Kinder und Jugendliche in der Krise
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Kinder und Jugendliche in der Krise – und keiner schaut hin

Kinder und Jugendliche in der Krise – und keiner schaut hin

Immer mehr Kinder und Jugendliche haben Angststörungen, Depressionen oder verletzen sich selbst. Laut Deutschem Schulbarometer bewertete jeder Vierte seine Lebensqualität als gering. Die Bundesschülerkonferenz fordert die Politik nun zum Handeln auf.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio Infoblock am .

Stellen wir uns eine normale Klasse vor, mit 25 Schülerinnen und Schülern. Darin sitzt vielleicht eine Person, die an einer Depression erkrankt ist, eine andere Person wird gemobbt und eine Weitere muss aufgrund einer Angststörung alle zehn Minuten aus dem Unterricht raus. Leider ist das keine Ausnahme-Klasse. Darauf hat die Bundesschülerkonferenz vergangene Woche aufmerksam gemacht.

Mentale Gesundheit ist nicht nur ein privates Problem

Dem Sprecher der Bundesschülerkonferenz, Quentin Gärtner zufolge, stecken wir mittendrin in einer Krise der mentalen Gesundheit junger Menschen. Das habe nicht nur für die einzelne Schülerin oder den einzelnen Schüler Konsequenzen, sondern werde in Kürze auch massive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.

Um von der Politik gehört zu werden, haben sich die Schülerinnen und Schüler Unterstützung geholt. Prof. Dr. Michael Hüther ist Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft und auch er sagt: Die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entwickeln sich mit unter 15 Jahren. Werden sie nicht behandelt, können sie sich über weitere Lebensabschnitte ziehen.

Das sieht auch das Bundesfamilienministerium: Bereits während der Corona-Pandemie seien Studien dazu erstellt worden. Man sei sich bewusst, dass psychische und psychosoziale Belastungen junger Menschen gesellschaftliche Folgekosten nach sich ziehen könnten.

Belastungen für die Wirtschaft

Auch Michael Hüther hält die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen für relevant für die Wirtschaft. Es gebe ohnehin zu wenig junge Menschen, um den Bedarf auf dem Arbeitsmarkt zu decken. Durch psychische Probleme komme es in der Schule zu mehr Fehltagen und Schulabbrüchen, die Probleme würden sich auch Jahre später noch auf den Erfolg im Studium oder am Arbeitsplatz auswirken.

Auch etliche Krankenkassen und Verbände unterstützen die Bundesschülerkonferenz: etwa die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, mehrere Lehrerverbände und Bündnisse aus dem Gesundheitsbereich.

Was gegen die mentale Krise getan werden könnte

Die Bundesschülerkonferenz hat einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt: Was ist nötig, damit der Großteil der Schülerinnen und Schüler zu gesunden und resistenten Menschen wird. Unter anderem: mehr Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen und das Thema "mentale Gesundheit" im Unterricht.

Wichtiger Lehrinhalt wäre demnach auch "Medienkompetenz". Wer bis in die Nacht am Handy spiele, dem fehle eine Strategie, gut für sich zu sorgen. Um Mobbing und Diskriminierung vorzubeugen, fordert die Bundesschülerkonferenz außerdem verbindliche Schutzkonzepte.

Schulräume haben Einfluss auf das Wohlbefinden

Wer sich gemobbt oder gestresst fühlt, braucht laut Quentin Gärtner mal kurz einen ruhigen Ort, um durchzuatmen. "Und wenn wir mal dran denken, wie die Schultoiletten aussehen …" - Die Gebäude könnten ihm zufolge genauso gut Krankenhäuser oder Kasernen sein. Derweil bräuchten Kinder und Jugendliche eine schöne Umgebung, um kreativ sein und Wissen behalten zu können.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind laut Bundesschülerkonferenz die Lehrkräfte: Studien hätten gezeigt, dass sich 78 Prozent von Kindern und Jugendlichen mit mentalen Problemen überlastet fühlten. Sie bräuchten Schulungen – denn auch ihnen breche die aktuelle Situation das Herz, sagt Quentin Gärtner.

Unterstützung kommt auch aus Teilen der Opposition

Nicole Gohlke ist Sprecherin für Bildung und Wissenschaft für die Linke. Auch sie fordert mehr Geld, um ein modernes Bildungssystem mit mehr Fachpersonal und multiprofessionellen Teams zu finanzieren. Auch sie wünscht sich für die jungen Menschen eine schöne Lernumgebung in sanierten Schulgebäuden.

Anja Reinalter, Sprecherin für Bildung bei den Grünen, sagt: "Die mentale Gesundheit junger Menschen ist kein Nice-to-have – sie ist Grundvoraussetzung für Bildung, Entwicklung und Zukunft." Andernfalls könnte die Gesellschaft genau die jungen Menschen verlieren, die sie morgen als Fachkräfte so dringend brauche.

Aus dem Familienministerium heißt es auf Anfrage: Die Strategie "Mentale Gesundheit für junge Menschen" werde derzeit erarbeitet. 2026 sollen erste Schritte und Maßnahmen erreicht werden.

Im Video: Bundesschülerkonferenz fordert Politik zum Handeln auf

Ayush Yadav, stellvertretender Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz
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Ayush Yadav, stellvertretender Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz

Dieser Artikel ist erstmals am 30. Oktober 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Dieser Artikel ist erstmals am 29.6.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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