Der Bundestag hat Friedrich Merz im zweiten Wahlgang zum neuen Bundeskanzler gewählt. Für Merz stimmten in der geheimen Abstimmung 325 Abgeordnete. 289 Abgeordnete stimmten gegen den CDU-Politiker. Um gewählt zu werden, waren mindestens 316 Stimmen nötig. Union und SPD, die gemeinsam die schwarz-rote Koalition bilden, kommen zusammen auf 328 Abgeordnete.
Merz: "Ich nehme die Wahl an"
"Ich bedanke mich für das Vertrauen und ich nehme die Wahl an", sagte Merz auf eine entsprechende Frage von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU). Zu den ersten Gratulanten am Dienstagnachmittag gehörte der scheidende Kanzler Olaf Scholz (SPD).
Im Anschluss fuhr Merz ins Schloss Bellevue, wo ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Bundeskanzler ernannte. "Herr Bundeskanzler, mit leichter Verspätung, aber umso herzlicher, einen Glückwunsch zur Wahl und von mir aus gutes Gelingen für alles das, was vor Ihnen liegt", sagte Steinmeier. Danach sprach Merz, wiederum im Bundestag, den Amtseid.
Im ersten Wahlgang noch keine Mehrheit für Merz
Im ersten Wahlgang am Dienstagmorgen war Merz noch überraschend gescheitert. Mindestens 18 Abgeordnete seiner Koalition hatten nicht für den CDU-Politiker gestimmt. Das war in der Geschichte der Bundesrepublik ein Novum: Noch nie war nach einer Bundestagswahl und erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein designierter Kanzler bei der Wahl im Bundestag durchgefallen.
Danach war zunächst unklar, wann es einen zweiten Wahlgang geben würde. Laut SPD-Chef Lars Klingbeil einigten sich die Fraktionen von Union, SPD, Grünen und Linken schließlich darauf, noch am heutigen Dienstag erneut abstimmen zu lassen. Der entsprechende Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung wurde letztlich auch von der AfD unterstützt.
Ernennungsurkunden noch heute im Schloss Bellevue
Damit stand dem Regierungswechsel in Deutschland genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampel-Koalition nichts mehr im Wege. Am frühen Abend wurden im Schloss Bellevue die 17 Bundesministerinnen und Bundesminister vereidigt. Im weiteren Verlauf des Abends sollte um 22 Uhr noch die erste Sitzung des Kabinetts stattfinden.
Dem schwarz-roten Kabinett gehören zehn Männer und acht Frauen an. CDU und SPD stellen jeweils sieben Minister und Ministerinnen, die CSU drei. Vizekanzler und damit zweitmächtigster Mann im Kabinett nach Merz ist der künftige Finanzminister Klingbeil.
Merz ist der insgesamt zehnte Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Union war bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar stärkste Kraft geworden. Merz will die kommenden vier Jahre mit einer Koalition aus CDU/CSU und SPD regieren.
Klingbeil: Kein Nachspiel in SPD-Fraktion
"Es ist ein ehrlicher Tag gewesen", sagte Merz am Abend in der ARD. Am Ende habe es einen Vertrauensbeweis der Koalition gegeben. "Ich habe keinen Zweifel, dass wir in dieser Koalition vertrauensvoll zusammenarbeiten werden."
Klingbeil erklärte, das Scheitern des ersten Wahlgangs bei der Kanzlerwahl werde kein Nachspiel in seiner Fraktion haben. "Wir sollten gar nicht spekulieren, wo die Nein-Stimmen im ersten Wahlgang hergekommen sind", sagte Klingbeil im ZDF. "Es hat im ersten Wahlgang nicht gereicht, das war nicht gut", sagte er. Im zweiten Wahlgang hätten dann aber "alle erkannt, wie groß die Verantwortung ist".
Söder gratuliert: "Neustart für Deutschland"
CSU-Chef Markus Söder gratulierte Merz nach dessen Wahl in einem Video. "Herzlichen Glückwunsch an Friedrich Merz. Auch wenn's etwas länger gedauert hat – am Ende heißt es: Gewonnen – und ein Neustart für Deutschland", sagte Söder. Er gratuliere Merz von Herzen von Seiten der CSU und wünsche ihm "eine glückliche Hand für unser Volk" und Gottes Segen.
Wenige Minuten nach der Ernennung von Merz zum neuen Bundeskanzler gratulierte auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er bestätigte ein Treffen der beiden Politiker am Mittwoch in Paris bestätigt. "Nun ist es an uns, den deutsch-französischen Motor wieder zu stärken", schrieb Macron im Onlinedienst X. Er wolle mit Merz "die europäische Agenda für Souveränität, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit" vorantreiben.
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Video: Friedrich Merz im zweiten Wahlgang zum Kanzler gewählt
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