Hilfsgelder für Therapie, Beratung oder medizinische Leistungen - das konnten Missbrauchsopfer bislang über den "Fonds Sexueller Missbrauch" beziehen. Doch damit ist es nun abrupt vorbei, zumindest im Fall von Erstanträgen.
Laut einer Änderung, die jetzt auf der Website des Fonds veröffentlicht wurde (externer Link), können Erstanträge, die nach dem 19. März eingegangen sind, nicht mehr bewilligt werden. Zur Begründung heißt es, dass die dafür zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel wegen zu hoher Nachfrage "vorzeitig erschöpft" seien.
Zwar ist schon länger bekannt, dass der Fonds abgewickelt werden soll. Den Betroffenen war allerdings noch eine Möglichkeit zur Bewilligung von Erstanträgen bis zum 31. August dieses Jahres zugesagt worden.
"Kommt einem neuerlichen Verrat an Betroffenen gleich"
Angesichts des plötzlichen Stopps appelliert die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus an die Bundesregierung, versprochene Hilfeleistungen doch noch zu gewähren. "Betroffene müssen sich bei den so dringend benötigten Hilfen auf Zusagen der Bundesregierung verlassen können", sagte Claus der Deutschen Presse-Agentur.
Claus kritisierte den plötzlichen Bewilligungsstopp scharf. "Einfach rückwirkend bereits vorliegende fristgerechte Anträge auszuschließen und die Annahme von weiteren Anträgen bis zum kommunizierten Antragsende am 31. August 2025 zu verweigern, kommt einem neuerlichen Verrat an Betroffenen gleich", erklärte Claus. Sie fordere die Bundesregierung auf, "sicherzustellen, dass eine kurzfristige Nachsteuerung noch in diesem Jahr erfolgt, um Versorgungslücken zu verhindern".
Missbrauchsbetroffene kritisieren Stopp von Hilfsgeldern
Auch der Betroffenenbeirat im katholischen Bistum Essen kritisierte den Stopp der Hilfsgelder. Sprecher Wilfried Fesselmann sprach von einem "Schock". Die Leistungen seien für viele eine realistische Möglichkeit gewesen, Unterstützung für dringend notwendige therapeutische oder psychosoziale Maßnahmen zu erhalten. "Wir sprechen hier nicht über eine freiwillige Leistung, sondern über eine moralische Verpflichtung des Staates, Betroffenen konkrete Hilfen zur Verfügung zu stellen - jetzt und dauerhaft", so Fesselmann.
Prien wirbt für mehr Geld für Missbrauchsopfer
Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) sagte der "Rheinischen Post", sie wolle im Bundestag für zusätzliche Haushaltsmittel zur Unterstützung von Opfern werben: "Damit Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs die notwendige Unterstützung bekommen, braucht es ausreichend finanzielle Mittel." Ohne zusätzliches Geld in den kommenden Haushaltsjahren werde es keine spürbaren Verbesserungen für die Betroffenen geben.
Es brauche nun eine tragfähige Lösung, so Prien weiter. Das System könne in seiner bisherigen Form nicht weitergeführt werden. Es brauche neue, rechtssichere Wege. Als Ziel nannte die CDU-Politikerin, "eine Neuaufstellung des Systems zum 1.1.2026".
Nach Ministeriumsangaben haben bislang 35.578 Betroffene einen Antrag gestellt, rund 165,2 Millionen Euro wurden ausgezahlt.
Mit Informationen von KNA und dpa
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