Roggenernte auf einem Feld in Ostbrandenburg, Juli 2022
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Roggenernte auf einem Feld in Ostbrandenburg, Juli 2022

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Lebensmittel aus Deutschland: Könnten wir uns selbst versorgen?

Lebensmittel aus Deutschland: Könnten wir uns selbst versorgen?

Die EU will Flächen stilllegen und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln einschränken. Dagegen regt sich Widerstand der Bauern: Lebensmittelversorgung gehe vor. Aber würde nicht das, was wir bereits jetzt produzieren, ausreichen, um uns zu versorgen?

Überall in Deutschland protestieren Landwirte gegen geplante Flächenstilllegungen und neue Umweltauflagen. Ein Beispiel ist die drastische Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, wie sie die neue Gemeinsame Agrarpolitik der EU ab 2023 vorsieht. Dies, sagen viele Landwirte, setze die Betriebe weiter massiv unter Druck und laufe dem Ziel der Versorgungssicherheit zuwider. Auch in anderen Ländern wie den Niederlanden kommt es immer wieder zu heftigen Protesten gegen Umweltauflagen und weitere Beschränkungen.

Während die kleinen Niederlande eine besonders intensive Landwirtschaft betreiben und trotz ihrer geringen Fläche der zweitgrößte Agrarexporteur weltweit sind, steht Deutschland an dritter Stelle. Wie steht es angesichts dessen um die immer wieder diskutierte Versorgungssicherheit? Brauchen wir zusätzliche Flächen, um die Versorgung sicherzustellen? Und: Bei welchen landwirtschaftlichen Produkten sind die Erntemengen in Deutschland bereits heute groß genug, um uns selbst zu versorgen - ohne auf Importe angewiesen zu sein?

Getreide

Bei Getreide insgesamt weist Deutschland für das Jahr 2020/2021 einen Selbstversorgungsgrad von 101 Prozent aus - mit einer verwendbaren Erzeugung von 43.268.000 Tonnen und einer Inlandsverwertung von 42.925.000 Tonnen. Schaut man auf die einzelnen Sorten, ergibt sich ein differenzierteres Bild: Während der Versorgungsgrad beim Weichweizen 125 Prozent beträgt und bei der Gerste 113 Prozent, liegt er beim Körnermais bei nur 59 und beim Hartweizen bei nur 15 Prozent.

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Grüne Dinkelpflanzen mit den oberen Blättern und den Ähren vor einem blauen Himmel
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Jahrelang kannte die Getreidesorte Dinkel nur einen Weg. Den nach oben! Jetzt blieb ein Landwirt auf 40 Tonnen Bio-Dinkel sitzen. Was ist da los?

Fleisch

Der Fleischkonsum pro Kopf in Deutschland ist seit Jahren rückläufig und beträgt "nur" noch 55 Kilo pro Kopf - 9,4 Kilo Rind-, 31,0 Kilo Schweine- und 13,1 Kilo Geflügelfleisch. Entsprechend gingen auch die Importe und die Nettoerzeugung im Inland zurück. Dennoch haben wir mehr Fleisch als wir verbrauchen, zumindest insgesamt betrachtet - was vor allem am Schweinefleisch liegt, das mit Abstand am meisten gegessen wird: Hier betrug der Selbstversorgungsgrad im vergangenen Jahr 132,4 Prozent. Bei Rind- und Kalbfleisch lag er bei 98,2 Prozent und bei Geflügelfleisch bei immerhin noch 96,7 Prozent.

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Geschlachtete Tiere im Kühlraum eines Schlachthofs

Milch

Nicht nur beim Fleisch, auch bei der Milch sank der Pro-Kopf-Verbrauch - im Jahr 2021 um 2,2 Kilo pro Person. Mit 47,8 Kilo pro Kopf lag der Konsum damit auf dem niedrigsten Stand seit 1991. Mögliche Gründe für den sinkenden Pro-Kopf-Verbrauch könnte laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Milchalternativen sein. Insgesamt wurden knapp 32,0 Millionen Tonnen Kuhmilch an die milchwirtschaftlichen Unternehmen geliefert. Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland lag bei knapp 112 Prozent

Kartoffeln

Auch bei Kartoffeln kann der inländische Bedarf mehr als ausreichend durch heimischen Anbau gedeckt werden. Und der Bedarf ist nicht gering: 59,4 Kilo Kartoffeln aß jeder Bundesbürger im Durchschnitt im Wirtschafsjahr 2020/21 - zwei Kilo mehr noch als im Vorjahr. Die 2020er Kartoffelernte von 11,7 Millionen Tonnen führte zu einem Selbstversorgungsgrad von satten 145 Prozent.

