Behördenschild vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz
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Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD auf Bundesebene als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

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Verfassungsschutz: AfD gesichert rechtsextremistisch

Verfassungsschutz: AfD gesichert rechtsextremistisch

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD auf Bundesebene als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Der Verdacht, dass die Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge, habe sich bestätigt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Bisher galt die Alternative für Deutschland (AfD) auf Bundesebene als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Nur die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt wurden von den Behörden als erwiesen rechtsextremistisch bewertet. Nun hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die gesamte Partei als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft. Damit verschärft die Behörde ihre Bewertung der AfD noch einmal deutlich.

Die Anhaltspunkte hätten sich verdichtet, teilte das Bundesamt in Köln mit: Nach Einschätzung der Verfassungsschützer ist erwiesen, dass die AfD rechtsextremistisch und gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet ist. Grund sei "die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der Gesamtpartei".

Verfassungsschutz legt mehr als 1.000-seitiges Gutachten vor

Zu diesem Schluss komme die Behörde "nach intensiver und umfassender gutachterlicher Prüfung". Grundlage dafür ist eine umfangreiche Materialsammlung. Auf mehr als 1.000 Seiten werden darin Belege aufgeführt, um die Richtigkeit der Einschätzung zu beweisen.

Berücksichtigt wurden unter anderem Äußerungen im Bundestagswahlkampf und vor den drei Landtagswahlen in Ostdeutschland. "Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes", teilte der Verfassungsschutz mit. Auch Verbindungen zu rechtsextremistischen Akteuren und Gruppierungen spielten in der dreijährigen Untersuchung des Verfassungsschutzes eine zentrale Rolle.

AfD kann juristisch gegen Einstufung vorgehen

Der bayerische AfD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka nannte gegenüber dem BR die Einstufung seiner Partei als gesichert rechtsextremistisch "lächerlich". Er sprach von einer Farce. Man versuche, eine Volkspartei zu denunzieren – das habe mit Demokratie nichts mehr zu tun, so Protschka.

Die AfD-Bundesvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla kündigten rechtliche Schritte an. Die Partei werde sich "gegen diese demokratiegefährdenden Diffamierungen weiter juristisch zur Wehr setzen", erklärten sie. Auch gegen die Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall war die Partei vor Gericht gezogen, jedoch zunächst vor dem Verwaltungsgericht Köln und danach auch vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster gescheitert. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht noch aus.

Im Video: "BR24live - AfD gesichert rechtsextremistisch"

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Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD auf Bundesebene als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Was ihr jetzt wissen müsst.

Faeser befürwortet Einstufung der AfD

Im jüngsten ARD-DeutschlandTrend war die AfD in der Wählergunst gestiegen – auf 24 Prozent, ein Plus von drei Prozentpunkten. Damit rückte sie bis auf zwei Prozentpunkte an die Union heran. Im neuen Bundestag ist sie stärkste Oppositionspartei.

Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte, es habe "keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben". Das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeite eigenständig. Die Einstufung hält Faeser aber für richtig: Die AfD verfolge "erwiesenermaßen Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung". Sie vertrete einen ethnischen Volksbegriff, mit dem ganze Bevölkerungsgruppen diskriminiert und Bürgerinnen und Bürger mit Migrationsgeschichte als Deutsche zweiter Klasse behandelt würden.

Grüne und SPD sehen Vorteil für AfD-Verbotsverfahren

Lob für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt von den Grünen: Die AfD stehe in Gänze mit der Verfassung und der freiheitlich demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß, bekräftigten die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic und Vizefraktionschef Konstantin von Notz. Das müsse jetzt auch Konsequenzen für den Umgang der AfD im Parlament haben – und sei "ein wichtiger Baustein mit Blick auf die Frage, wie es um die Erfolgsaussichten eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens bestellt ist".

Ähnlich äußerte sich die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Serpil Midyatli. "Für mich ist klar: Das Verbot muss kommen", sagte sie. Das ganze Verfahren müsse weiter in der nötigen Sorgfalt, belastbar und ohne Fehler vorbereitet werden.

"Keine Partei wie jede andere"

Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz von der CSU richtete einen Appell an die AfD-Mitglieder: Jeder müsse nun entscheiden, "ob er zu unserer Grundordnung steht und aus der Partei austritt oder ob er prominenter Teil einer extremistischen Bestrebung sein will." Eine Wahl von AfD-Vertretern in repräsentative Funktionen wie das Bundestagspräsidium oder Ausschussvorsitze sei kaum mehr denkbar. "Als gesichert rechtsextremistische Gruppierung ist die AfD keine Partei wie jede andere", sagte Lindholz. Deshalb sollte sie auch nicht so behandelt werden – vor allem nicht im Parlament. 

Mit Informationen von dpa, epd und afp.

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