Wahlsiegerin Meloni bei der Wahlparty
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Sieg der Ultrarechten in Italien: Sorge vor Blockaden in der EU

Sieg der Ultrarechten in Italien: Sorge vor Blockaden in der EU

Der Wahlsieg der Ultrarechten bei der italienischen Parlamentswahl stellt Europa in Krisenzeiten vor neue Ungewissheit. In Brüssel geht nun das Schreckgespenst eines rechtspopulistischen Blocks aus Italien, Ungarn und Polen um, der vieles blockiert.

Über dieses Thema berichtet: Brennpunkt am .

Der Rechtsruck in Italien entzweit die EU: Während Politiker aus dem linksliberalen Lager am Montag eindringlich vor einer Regierung unter der rechtsradikalen Politikerin Giorgia Meloni warnten, jubeln die Europaskeptiker, und das nicht nur bei der AfD. In Brüssel geht das Schreckgespenst einer neuen Blockadefront um Italien, Ungarn und Polen um.

"Schwere Zeiten in Europa" befürchtet die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD). Ähnlich äußerte sich ihre Amtskollegin Nicola Beer von der FDP: "Schwarzer Tag für Europa", twitterte Beer. "Postfaschistische Panikmache und antieuropäischer Weg - dies kann niemals eine Lösung sein, um Krisen in der EU zu überwinden."

"Man darf durchaus große Sorgen haben, weil der Wahlkampf durch europakritische Töne und auch durch Kritik an Deutschland bestimmt war", befand auch Unionsfraktions-Vize Alexander Dobrindt im ARD-Brennpunkt. Er nannte als mögliche Konfliktfelder den Umgang mit Russland, insbesondere aber auch die europäische Finanzpolitik: "Letztlich wollen sie mehr Geld. Und dazu muss man sagen: Italien ist heute schon einer der Hauptprofiteure der EU", meinte der CSU-Politiker.

Von der Leyen verweist auf "Instrumente"

Andere konservative Politiker in Europa haben indes wenig Berührungsängste mit den selbst ernannten "Postfaschisten": "Glückwunsch an Giorgia Meloni zu ihrem Wahlsieg", twitterte etwa der liberalkonservative tschechische Regierungschef Petr Fiala. "Ich freue mich auf die künftige Zusammenarbeit in der Europapolitik", schrieb Fiala, dessen Land noch bis Jahresende den Vorsitz im EU-Ministerrat hat.

Auf ähnliche Gratulationen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kann Meloni lange warten. Bereits vor der Wahl gab es einen Vorgeschmack auf den künftigen Ton zwischen Brüssel und Rom. Die deutsche Kommissionschefin betonte vergangene Woche, Brüssel habe im Fall von Problemen mit Italien "Instrumente" zur Hand. Sie verwies dabei auf Ungarn und Polen, gegen die die Kommission im Rechtsstaats-Streit mit milliardenschweren Mittelkürzungen und Rechtsverfahren vorgehen will.

Ziehen Budapest, Warschau und Rom an einem Strang?

Empört reagierte der Chef der rechtsnationalen italienischen Lega, Matteo Salvini. Er forderte umgehend "eine Entschuldigung oder den Rücktritt" von der Leyens. Salvini bildet mit dem langjährigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und dessen konservativer Forza Italia das Bündnis um Meloni.

Ein schlechtes Omen dürfte der Wahlsieg der italienischen Rechten für den Wunsch der Bundesregierung sein, EU-Reformen voranzubringen. Niemand rechnet in Brüssel damit, dass eine Regierung Meloni dem Verzicht auf Vetorechte in der Außen- oder Finanzpolitik zustimmen würde, wie ihn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordert.

Auch der ungarische Regierungschef Viktor Orban und das nationalkonservativ regierte Polen sind gegen solche Machtabstriche. In Brüssel wird nun vor allem befürchtet, dass Budapest und Warschau mit Rom gemeinsame Sache gegen Migranten oder Minderheiten machen.

Weitere Sanktionen gegen Russland fraglich

Auf das Prinzip Hoffnung setzt die EU dagegen bei den Sanktionen gegen Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Einstimmigkeit erfordern. In Brüssel wird auf die kritische Haltung Melonis gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und ihre Unterstützung für die Ukraine verwiesen - auch wenn Salvini sich immer wieder pro-russisch äußert.

Ob durch den Rechtsruck in Italien auch neue Turbulenzen an den europäischen Finanzmärkten drohen, ist noch ungewiss. 2011 war Italien unter Berlusconi in massive Schwierigkeiten geraten, die Zinsen auf Staatsanleihen schossen in die Höhe. Am Montag reagierten die Börsen verhalten positiv auf Melonis Wahlsieg. Vor allem in Mailand waren die Kurse im Plus.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber rief die neue italienische Regierung deshalb auf, "ein klares Zeichen" zu setzen, dass sie zu Europa und zu dem Reformkurs unter dem bisherigen Regierungschef Mario Draghi stehe. Vor allem mit den Milliarden aus dem Corona-Aufbaufonds der EU stehe einiges auf dem Spiel, mahnte Ferber. Mit mehr als 191 Milliarden Euro soll das von der Pandemie gebeutelte Italien mit Abstand die meisten Mittel aus dem EU-Fonds erhalten. Eine erste Tranche von rund 25 Milliarden Euro hatte die Brüsseler Kommission erst im August an Rom ausgezahlt.

Rechtsbündnis hat Mehrheit im italienischen Parlament sicher

Am Abend bestätigte das Innenministerium in Rom, dass sich das von der radikalen Partei Fratelli d'Italia angeführte Rechtsbündnis bei der Wahl in Italien die absolute Mehrheit der Sitze in beiden Kammern des Parlaments gesichert hat. Die Fratelli, die rechtspopulistische Lega und die konservative Forza Italia kommen demnach im Senat zusammen auf 112 der 200 Sitze, in der Abgeordnetenkammer auf 235 von 400.

Mit der komfortablen Mehrheit kann die Rechtsallianz regieren, wenn sie sich wie erwartet auf eine Regierungskoalition einigt und von Staatspräsident Sergio Mattarella den Regierungsauftrag erhält. Die Chefin der stärksten Einzelpartei Fratelli d'Italia, Giorgia Meloni, dürfte in dieser Konstellation Ministerpräsidentin werden.

Das von den Sozialdemokraten angeführte Bündnis mit linken Parteien und Grünen kommt auf 39 Senatoren und 80 Abgeordnete. Die Fünf-Sterne-Bewegung, die an jeder der drei Regierungen seit der letzten Parlamentswahl beteiligt war, kommt auf 28 Senatoren und 51 Abgeordnete.

Mit Informationen von AFP und dpa.

Manfred Weber
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Spitze der Rechten Parteien in Italien
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