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Aufstehen, erst einmal an der Uhr drehen: So ist das bei der Zeitumstellung. Doch geht es nach einer EU-Umfrage von 2018, will eine Mehrheit das nicht mehr tun müssen – sondern die Uhrenumstellung abschaffen. Aber lässt sich das anhand der Daten wirklich sagen?
User: Nicht-repräsentative Umfrage zur Zeitumstellung
BR24-User äußerten in den Kommentarspalten ihre Zweifel: "Warum wird eigentlich immer behauptet, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Zeitumstellung abschaffen will? Es gab nur eine nicht repräsentative Online-Umfrage, die damals nur wenige mitbekommen haben und an der noch weniger teilgenommen haben", schrieb beispielsweise "Ichsagmalso". "Hat kaum jemand teilgenommen. Einige Deutsche. Sonst Funkstille. Daher keine Änderung. Verständlicherweise", kommentierte User "Cpt.Labrador".
Sie erwähnen damit zentrale Kritikpunkte an der Umfrage. Und trotzdem hatte die Befragung Einfluss auf politische Entscheidungen.
Online-Umfrage von 2018: Folgt daraus Aus für Zeitumstellung?
Die Online-Umfrage wurde unter EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker organisiert. Sie war ein Baustein, als die Kommission versuchte, die Sommerzeitregelung zu bewerten. Über 40 Tage konnten Europäer ihre Meinung online abgeben.
Eine Pressemitteilung von EU-Seite zum vorläufigen Ergebnis war damals überschrieben mit: "84 Prozent der Teilnehmer sind für die Abschaffung der Zeitumstellung in der EU" (externer Link). Die Formulierung "der Teilnehmer" zeigt: Von einer repräsentativen Umfrage hat die EU-Kommission nicht gesprochen. Durch die mediale Darstellung der Ergebnisse – vor allem bei Überschriften – konnte aber zunächst der Eindruck entstehen.
4,6 Millionen Bürger hatten damals abgestimmt. Angesichts des Ergebnisses kam die Kommission zu dem Vorschlag: Die Zeitumstellung sollte abgeschafft werden. Die Mitgliedsstaaten sollten entscheiden, ob sie die Sommerzeit oder die Winterzeit anwenden wollen. Juncker damals: "Die Menschen wollen das, wir machen das." Doch bis heute gibt es keine Einigung.
Statistiker benennt Umfrage-Probleme
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung kürte die Online-Umfrage zur "Unstatistik" (externer Link): "(...) das Hochrechnen aus Umfragen, bei denen die Betroffenen selbst entscheiden, ob sie teilnehmen oder nicht, ist eines der heikelsten Probleme der angewandten Statistik überhaupt." Es spreche viel für den Verdacht, dass vor allem Zeitumstellungsgegner, die sich ärgerten, teilnahmen, sagt der Dortmunder Statistiker Walter Krämer auf BR24-Nachfrage auch heute noch. Unterrepräsentiert seien eher Menschen, die die Uhrenumstellung belassen wollten oder sich nicht für das Problem interessierten.
Auch weil übermäßig viele Deutsche (rund drei Millionen) teilnahmen, ist die Umfrage nicht repräsentativ für das Meinungsbild in den damals 28 EU-Staaten. Was der "EU-Bürger-Wille" ist, lässt sich so nicht ableiten. Außer in drei Staaten nahm jeweils weniger als ein Prozent der nationalen Bevölkerung teil. Jakob Mayr, Korrespondent im ARD-Studio Brüssel, sagte am Freitag im BR24live, andere Länder würden die Zeitumstellung auch lockerer sehen als Deutschland.
Im Video (25.10.2024): BR24live zur Zeitumstellung
Was sagen nationale Umfragen?
Seit der EU-Umfrage sind sechs Jahre vergangen. Doch seither gab es immer wieder Befragungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit (externer Link) von Oktober 2024 zufolge würden rund drei Viertel der Deutschen die Zeitumstellung abschaffen. Ähnliches in Österreich, aber Stand 2021 (externer Link). Auch in Spanien hieß es 2023 (externer Link) bei einer Untersuchung, dass eine Mehrheit die Abschaffung befürwortete.
Eine repräsentative YouGov-Umfage 2023 (externer Link) wiederum ergab, dass die Deutschen im Vergleich mit sechs anderen europäischen Ländern am deutlichsten für die Abschaffung sind. Auch Schweden, Dänen und Franzosen seien häufiger der Meinung, die Zeitumstellung abzuschaffen. Spanier, Italiener und Briten würden sich hingegen eher für ein Beibehalten der Zeitumstellung aussprechen.
Statistiker Krämer sagt, wenn es in jedem Mitgliedsland eine seriöse Umfrage zur Zeitumstellung gäbe, könne man daraus eine verlässliche Schätzung zum Willen der EU-Bürger abgeben. Vorausgesetzt, die Methodiken würden beachtet und es gäbe einen gewichteten Mittelwert, da in den Mitgliedsländern unterschiedlich viele Menschen leben.
Was passiert nun auf EU-Ebene?
Der Ball liegt jetzt bei den Verkehrsministern der Mitgliedsländer. Auch wenn Parlamentarier zur Veränderung aufrufen: Laut mehreren internationalen Berichten wird das Thema im Rat der EU derzeit nicht als vorrangig angesehen – für unbestimmte Zeit.
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