Menschen schauen in Beirut auf Rauchschwaden nach israelischen Angriffen.
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"Schwere Gefechte" - Israel startet Bodenoffensive im Libanon

"Schwere Gefechte" - Israel startet Bodenoffensive im Libanon

Israel hat mit einem "begrenzten und gezielten" Bodeneinsatz im Libanon begonnen. Die Ziele befänden sich in grenznahen Dörfern, so das Militär. Es gebe "schwere Gefechte". Gemeldet werden aber auch Angriffe auf Beirut und Damaskus – und viele Tote.

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Israel greift die Hisbollah im Libanon nun auch mit Bodentruppen an. Es handle sich um "gezielte" Operationen gegen die Hisbollah im Südlibanon, teilte Isreal auf der Plattform X mit. Die Bodentruppen würden durch Luftwaffe und Artillerie unterstützt. Bewohner sprachen laut Reuters von Hubschraubern und Drohnen am Himmel.

"Schwere Gefechte" im Süden des Libanon

Der Einsatz richtet sich laut Israel gegen Dörfer nahe der israelischen Grenze. Die Ziele stellten eine unmittelbare Gefahr für israelische Gemeinden im Norden Israels dar, erklärte das Militär. Inzwischen werden "schwere Gefechte" im Süden des Libanon gemeldet. Die erste Bodenoffensive seit dem letzten Libanon-Krieg 2006 hat den Codenamen "Pfeile des Nordens".

Israelische Angriffe auch auf Beirut und Damaskus

Die von Luftangriffen und Artillerie unterstützten Angriffe richteten sich "gegen terroristische Ziele und Infrastrukturen der Hisbollah", so die israelische Armee. Die israelische Luftwaffe griff nach Militärangaben mehrere Waffenfabriken und Infrastruktur der Hisbollah in einem südlichen Vorort von Beirut an. Die Angriffe seien mithilfe von Geheimdiensthinweisen erfolgt, hieß es. Es seien Schritte unternommen worden, um möglichen Schaden an Zivilisten zu verringern. Es gab zunächst keine Berichte über Opfer bei den Angriffen, die schon am späten Montagabend erfolgten, so die Armee.

Mehr als 100 Tote innerhalb von 24 Stunden

Nach libanesischen Angaben kamen innerhalb von 24 Stunden fast 100 Menschen im Land ums Leben. Augenzeugen berichteten zudem von massiven Schäden in dem betroffenen Wohngebiet Haret Hreik in Beirut. Mehrere Gebäude seien dem Erdboden gleich gemacht worden. Straßen seien unter Schutt begraben worden.

Bei einem israelischen Angriff auf das palästinensische Flüchtlingscamp Ain al-Hilwah nahe der libanesischen Küstenstadt Sidon wurden nach Angaben aus dem Libanon sechs Menschen getötet. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, der Angriff habe dem palästinensischen Kommandeur, Munir Al-Makdah, gegolten. Er habe den Angriff allerdings überlebt. Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht.

Staatsmedien im Nachbarland Syrien berichteten ihrerseits von israelischen Angriffen nahe Damaskus. Laut staatlichen Medien wurden dabei drei Zivilisten getötet und neun Menschen verletzt.

"Dringende Warnung an die Bewohner des Süd-Libanon"

Die israelische Armee warnte Libanesen davor, in den Süden des Libanons zu fahren. Der Armeesprecher veröffentlichte in arabischer Sprache bei X eine "dringende Warnung an die Bewohner des Süd-Libanon". Es komme im südlichen Abschnitt des Landes "zu intensiven Kämpfen, bei denen Hisbollah-Mitglieder das zivile Umfeld und die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde für Angriffe ausnutzen". 

Hisbollah widerspricht Meldungen

Der Leiter des Pressebüros der Hisbollah, Mohammad Afif, erklärt in einer schriftlichen Stellungnahme an Reuters dagegen, es seien keine israelischen Truppen auf libanesisches Territorium vorgedrungen. Die Hisbollah habe sich keine "direkten Bodenkämpfe" mit israelischen Soldaten geliefert. Sie sei aber darauf vorbereitet. Afif fügt hinzu, dass die Hisbollah-Angriffe auf Tel Aviv nur ein Anfang seien.

