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Seit dem Ende April steht die elektronische Patientenakte ePA allen Versicherten und Leistungserbringern in Deutschland zur Verfügung. Das kann Ärzten Diagnose, und Therapie erleichtern. Die ePA kommt automatisch, wenn Patienten nicht explizit widersprechen. Das nennt man Opt-Out-Verfahren. Doch nicht nur über diese Regelung wird diskutiert, sondern auch über die Sicherheit der Daten und die derzeitige Ausgestaltung.
Zu wenig Differenzierungsmöglichkeiten
Bei der ePA haben Patienten die Möglichkeit, einzelne Befunde aus der Akte herauszunehmen. Zudem können sie sich entscheiden, welche Arztpraxis Zugriff bekommt und welche nicht. Doch das geht Patientenschützern und BR24-Usern nicht weit genug. So schreibt "Codedoc": “Die ePA war mal richtig gut und durchdacht. Leider hat man im Zuge der Verpflichtung massiv sinnvolle Features rausgenommen und Datenzugriffs-Features eingebaut, sodass die neue EPA-Version nur noch ein Schatten ist von dem, wie sie mal gedacht war.”
So wäre es nach Ansicht der Kritiker besser, wenn man die Möglichkeit hätte, wenn einzelne Befunde nur bestimmte Ärzte einsehen können. Doch das geht eben nicht. Man kann nur generell Befunde streichen, allerdings auch nur, wenn man die ePA-App installiert hat und über das notwendige Fachwissen verfügt. Was geht aber einen Zahnarzt der urologische Befund eines Patienten an? Zwar kann man dem Zahnarzt Zugriffsrechte auf die Patientenakte verweigern, allerdings sieht er dann auch nicht mehr die für ihn möglicherweise notwendigen zahnärztlichen Befunde. Eine spezifische Freigabe ist nicht möglich.
Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) heißt es auf BR24-Anfrage, mit Einführung der "ePA für alle" sei das "feingranulare Berechtigungsmanagement", das es früher in der ePA gab, zum Großteil verworfen worden. Es wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass man vor dem Zahnarzt-Besuch Einträge von anderen Fachärzten verbergen könnte. Nach dem Termin könnte man sie dann wieder freischalten und gleichzeitig die Zugriffsdauer für den Zahnarzt reduzieren. Das sei aber schon aufwändig für den Versicherten, heißt es bei der KVB.
Kritik am Bundesgesundheitsministerium
Patientenschützer werfen dem Bundesgesundheitsministerium nun vor, dass Patienten in die Irre geführt würden. So steht auf der Internetseite des Ministeriums [externer Link] nach wie vor unter der Rubrik "Zugriffsrechte" unter dem Unterpunkt: Wer genau hat Zugriff auf die ePA? "Darüber hinaus können Versicherte über die ePA-App entscheiden, wer auf welche Daten in der ePA zugreifen darf." Doch genau das könnten Patienten eben nicht, so unter anderem die Kritik vom BR24-User "Eudialyt": "Ich denke nicht, dass das egal ist, gerade bei psychischen Erkrankungen. Das muss jeder für sich entscheiden. Genau das mit dem Sperren einzelner Informationen klappt eben nicht oder nicht mehr. An für sich eine sinnvolle Sache, aber nicht ausgereift."
Und BR24-User "ThreeOfSeven" ergänzt: "Die Möglichkeit gab es mal, das war allerdings zu Zeiten, wo man sich selbst darum kümmern musste, die ePA zu bekommen. Als es darauf zuging, dass alle die ePA bekommen, gab es eine neue App-Version, ab da es nicht mehr funktionierte."
Die technische Einführung der ePA wird von der Gematik GmbH gemanaget. 51 Prozent der Anteile hält das Bundesgesundheitsministerium. Auf BR24-Anfrage teilt eine Pressesprecherin mit, das "feingranulare Berechtigungsmanagement" bei der "alten ePA" habe auf Grundlage der damaligen Gesetzgebung basiert. Die Regelungen zur neuen, jetzt aktuellen ePA seien mit dem Digitalgesetz festgelegt worden. Dementsprechend unterscheiden sich die Anforderungen der "alten" und "neuen" ePA, wie es zur Begründung heißt. Und es gibt noch einen weiteren Punkt, wo eine Differenzierung eigentlich wünschenswert wäre. So kann zwar eine Arztpraxis von der ePA-Nutzung ausgeschlossen werden – einzelne Ärztinnen bzw. einzelne Ärzte, die in der Arztpraxis tätig sind, jedoch nicht, wie die Gematik mitteilt. Das heißt, alle Mediziner einer Praxis haben Zugriff auf die Akte, wenn man dort Patient ist.
Trotz mehrfacher BR24-Nachfrage gibt es bislang keine konkrete Antwort vom Bundesgesundheitsministerium, warum es nicht möglich ist, einzelne Befunde für einzelne Einrichtungen zu "verschatten" und ob vielleicht darüber nachgedacht wird, das System nachzuschärfen. Möglicherweise wird das nun eine der Aufgaben neuen Bundesregierung werden.
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