Kurswechsel für den selbsternannten "Friedenspräsidenten": Vergangene Woche ist Donald Trump in Israels Krieg gegen den Iran eingetreten – um danach den "kompletten und totalen Waffenstillstand" zu verkünden. Was ist seine Strategie? Hat er denn eine? Und welche Folgen hat das für Trumps Anhängerschaft? BR24 hat für "Possoch klärt" mit Sandra Navidi darüber gesprochen. Die USA-Expertin und Juristin lebt seit mehr als 25 Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika.
"Show-Effekt spielte eine Rolle"
BR24: Eigentlich wollte Trump sich aus den Kriegen der Welt heraushalten. Kam die Intervention im Iran für Sie überraschend?
Sandra Navidi: Meiner Einschätzung nach war Trump kriegerischen Handlungen nie abgeneigt. Er hat in seiner ersten Amtszeit viel davon gesprochen, wenn auch meist hinter den Kulissen. Er wollte damals schon Angriffe gegen den Iran fahren; nur mit Müh und Not konnten seine Generäle ihn zurückhalten. Donald Trump sucht immer eine Steigerung, und es steht zu vermuten, dass der Show-Effekt für ihn auch eine Rolle bei der Bombardierung des Iran gespielt hat: Da ist etwas, wo er seine Militärmacht, seine Stärke demonstrieren kann, wo er vielleicht auch Gegner abschrecken kann – jedenfalls ein weiterer Cliffhanger in dieser endlosen Reality-Show.
BR24: Sollte der Angriff auf den Iran auch von Problemen im Inland ablenken?
Navidi: Trump verfolgt ein typisches autokratisches Playbook, und dazu gehören auch Kriege. Eigentlich müssten die Schlagzeilen in den USA lauten, dass vermummte Männer der ICE-Behörde immer mehr Bürger von den Straßen wegzerren. Aber wir sind völlig abgelenkt und taumeln von einer chaotischen Nachricht zur nächsten.
Im Video: Ist Trump wirklich der Friedenspräsident? Possoch klärt!
"MAGA ist eine Sekte"
BR24: Trump hat seinen Anhängern "America First" versprochen – anstatt in Konfliktregionen mitzumischen. Könnte er durch Auslandseinsätze an Unterstützung verlieren?
Navidi: Für gemäßigte Republikaner könnte das ein Kriterium sein, sich abzuwenden. Aber für den MAGA-Kern wird das keinen Unterschied machen. Es gibt jetzt schon zahlreiche Influencer, die vorher absolut Anti-Krieg waren und jetzt sehr schnell ihr Fähnchen gedreht haben. Trumps größtes Genie ist, seine Anhänger vom Gegenteil der Realität zu überzeugen.
Er verkauft sich als genialer Geschäftsmann, obwohl er sechs Pleiten hingelegt hat. Er präsentiert sich als fürsorglicher Familienvater, obwohl er seine Frau dauerbetrogen hat und wegen sexueller Belästigungen und Schlimmerem verurteilt worden ist. MAGA ist in erster Linie ein Kult, eine Sekte, und seine Anhänger glauben, was er ihnen vorgibt. Und wenn er sagt: "Zu America first gehört jetzt auch Krieg", dann werden sie sich dem anschließen.
BR24: Wie bewerten Trumps Anhänger die enge Partnerschaft der USA mit Israel?
Navidi: Viele von ihnen gehören der radikalen evangelikalen Bewegung an und sind zutiefst antimuslimisch eingestellt. Sie glauben, dass sie im Falle des Armageddon von Israel aus in den Himmel aufzusteigen. Aufrufe, das "Heilige Land zu schützen", verfangen bei dieser Gruppe. Auf der anderen Seite gibt es Abgeordnete wie Marjorie Taylor Greene, die die Unterstützung Israels kritisieren und das Geld lieber im eigenen Land eingesetzt sehen würden.
BR24: Wie geht es jetzt weiter?
Navidi: Das hängt entscheidend von der Reaktion des Iran ab. Eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran heißt nicht, dass es nicht zu anderen Aktionen kommen kann, wie zum Beispiel iranische Terroranschläge auf die USA. Jetzt wäre für den Iran eigentlich der beste Zeitpunkt, zuzuschlagen, weil Trump einen völlig unerfahrenen Mann zum Chef der Terrorprävention [externer Link] gemacht hat: den 22-jährigen Ex-Gärtner Thomas Fugate. Ein Terrorangriff käme Trump übrigens zupass, weil es ihm zusätzliche Legitimation geben könnte, die Armee im eigenen Land einzusetzen.
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