Die unterschiedlichen Angaben beider Seiten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Unifil ruft Israel zum Ende von Bodenseinsatz auf

Die UN-Beobachtermission im Libanon (Unifil) teilt mit, dass die Blauhelme trotz der jüngsten Entwicklungen im Libanon in Stellung blieben. Unifil rief alle Konfliktbeteiligten dazu auf, von eskalierenden Aktionen Abstand zu nehmen. Die Mission verweist darauf, dass ein Vorstoß in den Libanon "eine Verletzung der libanesischen Souveränität und territorialen Integrität sowie einen Verstoß gegen die Resolution 1701 (des UN-Sicherheitsrats)" darstelle.

Der Beschluss 1701 wurde wegen des einmonatigen Kriegs zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 verabschiedet. Darin wird unter anderem ein vollständiger Rückzug aller israelischen Truppen aus dem Süden des Libanon gefordert und dass sich in dem Gebiet außer der libanesischen Armee und der UN-Friedenstruppe keine anderen bewaffneten Gruppen aufhalten dürfen.

Geschosse auf den Norden Israels

Nach Beginn der Bodeneinsätze wurden mehrere Geschosse aus dem Libanon auf den Norden Israels abgefeuert. Einige der Geschosse seien abgefangen worden, andere in unbewohnten Gebieten abgestürzt, so das israelische Militär. In den Gegenden um die Ortschaften Metula und Avivim war Luftalarm ausgelöst worden.

Die Hisbollah erklärte, sie habe zweimal israelische Soldaten in Metula angegriffen. Die Ortschaft Metula liegt an der Demarkationslinie zwischen Israel und dem Libanon.

Raketenalarm im Großraum Tel Aviv

Auch im Großraum Tel Aviv gab es am Vormittag erneut Raketenalarm. Es war eine dumpfe Explosion im Stadtzentrum zu hören, wie Einwohner berichteten. Die israelische Armee teilte mit, Auslöser des Alarms seien Geschosse aus dem Libanon gewesen. Auch in den Vorstädten Herzlija und Ramat Gan habe es Luftalarm gegeben. Es gab zunächst keine Berichte zu Verletzten.

USA wurden von Israel über Einsatze informiert

Das Pentagon erklärte am Abend, seine militärischen Fähigkeiten im Nahen Osten angesichts der aktuellen Lage entsprechend auszurichten. "Wir haben die Einsatzbereitschaft zusätzlicher US-Kräfte erhöht, um auf verschiedene Eventualitäten zu reagieren", sagte Sprecherin Sabrina Singh. Demnach würden bereits im Nahen Osten stationierte Truppen länger im Einsatz bleiben. Ursprünglich zu deren Ersatz vorgesehene Truppen würden zur weiteren Verstärkung hinzugezogen. Es gehe insbesondere um die Verteidigung aus der Luft.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach nach Angaben des Pentagon mit seinem israelischen Amtskollegen Joaw Gallant. Man sei sich einig gewesen, dass "die Angriffsinfrastruktur" entlang der libanesischen Seite der Grenze beseitigt werden müsse. Dadurch sollten Anschläge der Hisbollah im Stil der Angriffe verhindert werden, die die palästinensische Hamas am 7. Oktober 2023 verübt habe.

Eine Million Menschen sind auf der Flucht

Seit Oktober 2023 seien schätzungsweise eine Million Menschen durch die Auseinandersetzungen zwischen der Hisbollah und Israel vertrieben oder anderweitig in Mitleidenschaft gezogen worden, berichtete das UN-Nothilfebüro OCHA. Alleine in den vergangenen zwei Wochen seien mindestens 1.000 Menschen getötet worden. Hunderttausende befänden sich auf der Flucht.

Mit Information von dpa, Reuters und AFP

Im Video: Israel startet Bodenoffensive im Libanon

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