Das Oberlandesgericht Wien hat Sebastian Kurz im Berufungsverfahren freigesprochen. Der frühere österreichische Bundeskanzler (ÖVP) war wegen Falschaussage im Zusammenhang mit der sogenannten Ibiza-Affäre verurteilt worden. Kurz war im Februar 2024 zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der 38-Jährige hatte Berufung eingelegt und seine Unschuld beteuert.
Darum ging es im Prozess gegen Kurz
"Mein Ziel war, dort auf keinen Fall etwas Falsches zu sagen", sagte Kurz am Montag im Gericht und nahm dabei Bezug auf seine Aussage im Untersuchungsausschuss zu der Affäre. Bereits vor der Verhandlung hatte er erklärt, er habe in dem Ausschuss "alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet".
Der Freispruch erfolgte nun wegen "Nichtigkeit", so der Richter. Es ging um vermutete Einflussnahme bei der Besetzung eines lukrativen Chefpostens der Staatsholding ÖBAG durch den Kurz-Vertrauten und heutigen Kronzeugen gegen Kurz, Thomas Schmid. Nach Auffassung der ersten Instanz hatte er dabei seinen maßgeblichen Einfluss heruntergespielt.
"Ja", da sei er "informiert, aber nicht involviert" gewesen, so der damalige Bundeskanzler vor dem Ausschuss. Dieses "Ja" sei richtig gewesen. Der Vorwurf, Kurz habe falsch oder absichtlich unvollständig geantwortet, deshalb laut Gericht nichtig, also: nicht strafbar. Kurz habe ja weiter befragt werden können. Der Freispruch gilt nur für den Ex-Kanzler. Nicht für seinen mitangeklagten Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli. Da bleibt es bei den sechs Monaten Bewährungsstrafe.
Die Ibiza-Affäre hatte in Österreich die erste Regierung Kurz zu Fall gebracht. Ein heimlich auf der spanischen Insel Ibiza gedrehtes Video hatte gezeigt, wie der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der rechtspopulistischen FPÖ vor der Parlamentswahl 2017 einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte im Gegenzug für Wahlhilfe Staatsaufträge in Aussicht stellte. Es folgten Ermittlungen gegen mehrere österreichische Politiker.
Mutmaßliche Korruption: Weiteres Verfahren gegen Kurz läuft
Kurz wurde in Österreich und auch im Ausland lange Zeit für seinen steilen Aufstieg in der Politik bejubelt und als "Wunderkind" der europäischen Konservativen bezeichnet. 2017 wurde er im Alter von 31 Jahren der jüngste Regierungschef weltweit. 2021 stieg Kurz aus der Politik aus und wechselte in die Privatwirtschaft.
Sebastian Kurz steht noch ein weiterer Strafprozess bevor, mit schwerwiegenderen Anschuldigungen, unter anderem geht es um mutmaßliche Korruption. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Kurz öffentliche Gelder veruntreut hat, um verfälschte Umfragen zu finanzieren, die sein Image aufpolieren sollten, und um für eine positive Berichterstattung in den Medien zu bezahlen.
Mit Informationen von AFP und dpa
Im Video: Richter kassieren Urteil gegen Ex-Kanzler Kurz
Im Video: Richter kassieren Urteil gegen Ex-Kanzler Kurz
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