Bei der Stichwahl um das polnische Präsidentenamt liegt der rechtskonservative Kandidat Karol Nawrocki nach jüngsten Prognosen vor seinem liberalen Rivalen Rafal Trzaskowski. Auf den EU-Skeptiker Nawrocki entfielen laut den Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos vom frühen Montagmorgen 51 Prozent der Stimmen, der Pro-Europäer Trzaskowski kam auf 49 Prozent. Angesichts des knappen Vorsprungs ist das Wahlergebnis weiterhin offen. Die Wahlbeteiligung lag bei 71,7 Prozent - gut drei Prozentpunkte höher als bei der vorherigen Wahl vor fünf Jahren.
Welchen Kurs schlägt Polen ein?
Der Ausgang der Wahl wird nach Einschätzung von Beobachtern mit darüber entscheiden, ob Polen seinen Platz in der Europäischen Union festigen wird oder sich eher einem Nationalismus im Stil von US-Präsident Donald Trump zuwendet. In Polen ist der Präsident Oberbefehlshaber der Streitkräfte und kann auch Gesetze per Veto blockieren.
Im ersten Wahlgang Mitte Mai hatte keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit von mindestens 50 Prozent erreicht. Hinzu kommt, dass die in der ersten Runde ausgeschiedenen Kandidaten teils große Stimmanteile für sich verbucht hatten; so kam der rechtsextreme Unternehmer und Multimillionär Slawomir Mentzen, der sich strikt gegen Abtreibungen und Migranten wendet, auf 14,8 Prozent. Für die Stichwahl galt als entscheidend, welcher Kandidat seine Wähler am besten mobilisieren und Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten auf seine Seite ziehen konnte.
Liberaler Trzaskowski gegen rechtskonservativen Nawrocki
Trzaskowski, ein ehemaliger Minister und EU-Abgeordneter, gehört wie Tusk der liberalkonservativen Bürgerplattform an. Der überzeugte Europäer will das Abtreibungsverbot in dem katholischen Land lockern und setzt sich für die Rechte sexueller Minderheiten ein. "Ich werde ein Präsident sein, der verbindet und bereit ist, mit allen zu reden", versprach Trzaskowski kürzlich.
Der 42-jährige Nawrocki ist ein politischer Neuling, der gegen ukrainische Flüchtlinge und Migranten sowie eine Euro-Einführung zu Felde zieht. Den etwa eine Million ukrainischen Flüchtlingen in seinem Land wirft er vor, sich an Polen zu bereichern. Auch einen Nato-Beitritt der Ukraine lehnt der Bewunderer von US-Präsident Trump ab. Bisher ist die Regierung in Warschau einer der engsten Verbündeten Kiews.
Der Präsident hat in Polen mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland: Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, bestimmt die Außenpolitik mit und hat das Recht, Gesetze einzubringen oder sein Veto gegen sie einzulegen.
Mit Informationen von Reuters und dpa
Im Video: Präsidentschaftswahl in Polen
In Polen sind 29 Millionen Menschen zur Stichwahl um das Präsidentenamt aufgerufen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!