"Wir haben tatsächlich beschlossen, heute nichts zu beschließen", das sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) zum Thema Rundfunkbeitrag heute nach der Ministerpräsidentenkonferenz. Heißt: Die Ministerpräsidenten verschieben eine endgültige Entscheidung zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender. Im Dezember soll es weitere Beratungen geben. "Wir brauchen einen anderen Finanzierungsmechanismus für den Beitrag", so Schweitzer.
Reformen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern
Richtige Beschlüsse gab es in anderen Fragen: Um zu sparen, soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft weniger Sender betreiben. Aus 70 Radiosendern sollen 53 werden. Die konkrete Zahl pro Landesrundfunkanstalt bemisst sich unter anderem an der Einwohnerzahl. Der Bayerische Rundfunk könnte danach künftig noch sechs statt bisher zehn Radiosender terrestrisch ausstrahlen.
Im Fernsehen sollen mehrere Spartensender zusammengelegt werden. Spartenkanäle sind z.B. tagesschau24, 3sat, ZDF info oder Phoenix. Welche Radio- und Fernsehsender am Ende wegfallen, sollen die Rundfunkanstalten selbst entscheiden. Für den Kulturbereich betonte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Schweitzer: "Wir haben nicht die Fusion von 3sat und Arte beschlossen." Arte solle aber von einem deutsch-französischen Kulturkanal zu einer europäischen Kulturplattform entwickelt werden, in der perspektivisch auch 3sat-Inhalte stattfinden könnten.
Im Video: Massive Veränderungen für Öffentlich-Rechtliche beschlossen
Sportrechte bei fünf Prozent gedeckelt
Die Ausgaben für Sportrechte sollen bei fünf Prozent der Gesamtausgaben gedeckelt werden. Auch beim Thema Presseähnlichkeit, wo es juristischen Streit mit den Zeitungsverlegern gibt, beschlossen die Ministerpräsidenten Änderungen und Einschränkungen des Angebots. Über eine Positivliste soll festgelegt werden, was die Sender künftig noch für Angebote online machen dürfen. So sollen weiterhin Texte in Apps und auf Webseiten zu aktuellen Ereignissen, barrierefreie Angebote und Faktenchecks in den Angeboten der Sender veröffentlicht werden. Texte auf Social-Media-Plattformen seien von der Regelung nicht betroffen. Man wolle keine Buchstabenzählerei und keine Vorgaben zu klaren Längen machen, so Heike Raab, die Chefin der Rundfunkkommission gegenüber dem BR. Den Reformvorschlägen müssen die Landtage aller 16 Bundesländer zustimmen.
Söder weiter gegen höheren Rundfunkbeitrag
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist weiter gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. "Wir leben im zweiten Jahr einer Rezession, da müssen alle Maß halten" sagte er im BR-Interview. Söder warnte die Intendantinnen und Intendanten davor, eine Gebührenerhöhung vor dem Bundesverfassungsgericht einzuklagen. Er fände das ein sehr seltsames Vorgehen, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender einen ganz bewussten Konflikt eingingen.
Söder sagte: "Ich glaube, dass wir jetzt alle gut beraten sind, wenn man erst mal Reformen macht und man nicht nur aufs Geld schaut." Jetzt müssten die Reformen im Mittelpunkt stehen. "Beitragsstabilität ist das ganz entscheidende, keine Beitragserhöhung." Der CSU-Politiker bemängelte erneut den seiner Ansicht nach zu geringen Informationsgehalt im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und verwies auf die große Anzahl von Krimis und Quizshows.
Im Audio: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im Interview
Reaktionen auf die Beschlüsse
Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte die Entscheidungen der Ministerpräsidentenkonferenz. "Die Länderchefs richten einen gewaltigen Flurschaden an", so der Bundesvorsitzende Mika Beuster. Der Verband forderte die Anstalten auf, die "Verfassungsmäßigkeit der gefassten Beschlüsse" durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.
Roger De Weck, der stellvertretende Vorsitzende des Zukunftsrats äußerte gegenüber dem BR Kritik: "Ich hätte mir gewünscht, dass es etwas mehr Strukturreformen gibt, die die Effizienz der ARD erhöhen und ein solcher Umbau hätte es wahrscheinlicher gemacht, dass man weniger abbauen muss. In dem man die Verwaltung noch entschiedener zusammenlegt, die Technik noch viel entschiedener harmonisiert. So hätte mehr Geld in die Programme fließen können", so de Weck. Der Zukunftsrat wurde von der Politik eingesetzt, um Reformideen für die öffentlich-rechtlichen Sender zu entwickeln.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger und der Medienverband der freien Presse begrüßten, dass die Bundesländer die Textangebote der Rundfunkanstalten eindämmen wollen. Es werde nun aufmerksam beobachtet, was die Auswirkungen der Beschlüsse aus Leipzig seien.
Rundfunkbeitrag: Geht es vor das Bundesverfassungsgericht?
Wenn sich die Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember nicht einigen, könnte der Vorgang vor dem Bundesverfassungsgericht landen, wenn ARD, ZDF und Deutschlandradio klagen. Denn die neue Beitragsperiode beginnt bereits am 1. Januar 2025. Gemäß der Experten-Empfehlung der KEF müsste dann der Rundfunkbeitrag steigen. Dahinter steht ein verfassungsrechtlich verbrieftes Verfahren. Die Länderchefs müssen sich eigentlich eng an der Empfehlung orientieren. Schon beim vorigen Mal hatte Sachsen-Anhalt vor dem Bundesverfassungsgericht eine Niederlage kassiert.
Im Video: Große Veränderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk
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