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Selbstversorgungsgrad bei den wichtigsten landwirtschaftlichen Gütern.

Obst und Gemüse

Ganz anders sieht es bei Obst und Gemüse aus: Hier reichen die in Deutschland angebauten Mengen bei weitem nicht aus, um die heimische Bevölkerung zu versorgen. Die deutschen Betriebe decken mit ihrer Produktion nur rund ein Drittel des Gemüsebedarfs und ein Fünftel des Obstbedarfs. Die restliche Menge muss importiert werden. Obst wird in großen Mengen vor allem in den klimatisch begünstigen Regionen wie zum Beispiel am Bodensee angebaut. Die mit Abstand häufigste Obstsorte ist der Apfel, gefolgt von der Erdbeere. Weit dahinter liegen andere Sorten wie Pflaumen, Kirschen oder Birnen. Beim Gemüse entfällt rund die Hälfte des Anbaus auf Möhren, Speisezwiebeln, Weißkraut und Salate. Der Selbstversorgungsgrad bei Gemüse betrug 2020 36 Prozent, bei Obst nur 20 Prozent.

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Polnische Saisonkräfte bei der Brokkoli-Ernte

Und das Viehfutter?

Nicht vergessen darf man schließlich das Viehfutter. Denn der Selbstversorgungsgrad mit Fleisch gibt noch keine Antwort auf die Frage, woher das Viehfutter stammt, mit dem die Tiere ernährt werden. Wie viel davon kommt aus Deutschland? Wieviel muss importiert werden? Zur Selbstversorgung mit Fleisch gehört der Aspekt des Futters also zwingend dazu.

Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) betrug das Futtermittelaufkommen im Wirtschaftsjahr 2020/21 - bezogen auf den Naturalwert, also das Produktgewicht - 195 Millionen Tonnen. Davon entfielen nach Angaben des Ministeriums 95 Prozent, das sind 187 Millionen Tonnen, auf inländisch erzeugte Futtermittel, darunter auch hofeigene Futtermittel wie Grassilage, Silomais und Getreide.

Bezogen auf den Proteingehalt des Futters gibt es daneben noch eine eigene Berechnung, die sogenannte Eiweißbilanz, wie sie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) veröffentlicht. Bezogen auf den Gehalt an Rohprotein stammten danach 2020/21 insgesamt immer noch 82 Prozent des Gesamtfutteraufkommens aus dem Inland. Bei der "Eiweißlücke" von 18 Prozent, so das BLE, handele es sich hauptsächlich um hochwertige Proteinfuttermittel wie Soja, die aus Übersee importiert würden.

Betrachtet man also die Menge an Futtermitteln, so stammen 95 Prozent aus Deutschland, bezogen auf den Gehalt an Eiweiß sind es immerhin noch 82 Prozent.

Fazit

Mit vielen wichtigen Agrarprodukten kann sich Deutschland also selbst versorgen. Viel zu gering sind die Erntemengen jedoch vor allem bei Obst und Gemüse. Auf Deutschland bezogen, müssen wir uns also eher keine Sorgen machen. Mit Blick auf die durch Krieg und Dürre verschärfte Hungersituation weltweit gilt aber natürlich: Wenn mehr Agrarprodukte produziert werden, nicht nur für den heimischen Markt, führt das auch zu niedrigeren Preisen für Lebensmittel, die wiederum den Menschen nicht nur hierzulande, sondern auch in ärmeren Ländern zugute kommen.

Ausführlich berichtet der BR am Montag, den 19.09. zu diesem Thema in allen Hörfunk- und Fernsehprogrammen.

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