Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei der Vertrauensfrage im Bundestag wie angestrebt die Mehrheit verfehlt. Bei der namentlichen Abstimmung am Montag sprachen 207 Abgeordnete dem Kanzler das Vertrauen aus, 394 Abgeordnete stimmten dagegen, 116 enthielten sich. Mit dem Verfehlen der Mehrheit ist der Weg zur Neuwahl des Bundestags am 23. Februar offen - die endgültige Entscheidung zur Auflösung des Bundestags obliegt dem Bundespräsidenten.
Vertrauensfrage: So stimmten die Abgeordneten
Bei der Abstimmung gaben drei AfD-Abgeordnete und drei Fraktionslose ihre Stimme für Scholz ab. Unter Letzteren war der aus der FDP ausgetretene Verkehrs- und Justizminister Volker Wissing. Außerdem gab es bei der AfD eine Enthaltung. Die anderen Fraktionen stimmten geschlossen ab, wie die vom Bundestag veröffentlichten Abstimmungslisten zeigen.
Bei der SPD votierten alle 201 an der Abstimmung teilnehmenden Abgeordneten für Scholz, bei der CDU/CSU alle 196 gegen ihn. Alle 115 anwesenden Grünen-Abgeordneten enthielten sich. Alle 88 FDP-Abgeordneten stimmten gegen Scholz, hier fehlten zwei Parlamentarier. Linke und BSW stimmten ebenfalls einmütig gegen den Sozialdemokraten.
Bundestag als Wahlkampfbühne
In der mehr als zweistündigen Aussprache zuvor lieferten sich vor allem die Spitzenkandidaten der Parteien einen heftigen Schlagabtausch. Scholz sagte in seiner Erklärung, dass Deutschland vor einer Richtungsentscheidung stehe. "Die Vertrauensfrage richte ich deshalb heute an alle Wählerinnen und Wähler." Den größten Teil seiner knapp halbstündigen Rede nutzte Scholz dann auch dafür zu erläutern, mit welchem Programm er die Wähler überzeugen will, für die SPD zu stimmen.
Redner von Union, FDP, AfD, Linke und BSW griffen den Kanzler scharf an. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz sagte, dass Scholz das Vertrauen nicht mehr verdiene und attackierte auch die Grünen. "Sie sind das Gesicht der Wirtschaftskrise in Deutschland", sagte er zu Vizekanzler Robert Habeck.
Scholz schlägt Auflösung des Parlaments vor
Nach der Abstimmung des Bundestags schlug Scholz bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue die Auflösung des Parlaments vor. Steinmeier hat nun 21 Tage Zeit zu entscheiden, ob er zustimmt und eine Neuwahl des Parlaments innerhalb von 60 Tagen ansetzt.
Scholz ist dann lediglich als geschäftsführender Regierungschef im Amt. Allerdings bleiben sowohl die Regierung als auch der Bundestag in der Übergangsphase bis zur Bildung einer neuen Regierung weiter voll handlungsfähig. Es können weiter Entscheidungen getroffen werden.
Ampel war im November gescheitert
Das Ergebnis bei der Vertrauensfrage war erwartet worden. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition macht Scholz damit den Weg frei für vorgezogene Neuwahlen. Die Ampel war am 6. November gescheitert, nachdem Scholz Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen hatte. Zuvor war der Streit um die Wirtschafts- und Haushaltspolitik eskaliert.
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP
Im Video: BR24Live zur Vertrauensfrage
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