Die Debatte um ein Verbotsverfahren gegen die AfD gewinnt an Fahrt. Seit Ende letzter Woche das Bundesamt für Verfassungsschutz bekannt gegeben hat, dass es die gesamte AfD als "gesichert rechtsextremistisch" einstuft, melden sich Gegner wie Befürworter eines solchen Schrittes.
Während die einen betonen, die AfD solle nur mit "politischen" Mitteln bekämpft werden, wollen die anderen beides: Die AfD mit einer überzeugenderen vorgebrachten Politik schrumpfen und zugleich die Möglichkeiten des Rechtsstaates ausgenutzt wissen, um sicherzustellen, dass eine extremistische Partei nicht legal an die Macht kommt wie einst die NSDAP. Durch diese Lehre aus dem Nationalsozialismus hat das Parteiverbotsverfahren überhaupt seinen Weg in das Grundgesetz gefunden.
Nachrichtendienstliche Maßnahmen
Daneben gibt es andere Möglichkeiten, schon vor oder während eines Verbotsverfahrens gegen extremistische Parteien wie die AfD vorzugehen. Die Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch" erleichtert es den Sicherheitsbehörden, die Partei zu überwachen.
Schon als die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall klassifiziert war, konnte der Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Mittel einsetzen. Zum Beispiel menschliche Quellen anwerben ("V-Leute") oder Mitglieder überwachen. Die Hürde dafür ist jetzt noch einmal niedriger geworden, einzelne Maßnahmen können leichter umgesetzt werden.
Finanzierung einschränken
Vor acht Jahren, 2017, hatte der Bundestag das Grundgesetz zur Parteienfinanzierung geändert. Seitdem ist es nach Art. 21 (3) möglich, "Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen (…)", von der staatlichen Finanzierung auszuschließen.
Sollte das Gutachten des Verfassungsschutzes vor Gericht Bestand haben, wäre dies eine Option. Vor über einem Jahr wurde auf diesem Weg der rechtsextremen Partei "Die Heimat", Nachfolgepartei der rechtsextremen NPD, der Zugang zu staatlicher Unterstützung verwehrt. Die AfD hat für das abgerechnete Jahr 2023 über zehn Millionen Euro von der öffentlichen Hand erhalten.
Kein Geld für parteinahe Stiftung?
Der staatliche Geldhahn könnte auch trocken bleiben für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung. Seit Jahren kämpft sie darum, für ihre politische Bildungsarbeit Geld vom Staat zu bekommen, wie andere Parteistiftungen auch. Allerdings sieht auch das Stiftungsfinanzierungsgesetz vor, dass Stiftungen für die freiheitlich demokratische Grundordnung "aktiv eintreten" müssen. Auch das erscheint mit dem Gutachten des Verfassungsschutzes nun eine kaum zu überwindende Hürde zu sein.
Persönliche Konsequenzen
Unabhängig von den Folgen des Gutachtens für die Gesamtpartei können natürlich auch immer Einzelpersonen für ihre Äußerungen und Handlungen gerichtlich herangezogen werden. Beispiel Björn Höcke. Die Symbolfigur des völkischen AfD-Flügels darf nach einer Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 2019 als Faschist bezeichnet werden. 2024 wurde Höcke sogar mehrmals für die Verwendung einer Parole der nationalsozialistischen SA verurteilt.
Entzug der Grundrechte
Im Zusammenhang mit Björn Höcke wurde auch immer wieder über die Aberkennung seiner Grundrechte diskutiert. Also zum Beispiel das aktive und passive Wahlrecht. Der Grundrechtsentzug soll analog zum Parteienverbot die Demokratie schützen. Wie beim Parteiverbotsverfahren muss der Grundrechtsentzug von einem Verfassungsorgan beantragt und vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden werden. Befürworter dieses Mittels nach Art. 18 GG führen an, dass es leichter und schneller zu handhaben sei als ein Parteiverbot.
Folgen für Beamtinnen und Beamte
Staatsbedienstete leisten einen Eid auf die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO). Was im Gegensatz steht zu den Zielen rechtsextremistischer Parteien, die diese FDGO angreifen und überwinden wollen. Eine Mitgliedschaft bei der AfD kann also folgerichtig zu Zweifeln an der Verfassungstreue der jeweiligen Person führen. Allerdings muss hier der Einzelfall betrachtet werden. Eine Mitgliedschaft allein rechtfertigt noch keine dienstrechtlichen Konsequenzen.
Überparteilichkeit des Gutachtens
Ausdrücklich betonte SPD-Politikerin Nancy Faeser letzte Woche als noch zuständige Innenministerin, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz das Gutachten ohne jeglichen Einfluss von Seiten der Politik angefertigt hätte. Zu überprüfen ist das nicht, das Gutachten ist bisher nicht veröffentlicht, sondern als "geheim" eingestuft, um Informationen über die Arbeitsweise des Bundesamtes zu schützen. Es gilt als Materialsammlung auf 1.100 Seiten, die wohl meist auf öffentlich zugängliche Quellen zurückzuführen ist. Und sich damit in der Beurteilung decken dürfte mit wissenschaftlichen und vielen verschiedenen journalistischen Sammlungen dieser Art.
Im Video: Verfassungsschutz stuft AfD als rechtsextrem ein - Was bedeutet das für den Umgang mit der Partei?
AfD Logo
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!