21.01.22: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht mit seinem damaligen Kabinett vor dem Bundeskanzleramt.
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21.01.22: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht mit seinem damaligen Kabinett vor dem Bundeskanzleramt.

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Minister werden: Was muss man dafür mitbringen?

Minister werden: Was muss man dafür mitbringen?

Partei, Expertise, Geschlecht, Alter, Regionalproporz: Viele Faktoren bestimmen, wer wichtige Regierungsjobs übernimmt. Ein Schlaglicht auf den Auswahlprozess wirft aktuell die Scholz-Entscheidung für Boris Pistorius als Verteidigungsminister.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Hätte sich Olaf Scholz an sein eigenes Paritäts-Versprechen gehalten, dann hätte die Stellenanzeige für die Nachfolge von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht etwa so ausgesehen:

"Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundeskanzler, sucht neue Verteidigungsministerin – mit SPD-Parteibuch, deutschem Pass, Reformwillen, Durchsetzungsstärke, Kommunikationstalent und Verfügbarkeit rund um die Uhr. Expertise in Militär- und Sicherheitsfragen wünschenswert. Dienstantritt vor 20. Januar unerlässlich, damit deutsche Handlungsfähigkeit bei Treffen mit westlichen Verbündeten gewährleistet ist. Bewerbungen von Männern aussichtslos."

Personalberater: "Sehr unterschiedliche Anforderungsprofile"

Eine (ernster formulierte) Stellenanzeige für die Spitze des Verteidigungsministeriums gab es freilich nicht – und höchstwahrscheinlich auch keinen Auftrag an eine Firma für Personalvermittlung. Herausgekommen wäre Scholz womöglich bei Jörg Ritter, Senior Advisor bei der Personalberatung Egon Zehnder in Berlin. "Wir schauen uns immer ganz genau das Unternehmen oder die politische Institution an", erläutert Ritter auf BR24-Anfrage. "Die Anforderungen auf Landes- oder Bundesebene unterscheiden sich signifikant. Auch innerhalb eines Spitzenteams gibt es sehr unterschiedliche Anforderungsprofile."

Auch wenn er die aktuelle Besetzung von Kanzler Scholz nicht kommentieren könne, sei es immer ein "kluger Schachzug", Persönlichkeiten mit einem facettenreichen Hintergrund zu gewinnen. Ritter zählt im Fall Pistorius auf: Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, Wehrdienst, Jura-Studium. Als Osnabrücker Oberbürgermeister sei der SPD-Politiker "Infrastrukturmanager" gewesen, als niedersächsischer Innenminister mit Sicherheitspolitik befasst. "Ich glaube, dass man für für hochkarätige Spitzenpositionen eine gewisse Lebenserfahrung braucht", ergänzt Ritter mit Blick auf den 62-jährigen Pistorius.

Bundesminister: Mindestens 18 Jahre – und deutscher Pass

Generell sind die formalen Vorgaben für ein Ministeramt in Deutschland überschaubar. 18 Jahre alt muss man sein – und die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Dazu muss laut juristischem Konsens die "Gewähr der Verfassungstreue" kommen. Nach dem Amtseid, während ihrer Amtszeit, dürfen Bundesminister keinen anderen Beruf ausüben. Ein Mindestalter für Bundesminister oder Bundeskanzler gibt es nicht, anders als beim Amt des Bundespräsidenten (40 Jahre).

Alle anderen Auswahlkriterien für wichtige Regierungsposten wie Minister oder Staatssekretäre – also Parteizugehörigkeit, Geschlecht, Regionalproporz und mehr – sind Spielregeln des politischen Betriebs. Das gilt auch für die fachliche Expertise. 2020 schrieb der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags: Im Grundgesetz fehle ein Bezugspunkt zur Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung. Die Entscheidung über die personelle Besetzung der Ministerämter treffe der Bundeskanzler "im alleinigen freien Ermessen."

