwirte zu einer Demonstration in Berlin aufgerufen. Unter dem Motto "Zu viel ist zu viel" ist am Vormittag eine Kundgebung am Brandenburger Tor geplant. Mehrere Hundert Traktoren werden in der Hauptstadt erwartet. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung will Özdemir daran teilnehmen und eine Rede halten.

Kritik kommt wiederum von der Umweltorganisation Greenpeace. Der Wegfall der Subvention bei Agrardiesel sei angesichts rekordverdächtiger Agrar- und Lebensmittelpreise und vieler weiterer Agrarsubventionen verschmerzbar. "Bei allem Verständnis für die Bauern und Bäuerinnen - Agrardiesel staatlich zu verbilligen ist teuer, klimaschädlich und gehört abgeschafft", sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. Anders als vom Bauernverband behauptet, werde das Ende der Dieselsubventionen kein massives Höfesterben zur Folge haben.

Mit Informationen von dpa und AFP und Reuters.

Im Video: Streichung der Agrardiesel-Beihilfe - Ärger der Bauern

Die Bauern sprechen von einer Kampfansage: Die Regierung hat beschlossen, dass zum einen die Steuervergünstigung beim Agrardiesel wegfallen soll, zum anderen auch die Befreiung landwirtschaftlicher Nutzfahrzeuge von der Kfz-Steuer.
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Die Bauern sprechen von einer Kampfansage: Die Regierung hat beschlossen, dass zum einen die Steuervergünstigung beim Agrardiesel wegfallen soll.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!