Die Jugendämter in Deutschland haben für das vergangene Jahr 72.800 Fälle festgestellt, in denen das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen gefährdet war – so viele wie noch nie. Entsprechende Daten hat das Statistische Bundesamt veröffentlicht. Konkret geht es dabei um Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt.
In den vergangenen fünf Jahren ist damit die Anzahl der festgehaltenen Kindeswohlgefährdungen um fast ein Drittel gestiegen. Auch gegenüber dem Vorjahr – also dem Jahr 2023 – sind es deutlich mehr Fälle. Insgesamt mussten die Jugendämter fast 240.000 Verdachtsfälle prüfen.
Kindeswohlgefährdung meist durch Vernachlässigung
In den meisten Fällen von Kindeswohlgefährdung hatten die Behörden Anzeichen von Vernachlässigung festgestellt (58 Prozent). In 37 Prozent fanden sie Hinweise auf psychische Misshandlungen. In weiteren 28 Prozent der Fälle gab es Indizien für körperliche Misshandlungen und in 6 Prozent für sexuelle Gewalt.
Die Kindeswohlgefährdung ging in 75 Prozent aller Fälle von einem Elternteil aus. Nur bei vier Prozent war es ein neuer Partner und in sechs Prozent andere Personen wie Verwandte, Pflegeeltern, Trainer oder Erzieher.
Meist kam der Hinweis auf eine Kindeswohlgefährdung von der Polizei oder der Justiz. Danach folgte das Umfeld – also beispielsweise Verwandte oder Nachbarn – und Institutionen wie die Schule. Nur in zwei Prozent der Fälle kam der Hinweis von den Minderjährigen selbst und in sieben Prozent von den Eltern.
Durchschnittsalter der gefährdeten Kinder etwas über acht Jahre
Mehr als jedes zweite von einer Kindeswohlgefährdung betroffene Kind war nach Angaben des Statistischen Bundesamts jünger als 9, jedes dritte (33 Prozent) sogar jünger als 6. Im Schnitt habe das Alter bei 8,3 Jahren gelegen.
Die meisten betroffenen Minderjährigen lebten bei beiden Eltern gemeinsam (38 Prozent) oder bei einem alleinerziehenden Elternteil (37 Prozent). 14 Prozent lebten bei einem Elternteil in neuer Partnerschaft und 10 Prozent in einem Heim, bei Verwandten oder an einem anderen Ort. In knapp jedem dritten Fall sei mindestens ein Elternteil im Ausland geboren und die Familiensprache nicht Deutsch, heißt es.
Um die Gefährdungssituation zu beenden, seien in 91 Prozent der Fälle im Anschluss eine Hilfe oder Schutzmaßnahme vereinbart worden. Dazu hätten die Jugendämter in 18 Prozent der Kindeswohlgefährdungen Familiengerichte angerufen. Diese werden zum Beispiel dann eingeschaltet, wenn die Eltern nicht bereit oder in der Lage sind, die Gefahr für das Kind abzuwenden, etwa weil sie angebotene Hilfen ablehnen.
Mit Informationen von KNA, dpa und AFP
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