"Wichtiger sind politische Führungsfähigkeiten"

Scholz hätte also bei der Lambrecht-Nachfolge theoretisch alle überraschen können – und einem Bundeswehr-General oder einer externen Militärfachfrau mit deutschem Pass das Verteidigungsministerium anvertrauen können. Allerdings schadet ein gewisser Blick von außen nicht. "Es geht auch um Fachwissen, aber wichtiger sind politische Führungsfähigkeiten", erläuterte der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer vor einigen Jahren. Zudem brauche ein Minister ein Gespür für Medien und Öffentlichkeit – sowie "loyale Mitarbeiter, die ihm zuarbeiten".

Personalberater Ritter und seine Kollegen suchen nicht mehr ausschließlich Manager für Konzerne. "Wir haben zunehmend die Anfragen, auch solche Prozesse außerhalb der Wirtschaft zu begleiten", sagt er über die Besetzung von politischen Institutionen.

Allerdings würden viele Menschen aus der Wirtschaft absagen, wenn es darum gehe, ein "komplexes politisches Amt" zu übernehmen. Ein Grund dafür sei das "mediale Dauerfeuer", finanzielle Abstriche dagegen weniger. Generell wäre es laut dem Personalberater wünschenswert, dass gerade politische Führungskräfte unterschiedliche Erfahrungen mitbrächten – in der Wirtschaft, in Verbänden, in der Verwaltung, in Parteien.

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12.11.18: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit seinem damaligen Kabinett im Prinz-Carl-Palais in München.

Bayern: Kaum geschriebene Regeln – aber einige ungeschriebene

Und wie sieht es in Bayern mit Voraussetzungen für die wichtigsten Regierungsämter aus? Im Freistaat gibt es – anders als beim Kanzler auf Bundesebene – für das Amt des Regierungschefs ein Mindestalter. Mindestens 40 Jahre alt muss Bayerns Ministerpräsident oder Ministerpräsidentin sein. Bei der anstehenden Landtagswahl am 8.Oktober führt das dazu, dass mit Katharina Schulze eine von zwei Spitzenkandidaten der Grünen für den Posten als Ministerpräsidentin von vornherein ausscheidet. Schulze wird dann 38 Jahre alt sein.

Um in Bayern Ministerin oder Minister zu werden, braucht es dagegen kein Mindestalter. Historisch gesehen erhöht aber ein CSU-Parteibuch die Chancen dramatisch – weil die Christsozialen seit gut 65 Jahren den Regierungschef stellen, der die Staatsminister mit Zustimmung des Landtags beruft.

Bei der CSU-internen Ministerbesetzung ist dabei, neben einer gewissen fachlichen Expertise, der Regionalproporz wichtig. In einem fein ausgeklügelten System vergibt die Parteispitze ihre Regierungsposten über alle bayerischen Regierungs- und CSU-Bezirke verteilt.

"Der Wunsch, Dinge und Einstellungen zu verändern"

Am besten beschreibt womöglich das Bundesumweltministerium, was es für ein Ministeramt braucht – und zwar auf seiner Webseite für Kinder und Jugendliche. "Wer Ministerin oder Minister werden will, muss den Wunsch verspüren, Dinge, Umstände, Einstellungen so zu verändern, dass sie für möglichst viele Menschen besser werden", steht dort.

Man solle andere von den eigenen Ideen überzeugen und sie dafür begeistern. "Zugleich aber andere Meinungen respektieren können und mit deren Hilfe zu gemeinsamen Ergebnissen gelangen." Einen kleinen Selbsttest liefert das Bundesumweltministerium gleich mit: "Gelingt es dir regelmäßig, deine Freunde für deine Anliegen zu gewinnen, deine Familien für deine Ideen zu begeistern, Themen in deiner Klasse überzeugend vorzutragen? Dann hast du das Zeug zu einem guten Politiker."

Video: Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius

Boris Pistorius (SPD), bisheriger Innenminister von Niedersachsen und künftiger deutscher Verteidigungsminister
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Boris Pistorius (SPD), bisheriger Innenminister von Niedersachsen und künftiger deutscher Verteidigungsminister

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