Das Schweizer Dorf Blatten im Lötschental ist fast völlig unter meterhohem Schutt verschwunden. Oberhalb des Dorfes, am gut 3.300 Meter hohen Berg Kleines Nesthorn, ist seit Wochen instabiler Fels abgebrochen. Weil immer mehr Felsbrocken und Geröll 500 Meter runter auf den Birschgletscher donnerten, brach dieser am Mittwochnachmittag ab und stürzte samt Geröll und Steinen ins Tal.
- Zum Artikel: Naturgefahren bedrohen den Alpentourismus
Der Bergsturz könnte laut Experten mit dem Auftauen des Permafrosts (Link zum Podcast) zusammenhängen. Das Eis hält die verschiedenen Schichten in den Bergen wie ein Kleber zusammen. Wenn das Eis schmilzt, bröckeln die Berge. "Der Klimawandel macht diese Ereignisse wahrscheinlicher, er macht sie damit häufiger", sagte der Klimaforscher Harald Kunstmann von der Universität Augsburg BR24.
Keine großen Gefahrenzonen in Bayern
Könnte es in den bayerischen Alpen zu einer ähnlichen Katastrophe wie in Blatten kommen? Eher nicht, sagt der Geowissenschaftler Tobias Hipp BR24. Der Experte ist beim Deutschen Alpenverein (DAV) für die Themen Klimawandel, Gletscher und Permafrost zuständig.
Die Berge im Freistaat seien nicht so hoch, auch gebe es nur noch wenige Gletscher und – abgesehen von der Zugspitze – keinen Permafrost. "Wir sehen in den bayerischen Alpen aktuell keine großen Gefahrenzonen, wo wir von großen Bergstürzen der Dimension ausgehen müssen", sagt Hipp.
Herausforderungen durch den Klimawandel
"Das heißt aber nicht, dass der Klimawandel in den bayerischen Alpen nicht auch seine Spuren hinterlässt und uns hier vor Herausforderungen stellt", betont Hipp und verweist auf Extremwetterereignisse wie Starkregen, der zum Beispiel zu einer Zunahme von Schlammlawinen oder Überschwemmungen führt.
Zugleich weist der Experte darauf hin, dass in den Bergen schon immer alpine Gefahren bestanden. "Es hat immer schon Steinschlag gegeben, immer schon Murgänge gegeben, mit denen wir unsere Touren planen mussten als Bergsportler. Jetzt ist die Dimension, die Häufigkeit, wo und wie die stattfinden deutlich erhöht."
Gefahren für Bergsportler
An Stellen, an denen man erkenne, dass der Berg instabil sei wie in Blatten oder auch am Hochvogel im Allgäu werde genau beobachtet und Hangbewegungen gemessen. Der Gipfel des Hochvogel im Oberallgäu driftet auseinander, eine Hälfte könnte abbrechen. Hipp: "Und dann ist natürlich klar, dass wir über die Landesämter, die geologischen Ämter Wanderwege, Zustiege rechtzeitig sperren." Klar sei aber auch: "Ein alpiner Weg, ein Steig, ein Wanderweg ist nicht per se ein sicherer Weg, weil immer von oben Gefahren vorhanden sein können, die nicht überwacht werden können und die auch ohne Vorwarnung kommen."
In der Schweiz herrscht unterdessen weiter höchste Anspannung. Das Wasser in dem See, der hinter den herabgestürzten Eis- und Gesteinsmassen entstanden ist, stieg am Freitag weiter an. Allerdings gab es auch Anlass zu leiser Hoffnung: Aus dem See begann Wasser durch den Schutt- und Geröllberg hindurch abzufließen, was die Gefahr einer zerstörerischen Riesen-Flutwelle senkte. Die Gefahr sei aber nicht vorbei, warnen die Behörden.
Mit Informationen von AFP
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!