Gestellte Aufnahme zum Thema Beziehungstat: Eine Frau wird von einem Mann geschlagen.  (Symbolbild)
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Am Dienstagabend präsentierte die EU die neue Richtlinie zum Schutz von Frauen vor Gewalt. Die Reaktionen darauf sind gemischt.

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Gewalt gegen Frauen: EU-Richtlinie sorgt für gemischte Gefühle

Gewalt gegen Frauen: EU-Richtlinie sorgt für gemischte Gefühle

Ein neue EU-Richtlinie soll künftig Frauen vor sexueller Gewalt schützen. Es ist eine Premiere auf EU-Ebene – und dennoch macht sich in der Politik und bei Frauenverbänden Enttäuschung breit. Schuld daran ist auch Deutschlands Position.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Eine Richtlinie, die "die Geschichte Europas verändert", aber auch eine "sehr große Enttäuschung" sei – nur wenige Minuten liegen zwischen diesen beiden Aussagen, als die neue EU-Richtlinie zum Schutz von Frauen vor Gewalt in Straßburg vorgestellt wird. Als die zuständige Berichterstatterin, Frances Fitzgerald (EVP) aus Irland, vor die Presse tritt – umringt von Frauen – ist ihr die Ernüchterung anzusehen.

Es herrscht aber auch Freude: Der Spanier Juan Fernando Lopez Aguilar spricht von einem "wichtigen Schritt nach vorne". Der Grund: Erstmals tritt eine Regelung in Kraft, die Frauen europaweit vor sexualisierter Gewalt schützen soll. Denn: Jede dritte Frau in der EU hat bereits Gewalt erfahren, wie es von der Europäischen Kommission heißt. Auf der Seite des bayerischen Familienministeriums ist nachzulesen, dass jedes Jahr fast 50.000 Frauen allein in Bayern Gewalt erleiden.

Neue EU-Richtlinie: Einheitliche Strafen bei Cyber-Stalking oder Zwangsheirat

Mit der neuen EU-Richtlinie soll sexueller Gewalt der Kampf angesagt werden – einheitlich, EU-weit. Online-Gewalt wie "Cyber-Stalking", weibliche Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat stehen künftig unter Strafe. Verbessert werden sollen außerdem der Zugang zur Justiz, der Schutz von Kindern und die Betreuung von Gewaltopfern. Nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften haben die Mitgliedstaaten drei Jahre Zeit, die Bestimmungen der neuen Richtlinie umzusetzen.

Keine einheitliche Strafe bei Vergewaltigung

Viele bezeichnen das als einen "Meilenstein" – aber mit Lücken. Nicht allen ist daher zum Jubeln zumute: Frauenrechtlerinnen und Politikerinnen fehlt es an einem entscheidenden Element in der Richtlinie. Der Grund: Der Straftatbestand der Vergewaltigung ist in der neuen EU-Richtlinie nicht enthalten. Das bedeutet: Es gibt keine einheitliche, EU-weite Regelung für Vergewaltigung. "Es ist nicht gelungen, im Rat zu einer qualifizierten Mehrheit zu kommen", erklärt Frances diesen Schritt in Straßburg und ergänzt: "Das ist außerordentlich enttäuschend."

Was die Europa-Politikerin anspricht: die Blockade einzelner Mitgliedstaaten, den Vergewaltigungsparagrafen in die Richtlinie aufzunehmen – so auch Deutschland. Schon vor dem finalen Treffen in Straßburg hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sein klares Nein gegenüber einem einheitlichen Standard des Vergewaltigungsstrafbestands in der EU betont.

Das Argument von Buschmann: ein rechtliches. Die europaweite Angleichung des Strafbestands der Vergewaltigung gehe über die Rechtskompetenz der EU hinaus. Einzelne Länder könnten deswegen vor Europagerichten klagen, so die Sorge des FDP-Politikers: "Man kann Unrecht nicht mit Unrecht bekämpfen."

Was gilt in Europa bei Vergewaltigung?

Die Länder haben ganz unterschiedliche Definitionen von Vergewaltigung. In Deutschland gilt beispielsweise seit 2016 die sogenannte "Nein-heißt-Nein" Regelung. In anderen Ländern, zum Beispiel Spanien, gilt die "Ja-heißt-Ja". Dort gilt: Sex ist nur erlaubt, wenn bewusst zugestimmt wurde. In 18 von 27 Mitgliedsländern hingegen liegt nur dann eine Vergewaltigung vor, wenn nachgewiesen werden kann, dass Opfern Gewalt angedroht oder an ihnen verübt wurde.

Dass sich die EU nicht auf eine einheitliche Richtlinie für die Bestrafung von Vergewaltigungen einigen kann, ist schon vor der Abstimmung in Straßburg auf Kritik gestoßen: Über 150 Frauen aus Kultur, Politik und Wirtschaft haben sich in einem offenen Brief an den Justizminister gewandt. Die Initiatorin, Kristina Lunz von The Centre for Feminist Foreign Policy, zeigte sich nach der EU-Entscheidung schwer enttäuscht von Deutschlands Blockade: "Die Vereinheitlichung des Vergewaltigungsstraftatbestandes über die EU hinweg wäre ein so wichtiger, historischer Schritt gewesen und der wurde verpasst."

Die rechtliche Argumentation des Bundesjustizministers kann Lunz nicht nachvollziehen, wie sie im BR24-Interview sagte. Verschiedene Gutachten der EU-Kommission, des EU-Parlaments und die Stellungnahme des Deutschen Juristinnenbundes und von anderen Menschenrechtsorganisationen hätten gezeigt, "dass die EU sehr wohl die Kompetenz dazu hat, auch Vergewaltigungen zu regeln", so Lunz.

Bayerische Europaabgeordnete Noichl: Kritik an Buschmann, Hoffnung für Zukunft

Auch die SPD-Politikerin Maria Noichl aus Bayern bewertet die Blockade des Bundesjustizministers im BR24-Interview als politische Entscheidung, keine rechtliche. Für die Europa-Abgeordnete Noichl habe Buschmann bewiesen, "dass er keinen Mut und keinen politischen Willen hat, das Thema europäisch anzugehen und allen Frauen in der EU denselben Schutz vor Vergewaltigungen zu ermöglichen". Sie ist zwar enttäuscht - verweist aber auf eine 5-Jahres-Überprüfungsklausel in der neuen EU-Richtlinie. Danach soll das Thema nochmals auf den Tisch kommen, "in der Hoffnung, dass die Mitgliedstaaten in der Zwischenzeit ihre Bedenken ablegen werden", so Noichl.

Hoffnung will auch die deutsche Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) verbreiten: Das deutsche Sexualstrafrecht – in dem die "Nein heißt Nein"-Lösung verankert ist – soll überprüft werden. Paus verspricht: Die Evaluation solle noch in dieser Legislaturperiode starten.

Im Video vom 06.02.24: Geplante EU-Richtlinie zu Gewalt gegen Frauen

Geplantes EU-Richtlinie zu Gewalt gegen Frauen
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Geplantes EU-Richtlinie zu Gewalt gegen Frauen

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