Vor einem Jahr wurde zum 1. April 2024 der Konsum von Cannabis unter bestimmten Bedingungen bundesweit legalisiert. Zwei Monate später, ab 1. Juli, durften sogenannte Cannabisclubs einen Antrag auf nicht kommerziellen Anbau in ihrem jeweiligen Bundesland stellen.
Cannabis-Clubs: "Erlaubnisse wurden noch nicht erteilt"
Bisher ist in Bayern keine einzige nicht-kommerzielle Anbauvereinigung für Cannabis genehmigt worden. Bislang seien beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 37 Anträge auf eine Erlaubnis eingegangen, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Davon seien acht Anträge wieder zurückgenommen worden; ein Antrag wurde abgelehnt. 28 Anträge werden noch geprüft. "Erlaubnisse wurden noch nicht erteilt."
Während in Bayern noch keine Anbauvereinigung erlaubt wurde, gab es bis Dezember in anderen Bundesländern 83 Genehmigungen für Cannabis-Clubs – vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Bayern bleibt bei seiner harten Linie
Die Staatsregierung hat die Teillegalisierung stets kritisiert und versucht, mit strengen Regeln einzuschränken. "Die Legalisierung von Cannabis zu Konsumzwecken ist und bleibt ein schwerer Fehler", sagt Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). "Mit Blick auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie die Suchtprävention halte ich sie für unverantwortlich." Bayern setze sich dafür ein, dass die Legalisierung vollständig zurückgenommen werde. Die Freigabe von Cannabis zum Eigenkonsum gefährde massiv die Gesundheit der Menschen und belaste Polizei und Justiz "unerträglich", so Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Rauschgiftkriminalität signifikant zurückgegangen
In der bayerischen Kriminalitätsstatistik ist die Zahl der Fälle von Rauschgiftkriminalität nach der Teillegalisierung massiv zurückgegangen – bei Cannabis gab es sogar ein Minus von fast 56 Prozent. Eine Entlastung für die Polizei bedeute das aber nicht: "Durch das Cannabisgesetz entstehen für die Polizei zusätzliche Kontroll- und Überwachungsaufgaben. Es erschwert auch die Bekämpfung von Kriminalität erheblich", sagte Herrmann. Das sieht auch die Münchner Polizei so: "In Bezug auf die Legalisierung von Cannabis hat sich die Anzahl der Einsätze nicht signifikant verändert", sagte eine Sprecherin der Münchner Polizei. Bei Kontrollen in Bezug auf Handel mit Cannabis sei es für die Polizei seit der Legalisierung schwerer geworden, entsprechende Nachweise zu führen.
Psychiater: Teillegalisierung von Cannabis "problematisch"
Aus psychiatrischer Sicht ist die Teillegalisierung von Cannabis problematisch. "Ich erlebe in meiner Ambulanz genau den Effekt, den ich befürchtet hatte: Dass viele Patientinnen und Patienten, die sowieso schon betroffen sind, in den letzten Monaten eine Zunahme des Substanzkonsums angeben", sagte Stefan Gutwinski, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité. "Die Gesetzeslage macht es mir als Psychiater jetzt schwerer, würde ich sagen."
Wissenschaftler hatten davor gewarnt, dass durch die Teillegalisierung die Zahl der Psychosen steigen werde. Aus Gutwinskis Sicht lohnt sich der Blick nach Kanada, wo Cannabis schon länger legalisiert ist und wo systematisch Daten auch zur Zahl der Psychosen erfasst würden. "Da sind die Daten sehr eindeutig, dass die Zahlen der Psychosen und der Vergiftungen und des Konsums vor allem unter Jugendlichen zunehmen", sagte Gutwinski. "Aus psychiatrischer Perspektive ist der Einführung von Cannabis insgesamt kaum etwas Positives abzugewinnen, weil es einfach eine schädliche Substanz ist, die Jugendliche und viele unserer Patienten und Patientinnen schädigt."
Mit Informationen von dpa
Dieser Artikel ist erstmals am 25. März 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Im Video: Ein Jahr Legalisierung von Cannabis
Ein Jahr Legalisierung von Cannabis
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