Der Donnerhall der Kanone geht durch Mark und Bein. Soldaten in Paradeuniform feuern auf dem Daukantas-Platz in Vilnius Salutschüsse ab. Den Zuschauern scheint der Lärm nichts auszumachen. Applaus brandet auf. Die Menschen sind an diesem sonnigen Juli-Tag ins Zentrum der litauischen Hauptstadt gekommen, um ihren Nationalfeiertag zu begehen. Alte, Junge – viele schwenken Fähnchen in Gelb-Grün-Rot, den litauischen Landesfarben.
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Steinmeier: "Litauer feiern sich selbst"
Dieses Jahr ist ein hochrangiger Gast aus Deutschland dabei: Frank-Walter Steinmeier. "Ich finde es schön zu spüren, dass die Menschen in Litauen nicht nur eine staatliche Ordnung feiern", sagt der Bundespräsident in seiner Ansprache: "Die Litauerinnen und Litauer feiern sich selbst." Das stimmt – und ein bisschen feiern sie auch die deutsch-litauische Freundschaft. Immer wieder klatschen sie Beifall.
Nach dem offiziellen Teil schlendert Steinmeier zusammen mit seiner Frau Elke Büdenbender über den Platz. Etliche Selfies entstehen, einige deutsche Urlauber sind auf dem Platz. Aber Einheimische interessieren sich ebenfalls für Steinmeier. Es bedeute ihr viel, dass der Bundespräsident nach Vilnius gekommen sei, sagt eine Litauerin zu BR24. Ihr Volk wolle frei und unabhängig sein – und brauche dafür Unterstützung.
Bundespräsident verspricht Litauen Beistand
Steinmeier verspricht den Gastgebern: "Eure Sicherheit ist unsere Sicherheit." So hat es auch Friedrich Merz ausgedrückt, als er vor wenigen Wochen in Vilnius war. Eine Fotografie vom Treffen des Kanzlers mit dem litauischen Präsidenten hängt bereits an dessen Amtssitz. Es zeigt, wie die beiden einen roten Teppich entlangschreiten. Lächelnd, einander zugewandt.
Das Versprechen, dem Nato-Partner beizustehen: Im Ernstfall müssten es die Soldaten der deutschen Litauen-Brigade einlösen. Das Land ist eingeklemmt zwischen dem russischen Gebiet Kaliningrad und Belarus, einem Verbündeten des Putin-Regimes. Allein könnten die Litauer einem russischen Angriff nur schwer standhalten. Wohl auch deshalb nennt Präsident Gitanas Nausėda den geplanten Großverband ein kraftvolles Zeichen der Solidarität.
Ein Teil der Litauen-Brigade kommt aus Bayern
In zweieinhalb Jahren soll die Brigade voll einsatzbereit sein, dann mit fast 5.000 Soldaten. Ein Teil des Kampfverbands kommt aus der Oberpfalz. Eingeplant ist ein Panzergrenadierbataillon, das zurzeit in Oberviechtach stationiert ist und über moderne Schützenpanzer verfügt.
Im Moment tun rund 400 Soldaten Dienst bei der Litauen-Brigade. Einer von ihnen ist Oberstabsfeldwebel Jens. Sein Nachname wird nicht genannt, wie bei der Bundeswehr üblich. In Vilnius fühlt er sich offenbar wohl. Die Menschen hier würden den deutschen Soldaten respektvoll begegnen, berichtet er BR24. Es komme vor, dass ihm auf Englisch zugerufen werde: "Danke, dass ihr da seid!"
Bundeswehr beteiligt sich an Nato-Operation in Lettland
Zweite Station der Reise des Bundespräsidenten ist Lettland. Im Hafen der Hauptstadt Riga hat ein Schiff der deutschen Marine festgemacht. Die Korvette ist Teil einer Nato-Operation zum Schutz von kritischer Infrastruktur vor russischer Sabotage. Es geht zum Beispiel darum, verdächtige Frachter aufzuspüren, bevor sie mit Ankern Strom- oder Datenkabel in der Ostsee beschädigen können. Eine Reaktion auf eine Reihe von Vorfällen mit Schiffen der sogenannten Schattenflotte Russlands.
Auch in Riga darf sich Steinmeier über Dankesworte der Gastgeber freuen. Allerdings schwingen bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem lettischen Präsidenten auch kritische Töne mit, zumindest in Fragen deutscher Journalisten. Ob der Einsatz einer Korvette letztlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei, möchte eine Reporterin wissen. Steinmeier reagiert mit Unverständnis, verweist auf weitere Anstrengungen wie die Ukrainehilfen. Von den Gastgebern in Riga höre er jedenfalls, dass die Fälle mutmaßlicher Sabotage "signifikant zurückgegangen" seien: "Das ist genau das, was wir wollten – und das ist nicht nur Symbolik."
Wenn es Zweifel an der Verlässlichkeit von Nato-Partnern geben sollte, dann beziehen sie sich in den Augen von Steinmeier nicht auf Deutschland. Sondern auf die USA unter Donald Trump. Und so zeigt sich der Bundespräsident am Ende dieser Reise zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen des deutschen Engagements. Aber auch etwas genervt von einer deutschen Debatte, die aus seiner Sicht zu oft von Selbstzweifeln geprägt ist.
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