Zu Beginn der Osterferien und auch noch mal vor den Feiertagen ab Gründonnerstag ist traditionell viel los auf den Fernstraßen – vor allem in Richtung Süden. Staus entstehen durch Überlastung, diverse Baustellen und natürlich immer wieder durch Unfälle. Es gibt aber auch Staus, die sich möglicherweise vermeiden ließen – wie der, den die Lkw-Blockabfertigung in Tirol rund 30 bis 40 Mal pro Jahr auslöst. Auch zu Ferienbeginn, am Montag, dem 14. April, gab es eine.
- Zum Artikel: "Osterferien in Bayern: Hier drohen Staus"
Transitstreit um "Brennerkorridor"
Seit mehreren Jahren streiten Bayern und Tirol schon darüber, wie der immer weiter zunehmende Schwerverkehr auf dem sogenannten "Brennerkorridor" in den Griff zu bekommen ist. Das österreichische Bundesland vertritt den Standpunkt, dass der Schwerverkehr im vorhandenen Umfang – 2024 haben 2,4 Millionen Lastwagen den Brenner passiert – Bevölkerung und Umwelt schadet und Verkehrs- und Versorgungssicherheit beeinträchtigt.
Der Lkw-Verkehr wird deswegen seit dem Jahr 2018 an besonders "verkehrskritischen" Tagen am Grenzübergang Kiefersfelden/Kufstein zu Beginn der Inntal Autobahn A12 abgebremst. Der Verkehrsfluss wird ab 5.00 Uhr früh mit einem Ampelsystem so dosiert, dass maximal 300 Lastwagen pro Stunde ins Land gelassen werden.
Diese sogenannten "Dosiertage" werden vorab geplant und sind in den vergangenen Jahren von ursprünglich 27 auf rund 40 angestiegen. Dieses Jahr sind 36 Dosiertage geplant. Die Dauer der Blockabfertigung variiert je nach Lkw-Anzahl, hat sich aber im Durchschnitt bei rund vier Stunden eingependelt. Es kam aber auch schon öfter vor, dass sich Lastwagen über das Inntaldreieck und die A8 bis ins Münchner Umland gestaut haben.
Hinzukommt, dass Lkw in Österreich nachts zwischen 22 und 5 Uhr generell nicht fahren dürfen – es staut sich also vom frühen Morgen teils bis in die Mittagsstunden. Die Sanierung der Luegbrücke samt einspuriger Verkehrsführung auf der A13 verschärft die Lage zusätzlich.
Problem: Lkw-Ausweichverkehr
Die Tiroler Landesregierung hat mit einer Studie untersuchen lassen, wie viel Lkw-Ausweichverkehr durch das Bundesland fährt – dafür wurden die optimalen Strecken und mögliche Umwege insbesondere auf der Brenner-, Tauern- und Gotthardverbindung untersucht. Auch wenn der Bericht auf Zahlen aus dem Jahr 2019 basiert, sind die Ergebnisse interessant: Nur ein kleiner Teil der Lkw, die die Brennerroute befahren, sind auch auf der idealen Strecke unterwegs.
Mehr als ein Drittel der Lkw (33 Prozent), könnten über einen anderen alpenquerenden Pass mindestens 60 Kilometer Strecke sparen. Rund ein Fünftel aller Lastwagen im Transitverkehr nehmen der Studie zufolge über den Brenner sogar 120 Kilometer Umweg in Kauf.
In der Regel ist der Umweg für die Speditionen billiger – was vor allem mit günstigeren Mauttarifen auf dem Brennerkorridor zu erklären ist. Tirol setzt sich seit vielen Jahren für eine Erhöhung der Maut auf der Strecke zwischen München und Verona ein – Österreich erhebt für seinen Teil der Strecke bereits den maximal möglichen Mautpreis, den der EU-Rahmen zulässt. Jedoch ist der Anteil an der Gesamtstrecke zu gering, um eine spürbare Preiserhöhung zu erreichen.
Grafik: Mautpreise pro Kilometer Fahrtrichtung Nord - Süd
Mautpreise pro Kilometer Fahrtrichtung Nord - Süd in Euro/km (2024)
Italien verklagt Österreich wegen Anti-Transit-Maßnahmen
Seit geraumer Zeit suchen Bayern, Tirol und Südtirol eine gemeinsame Lösung für den Transitverkehr auf der Brennerroute. Einig ist man sich im Prinzip darin, dass ein digitales Verkehrsmanagement-System mit buchbaren Slots für eine Linderung des Problems sorgen könnte. Der Schwerverkehr könnte so besser verteilt und planbarer gemacht werden und die Blockabfertigung in Tirol dann ablösen.
Strittig jedoch bleibt das österreichische Lkw-Nachtfahrverbot, das Kapazitäten einschränkt. Tirol beharrt darauf, dass nur so die Luftqualität entlang der Autobahn einzuhalten sei, da in der Vergangenheit wiederholt die gesetzlich festgelegten Stickoxidwerte überschritten wurden. "Ein künftiges Slot-System könnte dazu beitragen, die Spitzen der Tagesverkehre zu entzerren und gleichmäßig auf die Stunden von 5 bis 20 Uhr (Winter) bzw. 5 bis 22 Uhr (Sommer) zu verteilen", so die Tiroler Landesregierung.
Vor gut einem Jahr hat Italien vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen Österreich wegen der Maßnahmen gegen den Transitverkehr eingereicht. Die EU-Kommission hat deutliche Kritik an Österreichs Vorgehen geübt und will Italien bei seiner Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) unterstützen. Ein Slot-System als kurz- bis mittelfristige Zwischenlösung zu erreichen, ist dadurch sehr schwierig geworden. Die nötigen Abkommen zu schließen, ist auf der Ebene der jeweiligen Bundesländer nicht möglich – die beteiligten Länder müssen das nun auf Bundesebene klären. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die neue Bundesregierung dazu positioniert.
Dieser Artikel ist erstmals am 12. April 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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