Die frühere Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist wie erwartet zur neuen Präsidentin der UN-Vollversammlung gewählt worden. Zuvor musste sie sich auf Antrag eines Mitgliedsstaats einer geheimen Abstimmung stellen. Aus Diplomatenkreisen verlautete, dass es sich bei dem Land um Russland handelte. Bei der Wahl in New York erhielt die 44-jährige Grünen-Politikerin schließlich 167 Stimmen. 14 Mitgliedsstaaten enthielten sich. Sieben weitere Länder sprachen sich in New York für die ursprüngliche deutsche Kandidatin Helga Schmid aus.
Baerbock war ohne Gegenkandidaten für die einjährige Spitzenposition des größten UN-Gremiums mit 193 Mitgliedsländern angetreten. Dieser wird in erster Linie protokollarische Bedeutung beigemessen – sie ist nicht mit der Rolle von UN-Generalsekretär António Guterres zu verwechseln. Baerbocks offizielle Amtseinführung soll am 9. September stattfinden, kurz vor der Generaldebatte der UN-Vollversammlung mit Staatsgästen aus aller Welt.
Hohes Amt mit wenig Macht
Als Präsidentin wird Baerbock die Sitzungen der Generalversammlung leiten sowie Abläufe und Tagesordnungspunkte festlegen. Mit diesen Aufgaben könnte die 44-Jährige zumindest begrenzten Einfluss auf Entscheidungsprozesse hinter den Kulissen nehmen, zum Beispiel den der Wahl des nächsten Generalsekretärs im kommenden Jahr. Dabei dürfte Baerbocks direkter Draht zu Außenministern weltweit – also den Chefs der UN-Botschafter in New York – helfen.
Im Vergleich zur Vollversammlung gilt der 15-köpfige UN-Sicherheitsrat mit den fünf Vetomächten als deutlich mächtiger. Er kann völkerrechtlich bindende Resolutionen erlassen. Die politischen Entscheidungen der Generalversammlung dagegen haben oft einen eher symbolischen Wert und gelten als weltweites Stimmungsbild.
Baerbock will diplomatischer auftreten
"Als Präsidentin, sollte ich gewählt werden, werde ich allen 193 Mitgliedstaaten dienen – großen wie kleinen. Als ehrliche Vermittlerin. Als einende Kraft. Mit offenem Ohr. Und offener Tür", hatte Baerbock im Mai bei der Vorstellung ihrer Prioritären gesagt. Und auch klargemacht, dass sie in der neuen Rolle einen diplomatischeren Ton anschlagen würde als noch zu ihrer Zeit als deutsche Außenministerin, in der sie immer wieder vor allem mit klarer Kante unter anderem gegen Russland aufgefallen war.
Russland hatte bereits in den vergangenen Wochen kein Hehl daraus gemacht, dass es Baerbock für eine ungeeignete Kandidatin hält und ihr "eklatante Voreingenommenheit" unterstellt.
Baerbock übernimmt das neue Amt in Zeiten immensen finanziellen Drucks auf die Vereinten Nationen, unter anderem wegen der Kürzungen der Trump-Regierung. Baerbock hatte angekündigt, Reformen mit vorantreiben und die Ressourcen der Vollversammlung so effizient wie möglich einsetzen zu wollen. Sie nannte als Schwerpunkte ihrer angestrebten Amtszeit das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele, den Kampf gegen die Klimakrise sowie die Gleichstellung der Geschlechter.
Auch Kritik an der Personalie Baerbock
Ursprünglich war für das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung die deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid vorgesehen, die auch von Russland akzeptiert war. Baerbock wurde für ihre späte Kandidatur nach der verlorenen Bundestagswahl kritisiert.
Mit Informationen von dpa und AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!