Estländische Soldaten in Tapa Camp, dem größte militärischen Übungsgebiets Estlands
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Europas Verteidigung: Strategien mit Mehrwert

Europas Verteidigung: Strategien mit Mehrwert

Litauen setzt auf Sümpfe, Estland bildet Lehrer an Drohnen aus, in Polen werden Schutzräume erfasst und saniert: Nicht alles dient allein der Verteidigung Europas. Darüber informierten BR24 und die Europäische Rundfunkunion - EBU - im Oktober.

Über dieses Thema berichtet: Der Sonntags-Stammtisch am .

Europa rüstet auf, weil es den russischen Angriffskrieg vor der Haustür sieht – viele der aktuellen Verteidigungsmaßnahmen stärken aber ganz nebenbei auch das, was Gesellschaften auch im Frieden brauchen: bessere Cybersicherheit, belastbarere Energie- und Verkehrsinfrastruktur, funktionierende Zivilschutz- und Katastrophensysteme. Was initial militärisch gedacht ist, kann auch die Krisenfestigkeit nach innen stärken.

BR24 informiert über jede dieser Initiativen der europäischen Partner unmittelbar und umfassend, weil wir Partner im europäischen EBU-Netzwerk sind. Dieser Artikel fasst die jüngsten Berichte zusammen.

Moore gegen Panzer - und die Klimaerwärmung

Litauischen Soldaten erfuhren es bei einem gemeinsamen - und tragischen - Einsatz mit dem US-Militär im Frühjahr am eigenen Leib: Es ist unfassbar schwer, einen Panzer aus einem Moor zu bergen. In Vilnius setzt man ab 2026 in große Stil auf eine Taktik, die bereits im Mittelalter gegen den Deutschen Orden erfolgreich war: Ab dem kommenden Jahr sollen rund 40.000 Hektar durch Torfabbau zerstörte Moorflächen renaturiert werden. Der ökologische Mehrwert der Initiative ist enorm: Obwohl sie weltweit nur rund drei Prozent der Landfläche bedecken, speichern Moore etwa ein Drittel des globalen Bodenkohlenstoffs – also mehr als alle Wälder zusammen. In den nassen, sauerstoffarmen Böden werden abgestorbene Pflanzenreste nicht vollständig zersetzt. Stattdessen lagern sich über Jahrtausende Torfschichten an, in denen CO₂ dauerhaft gebunden bleibt.

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Wiedervernässte Grenzsümpfe sollen in Litauen zugleich Natur schützen und eine neue Verteidigungslinie bilden

Abwehrdrohnen - Militärtechnik mit zivilgesellschaftlichem Mehrwert

Gemeinsam mit Lettland und Estland gehen die baltischen Staaten die Bedrohung aber auch aus der Luft an und stützen sich hier auf innovative Technik: Drohnenabfangjäger sollen wie eine Art Wall die Ostflanke der Nato sichern, wie Eesti Rahvusringhääling (ERR) berichtet, die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt von Estland.

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Estlands Armeechef Andrus Merilo dämpft zu hohe Erwartungen an den "Drohnenwall"

Armeechef Merilo dämpft zu hohe Erwartungen:

"Wir müssen damit rechnen, dass einige Dinge trotzdem durchkommen werden. Der Aufbau einer möglichst effektiven Luftverteidigung ist möglich. Ein Teil der Ausrüstung ist bereits bestellt und auf dem Weg hierher, sie wird sehr schnell integriert werden, aber es wird nie eine Situation geben, in der es eine Art göttliche Hand gibt, die alle Probleme fernhält - ganz gleich, über welchen Bereich der Kriegsführung wir im estnischen Kontext sprechen."

Auch EVP-Chef Weber sprach sich jüngst in der Münchner Runde für diesen Drohnenwall aus. Estland gilt als Labor für die neue Verteidigungstechnologie. Bereits an den Schulen wird dort der Umgang mit Drohnen gelehrt. Drohnen - so lernt man dort - helfen überdies auch bei zivilen Sicherheitsaufgaben. Die vernetzten Sensoren und Abwehrsysteme können ebenso illegale Migration oder gesteuerte „hybride“ Grenzaktionen, Schmuggel und organisierte Kriminalität erfassen und dokumentieren.

In Polen wiederum sollen Schutzzonen auf Karten erfasst werden, in die sich die Menschen im Fall von russischen Luftangriffen zurückziehen können. Regionale Behörden sind ab sofort verpflichtet, Gebäude auszuwählen, deren Keller entsprechend nachgerüstet werden können - berichtet Polski Radio, unser polnischer EBU-Partner. Die Polen konnten sich an speziellen Aktiontagen - "Sicheres Polen - fragen Sie die Experten" - über alle Maßnahmen informieren.

Wenn Kommunen in Polen jetzt Kellerräume und Untergeschosse erfassen, entsteht damit nicht nur ein Netz möglicher Schutzräume für ein Angriffsszenario. Die gleiche Bestandsaufnahme hilft bei Überschwemmungen, schweren Stürmen, Industrieunfällen oder Blackouts. Auch hier brauchen Menschen bekannte, geprüfte und zugängliche Orte, an denen sie sicher untergebracht und informiert werden können. Gleichzeitig zwingt das Verfahren dazu, Gebäude statisch, brandschutz- und versorgungstechnisch zu überprüfen sowie Kommunikationswege zu standardisieren – lauter Dinge, die die allgemeine Katastrophenschutz- und Resilienzfähigkeit eines Landes heben, selbst wenn nie ein Schuss fällt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.