01.09.2024, Nordrhein-Westfalen, Solingen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kommen zur Kranzniederlegung am Fronhof in Gedenken an die Opfer der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest. Beim mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen hatte ein Angreifer auf einem Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Foto: Christoph Reichwein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Innenministerin Nancy Faeser (Archivbild)

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Migrations- und Asylpolitik: Worüber es gerade Streit gibt

Migrations- und Asylpolitik: Worüber es gerade Streit gibt

Abschiebungen erleichtern, Schleusungen durch mehr Grenzkontrollen verhindern und Flüchtlinge an den deutschen Außengrenzen zurückweisen: Bund, Länder und CDU/CSU verhandeln derzeit über eine neue Asylpolitik. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Trotz zehntausender ausreisepflichtiger Personen werden in Deutschland nur wenige Abschiebungen tatsächlich durchgeführt. Was sind die Ursachen? Wie effektiv sind die geforderten Grenzkontrollen und was bringen Maßnahmen wie Asylverfahren in Drittstaaten? Die wichtigsten Fragen der aktuellen Debatte in der Migrationspolitik im Überblick.

Wie viele Abschiebungen finden statt?

Im Jahr 2023 wurden rund 16.400 Personen aus Deutschland abgeschoben. Demgegenüber stehen 351.915 gestellte Asylanträge (inklusive Folgeanträge). 50.389 davon in Bayern. Doch nur etwa jeder zweite Asylantrag wird positiv entschieden, die Quote lag 2023 bei 51,7 Prozent. Ausreisepflichtig sind in Deutschland aktuell 43.298 Personen.

Warum wird so wenig abgeschoben?

Fehlende Reisedokumente und eine ungeklärte Identität sind die beiden häufigsten Gründe. Viele Geflüchtete werfen offenbar ihre Passdokumente weg, weil sie wissen, dass sie keine tatsächlichen Asylgründe haben, um in Deutschland bleiben zu dürfen. So ist es aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu hören. Und wenn die Dokumente fehlen, kann erst einmal nicht abgeschoben werden.

CDU und CSU fordern deshalb, dass Geflüchtete, wenn sie einen Asylantrag stellen, ihre Identität nachweisbar erklären müssen.

Was bringen Kontrollen an den deutschen Außengrenzen?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser berichtet zwar von Erfolgen, bei Grenzkontrollen seien viele Hundert Schleuser festgenommen und damit unerlaubte Einreisen verhindert worden.

Doch sie will keine Grenzkontrollen mehr an den westdeutschen Grenzen, wie sie zur Fußball-EM stattgefunden haben. Also an den Grenzen zu den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Dabei habe es auch hier enorme Erfolge gegeben, sagen CDU und CSU und fordern, diese Grenzkontrollen wieder einzuführen. Derzeit finden Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz statt.

Können Flüchtlinge an der deutschen Außengrenze abgewiesen werden?

Folgende Rechtslage gilt: "Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen" (AufenthG §15, Abs. 1).

Doch das deutsche Aufenthaltsgesetz sieht auch vor, dass ein Antrag auf Asyl gestellt werden kann. Und dieser Antrag muss dann geprüft werden. Der Antragsteller darf also an der deutschen Grenze nicht abgewiesen werden, wenn er äußert, einen Asylantrag stellen zu wollen. Zurückweisungen werden dann auch als Verstöße gegen EU-Recht gewertet.

Änderungen der Gesetzeslage sind demzufolge nötig, um Geflüchtete direkt an den deutschen Außengrenzen abzuweisen. Darüber wird derzeit in Berlin beraten.

Wieso wird kaum in EU-Länder abgeschoben, die laut Dublin-Abkommen zuständig sind?

Bis Ende Juli sollten 25.000 sogenannte "Dublin-Flüchtlinge" ausreisen, weil für sie ein anderes EU-Land zuständig ist. Tatsächlich aber wurden nur 3.512 Personen aus Deutschland abgeschoben.

Es handelt sich dabei um Flüchtlinge, die Europa zuerst in einem anderen Mitgliedsland betreten haben und dann weiter nach Deutschland gereist sind. Denn zuständig für die Durchführung des Asylantrags ist das europäische Land, in dem der Flüchtling angekommen ist.

Wie funktioniert die Dublin-Rückführung?

Bei der Dublin-Rückführung sind drei Schritte erforderlich. Erstens, ein anderes EU-Land ist zuständig. Zweitens, Deutschland muss ein Übernahmeersuchen an das betreffende EU-Land schicken. Und diesem Ersuchen muss stattgegeben werden. Und drittens, das alles darf maximal sechs Monate dauern.

Ein enormes Problem, weil den Behörden Personal fehlt. Und so sind über die Jahre mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland geblieben, für die ein anderes EU-Land zuständig wäre.

Es kommen aber noch weitere Probleme hinzu: Abschiebungen finden häufig nicht statt, weil sie am Widerstand der Betroffenen scheitern, oder weil Piloten die Betroffenen aus Sicherheitsgründen nicht an Bord nehmen. Auch medizinische Gründe werden als Hindernis für eine Abschiebung genannt.

Was machen Schweden und Dänemark anders?

Die beiden EU-Länder schaffen es, die irreguläre Migration zu begrenzen, sie führen auch Abschiebungen nach Afghanistan durch. Zudem sind Schweden und Dänemark für Asylbewerber nicht sonderlich attraktiv. Schweden hat zum Beispiel die ohnehin schon geringen Sozialleistungen seit 1994 nicht mehr erhöht. Und auch der Nachzug von Familienangehörigen nach Schweden ist erschwert.

Was bringen Asylverfahren in sicheren Drittstaaten?

Der Plan klingt einfach, sämtliche Asylverfahren ab einem festgelegten Stichtag nicht mehr in Deutschland, sondern in einem sicheren Drittstaat durchzuführen. Das könnte zum Beispiel Ruanda oder ein anderes afrikanisches Land sein. Deutschland müsste mit diesem Land, das rechtsstaatliche Standards erfüllt, ein Abkommen schließen.

Theoretisch könnten dann alle Asylverfahren dort stattfinden. Und wer Asyl bekommt, soll in diesem Land bleiben, Deutschland würde dafür bezahlen. Das hätte den Vorteil, dass nicht so viele Menschen im Mittelmeer ertrinken würden, auf dem Weg nach Europa. Und es würden auch keine Flüchtlinge mehr nach Deutschland kommen.

Doch es gibt zahlreiche rechtliche und auch humanitäre Bedenken. Großbritannien hatte das Ruanda-Modell geplant, scheiterte aber mehrfach an Gerichtsurteilen.

CDU und CSU sprechen sich klar für Asylverfahren in sicheren Drittstaaten aus, SPD und Grüne sind dagegen.

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