Ein Feldweg im Osten Waldkraiburgs: Außerhalb der Stadt, zwischen Innkanal und Äckern, lässt eine Gruppe von Hundehaltern ihre Tiere laufen. Frei. Ohne Leine. Vom kleinen Windhund über mittelgroße Mischlinge bis zum Irischen Wolfshund: Die Tiere kennen sich, freuen sich jedes Mal aufeinander, laufen und spielen ausgelassen. Aggressive Hunde sind nicht dabei, die will in der festen Gruppe niemand haben. Auf Passanten nehmen die Halter ganz bewusst Rücksicht. Kommt ein Radler oder Jogger, rufen sie ihre Tiere zu sich. Danach dürfen diese wieder laufen. In der Stadt Waldkraiburg herrscht quasi überall Leinenpflicht. Eine Freilauffläche gibt es nicht. Darum sollen die Tiere wenigstens hier außerhalb der Stadt ihren Auslauf bekommen.
Freilauf gehört zur artgerechten Haltung
Dass ein Hund immer wieder Gelegenheit haben muss, frei, also auch ohne Leine zu laufen, regeln das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Hundeverordnung. Darin gefordert ist "ausreichend Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers oder einer Anbindehaltung". Der Grund: Freier Auslauf dient dem Erkundungs-, Bewegungs- und Sozialverhalten von Hunden. Ein Ausführen an der Leine bietet einem Hund nicht die gleiche Qualität der Auslastung und Reizaufnahme wie der freie Auslauf. Die Hundeleine verhindert außerdem die arttypische Kommunikation mit anderen Hunden. Die Folge kann eine Verhaltensfehlentwicklung sein.
Problematisch: Leinenzwang ohne Ausweisung von Freilaufflächen
Nicht umsonst waren in einer Bundesverordnung aus den Siebzigern "60 Minuten freier Auslauf" vorgeschrieben. Im Neuerlass der Verordnung von 2001 steht das so explizit nicht mehr drin. Da jedoch davon auszugehen sei, dass mit dem Neuerlass keine Verschlechterung beabsichtigt war, gehen namhafte Kommentatoren des Tierschutzgesetzes davon aus, dass eine generelle Leinenpflicht nicht vereinbar ist mit dem Tierschutzgesetz. Das heißt: Wenn Gemeinden eine solche erlassen – ohne dass es ausgewiesene Freilaufflächen gibt, bewegen sie sich rechtlich auf sehr dünnem Eis.
Schutz der Öffentlichkeit und des Wildes
Die Kehrseite sind natürlich Fälle, in denen frei laufende Hunde nicht unter Kontrolle sind und entweder Menschen angreifen oder Wildtiere. So sterben deutschlandweit jedes Jahr – statistisch gesehen – mindestens drei Menschen an Hundebissen. Auch bei so manchem Wild- oder Nutztierriss sind nicht etwa Wölfe die Täter, sondern Hunde. So schrecklich solche Fälle sind, sind sie jedoch alles andere als die Regel – angesichts von mehr als zehn Millionen Hunden in Deutschland.
Lob für Hundebesitzer
In Anzing treffen wir Forstbetriebsleiter Heinz Utschig und seinen Revierjagdmeister Jürgen Hörmann. Mit den Hundehaltern in ihrem Revier sind die beiden ziemlich zufrieden, sagt Berufsjäger Hörmann: "Die Erfahrung bei uns ist, dass viele ihre Hunde an der Schleppleine haben und auch kurz angeleint und die, die sie laufen lassen, die haben sie wirklich unter Kontrolle. Also, die horchen aufs Wort und kommen her. Und da haben wir eigentlich keine Probleme mit irgendwelche Hunden, die dann wildern und irgendwelches Wild jagen."
Besser als Verbote: Dialog und gegenseitige Rücksichtnahme
Von einem Leinenzwang in seinem Bereich hält Forstbetriebsleiter Heinz Utschig wenig: "Den kann man zwar grundsätzlich verhängen." Aber wenn man eine Verordnung erlasse, müsse man die auch einhalten und kontrollieren. "Und das wollen wir eigentlich nicht, dass wir das sanktionieren, vor allen Dingen, weil wir sehen, dass die Hundebesitzer normalerweise vernünftig sind", so Forstbetriebsleiter Utschig. "Wenn wir Abweichungen feststellen, wenn wir merken: Da sind ein paar Hunde außer Kontrolle, dann hilft der Dialog mit den Hundebesitzern meistens. Und wenn der nicht hilft, dann muss man halt eine andere Eskalationsstufe wählen."
Im Video: Überraschende Fakten über Hunde
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