Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hatte im Mai entschieden, die Regenbogenflagge künftig nur noch zum Internationalen Tag gegen Homophobie (17. Mai) aufziehen zu lassen und nicht mehr zum Berliner CSD. Außerdem dürfen queere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung, das sogenannte Regenbogennetzwerk, nicht als angemeldete Gruppe auf der Parade mitlaufen.
Grund: Verbot gegen Neutralitätspflicht
Der von Klöckner in dieser Wahlperiode neu berufene Direktor Paul Göttke hatte entschieden, "dass die Bundestagsverwaltung als solche, insbesondere aufgrund der gebotenen Neutralitätspflicht, nicht an politischen Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen teilnimmt". Er verwies darauf, dass Mitarbeitende außerhalb des Dienstes an solchen Versammlungen teilnehmen könnten.
SPD: Tragen diese Entscheidung nicht mit
Seitdem hagelt es Kritik: Aus der SPD bekam Klöckner in einer Bundestagsdebatte nun zu hören, das Verbot sei ein fatales Zeichen und falsch. Die Abgeordnete Carmen Wegge erklärte, die SPD trage diese Entscheidung ausdrücklich nicht mit. Menschenwürde sei keine politische Meinung. Menschenwürde sei ein Menschenrecht. Anlass der Debatte war ein Antrag der Grünen, queere Hasskriminalität wirksam zu bekämpfen.
Bei der Debatte setzten Abgeordnete von Linken und Grünen im Bundestag mit bunter Kleidung ein Zeichen gegen Queerfeindlichkeit. "Wir haben uns nicht abgesprochen, aber hatten anscheinend dieselbe Idee", sagte der queerpolitische Sprecher der Linksfraktion, Maik Brückner, dem epd. "Je bunter das Parlament ist, desto besser", sagte die queerpolitische Sprecherin der Grünen, Nyke Slawik.
Union: Antrag der Grünen geht zu weit
Auch die Union sprach sich dafür aus, queere Hasskriminalität zu bekämpfen. Der Antrag der Grünen sei nicht grundsätzlich falsch, gehe aber zu weit. Die Union möchte, dass alle Menschen gleichermaßen geschützt werden und nicht einige dabei privilegieren und andere nicht. Die AfD hält eine Debatte zu diesem Thema für überflüssig.
200.000 Unterschriften für Regenbogenfahne gesammelt
Auch außerhalb des Parlaments sorgt die Entscheidung von Klöckner seit Wochen für Empörung. Eine Online-Petition, die ein Hissen der Regenbogenfahne auf dem Reichstagsgebäude zum CSD fordert, hat auf der Plattform von Campact bisher 200.000 Unterschriften erreicht, unterschrieben haben auch Prominente wie der Sänger Bela B. oder Fernsehmoderatorin Ruth Moschner.
Verdi-Chef Frank Werneke hatte der dpa gesagt: "Es ist unverständlich, absolut nicht zu akzeptieren und ein gesellschaftspolitischer Rückschritt, dass die Bundestagsverwaltung ihren Beschäftigten eine sichtbare Teilnahme am Berliner CSD und das Hissen der Regenbogenflagge am Bundestagsgebäude wegen einer vermeintlich gewünschten politischen Neutralität untersagt hat." Das sei ein "Einknicken vor rechten Tendenzen".
CSD-Paraden zuletzt Ziel von Hatern
Zuletzt waren etliche CSD-Paraden in Deutschland von Rechtsextremen angegriffen worden. In Regensburg gab es ein Drohschreiben. Der Berliner CSD findet in diesem Jahr am 26. Juli statt. An dem bunten Straßenumzug in der Bundeshauptstadt nehmen mehrere Hunderttausend Menschen teil. Der CSD erinnert vom Namen her an Aufstände der queeren Community in der Christopher Street in New York von 1969.
Mit Informationen dpa und epd
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CSD-Parade in München
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