Symbolbild Scheidung mit Kind
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Immer weniger Scheidungen: Wie viele gab es 2023 in Bayern?

Immer weniger Scheidungen: Wie viele gab es 2023 in Bayern?

Die Zahl der Scheidungen sinkt. Doch jährlich trifft es weiter mehrere Zehntausend Familien. Meist sind die Mütter dann alleinerziehend und armutsgefährdet. Die Zahlen für Bayern stechen aber heraus. Eine Caritas-Beraterin gibt Einblicke.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

2023 wurden in Deutschland weniger Ehen geschieden als im Vorjahr. Es handelt sich um den niedrigsten Stand seit 1990 und den zweitniedrigsten Stand seit 1950. Durch richterlichen Beschluss wurden vergangenes Jahr rund 129.000 Ehen getrennt, das sind 6,1 Prozent oder 8.300 Scheidungen weniger als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt mitteilte

Auch in Bayern ist die Gesamtzahl der Scheidungen und Eheschließungen gesunken. Nachdem es 2022 zu 20.290 Scheidungen gekommen war, waren es 19.727 Scheidungen im Jahr 2023. Je 1.000 Einwohner gab es in Bayern etwas weniger Scheidungen (1,51) als bundesweit (1,56) – jeweils errechnet auf Basis der neuen Bevölkerungszahlen im Zensus 2022.

Grafik: Wo in Bayern die meisten geschiedenen Menschen leben

Warum ist die Zahl der Scheidungen gesunken?

Neben der Zahl der Scheidungen ging auch die Zahl der Eheschließungen 2023 zurück, von bundesweit mehr als 390.000 auf rund 360.000. 2021 war die Zahl der Eheschließungen auf einen coronabedingten Tiefstwert von etwa 357.000 gefallen. In Bayern gab es 65.057 Eheschließungen im Jahr 2022, 2023 waren es dann nur noch 60.549 Eheschließungen.

Psychotherapeut Wolfgang Krüger aus Berlin erklärt gegenüber dpa, Menschen würden mittlerweile oft nur noch heiraten, wenn sie wirklich ineinander verliebt seien und das Gefühl hätten, dass die Ehe gelinge. "Wir haben bei der Ehe vorher eine gewisse Qualitätsauswahl", sagt Krüger. Im Unterschied zu den 60er- und 70er-Jahren müsse oftmals auch nicht mehr aus finanziellen Gründen oder wegen sozialen Drucks geheiratet werden. Zudem sei zu beobachten, dass die "Ehen tatsächlich in den letzten 20 Jahren erheblich besser geworden sind".

Trotzdem hat sich auch 2023 rund ein Drittel der Ehepaare für eine Scheidung entschieden, die Rate ist auf einer ähnlichen Höhe geblieben beziehungsweise minimal angestiegen: In Bayern wuchs der Wert von 31,19 Prozent in 2022 auf 32,58 in 2023, bundesweit von 35,15 Prozent im Jahr 2022 auf 35,74 im Jahr 2023.

Scheidung und Kinder: Bayern hat die wenigsten Ein-Eltern-Familien

Und bei vielen der Trennungen sind Kinder involviert: Etwas mehr als die Hälfte der 2023 geschiedenen Ehepaare (50,8 Prozent) hatte den Angaben zufolge minderjährigen Nachwuchs. Eine Scheidung stellt Familien vor die Frage, wie sie die Kinderbetreuung und -erziehung fortan organisieren. Viele Eltern werden alleinerziehend.

Bei der Anzahl derer, die dieses Modell leben, gibt es regionale Unterschiede. Mit 27,5 Prozent liegt Berlin beim Alleinerziehenden-Anteil an Familien vorn, in Bayern gibt es mit 16,5 Prozent am wenigsten Alleinerziehende. In ganz Deutschland liegt der Anteil der Ein-Eltern-Familien bei 19,9 Prozent von insgesamt 8,5 Millionen Familien, erklärte die Bertelsmann-Stiftung kürzlich auf Basis einer neuen Studie [externer Link].

In den meisten Fällen leben die Kinder nach einer Scheidung bei der Mutter. Der Anteil der alleinerziehenden Männer in Bayern liegt mit 18,7 Prozent über dem deutschlandweiten Durchschnitt von 17,7.

Caritas-Beraterin: Viele Hilfesuchende haben Schulden

Das berichtet auch Svitlana Kraft, Beraterin im Caritas-Zentrum Miesbach. Dort gibt es Hilfestellung für verschiedene Krisensituationen, etwa Trennung und Scheidung, aber auch Schulden. "Das Modell, dass die Kinder bei der Mutter bleiben und der Vater Unterhalt zahlt, ist häufig. Es gab ein paar Fälle in der Beratung, bei denen die Kinder beim Vater leben, aber das erleben wir wirklich selten", sagt die Sozialpädagogin.

Ein weiteres Thema, das in der Beratung immer wieder aufkomme, sei die Wohnungssuche. Meist stünden lediglich die Männer im Mietvertrag oder seien Eigentümer, sodass die Frauen dann mit den Kindern eine neue Bleibe suchen müssen. "Gerade an Orten wie München ist es schwer, eine Wohnung zu finden. Viele Frauen beziehen Bürgergeld oder Wohngeld. Dann muss die Miete der Wohnung angemessen sein", berichtet Kraft, die zuvor in einem Caritas-Zentrum im Landkreis München gearbeitet hat. Das schränkt die Zahl der infrage kommenden Wohnungen weiter ein.

Kraft schätzt, dass etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen, die zur Trennungs-Beratung kommen, zusätzlich eine Schuldnerberatung der Caritas in Anspruch nehmen. Oft seien die finanziellen Probleme nach der Scheidung entstanden, manchmal habe es aber schon finanzielle Probleme gegeben, bevor die Ehe in die Brüche ging, berichtet die Sozialpädagogin. Auch unverheiratete Paare nutzen das Beratungsangebot, die meisten seien aber Eheleute.

Armutsgefährdung von Alleinerziehenden: Wert in Bayern am niedrigsten

Zahlen der Bertelsmann-Studie zeigen: Alleinerziehende sind am stärksten durch Armut gefährdet. Für alleinerziehende Mütter sei das Armutsrisiko höher als bei den Vätern. Armutsgefährdung beziehungsweise sogenannte "relative Einkommensarmut" bedeutet, dass eine Person weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte zur Verfügung hat.

Deutschlandweit beträgt die Armutsgefährdungsquote von Alleinerziehenden 41. Zum Vergleich: Bei den Paar-Familien galten je nach Anzahl der Kinder zwischen 8 Prozent (ein Kind) und 30 Prozent (mindestens drei Kinder) als armutsgefährdet. In Bayern ist die Armutsgefährdung von Alleinerziehenden mit einer Quote von 31,6 bundesweit am geringsten. Generell ist die Armutsgefährdungsquote in Bayern verhältnismäßig niedrig [externer Link] und auch Arbeitslosigkeit gibt es im Freistaat weniger als in anderen Bundesländern [externer Link]. Zudem vermutet Kraft, dass in Bayern das Beratungs- und Unterstützungsangebot im Vergleich zu manchen anderen Bundesländern besser ist, was Betroffenen helfen kann, ihre finanzielle Situation zu verbessern.

Verbände fordern angesichts der Bertelsmann-Studie mehr Unterstützung und wiesen vor allem auf die leidtragenden Kinder hin. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur, es sei entscheidend, angegangene Projekte der Ampel-Regierung wie die Kindergrundsicherung voranzubringen. Die geplante Kindergrundsicherung in ihrem aktuellen Gesetzentwurf sei aber unzureichend, um Armut wirksam entgegenzuwirken, kritisierte die Familienexpertin der Bertelsmann Stiftung, Anette Stein. "Was jetzt auf dem Tisch liegt, kann das Problem nicht lösen."

Mit Informationen von dpa, KNA, epd und afp

Zum Hören: Armut trifft Alleinerziehende am stärksten

Kind schaukelt, man sieht seinen Schatten und den einer erwachsenen Person
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Alleinerziehend sein ist in Deutschland immer noch ein Armutsrisiko.

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