Ein Junge hält sich in einer deutschen Erstaufnahmeeinrichtung an einem Zaun fest.
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Laut einem Bericht sind Kinder auf der Suche nach Schutz in der EU mit Gewalt, Misshandlungen, Inhaftierungen und Rechtsverstößen konfrontiert.
Bildrechte: picture alliance / Sebastian Gollnow/dpa | Sebastian Gollnow
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Laut einem Bericht sind Kinder auf der Suche nach Schutz in der EU mit Gewalt, Misshandlungen, Inhaftierungen und Rechtsverstößen konfrontiert.

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NGO wirft EU Verletzung von Kinderrechten an Außengrenzen vor

NGO wirft EU Verletzung von Kinderrechten an Außengrenzen vor

Kinder auf der Flucht sind den Erkenntnissen der Organisation "Save the Children" zufolge an den EU-Außengrenzen massiven Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Die NGO warnt dabei auch explizit vor der neuen GEAS-Asylreform.

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Am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag. Der Tag soll auf die meist prekäre Situation von geflüchteten Menschen auf der ganzen Welt aufmerksam machen. Die Kinderrechtsorganisation "Save the Children" hat zu diesem Anlass einen Bericht veröffentlicht, der den Umgang mit Kindern an den EU-Außengrenzen unter die Lupe nimmt. Das Urteil ist vernichtend: Die Lage für Minderjährige auf der Flucht habe sich verschlechtert. Mädchen und Jungen sowie Helfende berichteten von Einschüchterung, Gewalt, Inhaftierung und unrechtmäßiger Zurückweisung, so die Aktivisten.

Schwere Vorwürfe: Gewalt, Misshandlungen, Inhaftierungen und Rechtsverstöße

Kinder auf der Flucht sind den Erkenntnissen von "Save the Children" zufolge an den EU-Außengrenzen massiven Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Die Rede ist von teils massiven Lücken bei Unterstützungs- und Schutzmaßnahmen. Die NGO berichtet von Fällen, in denen schutzsuchende Jungen und Mädchen an den Grenzen misshandelt und inhaftiert würden.

"Die Europäische Union betreibt Politik auf dem Rücken von Kindern auf der Flucht", erklärte die Migrationsexpertin der Organisation, Janneke Stein. An den EU-Außengrenzen in Griechenland, Italien, Finnland, Spanien und Polen werde Abschreckung vor Schutz gestellt, und die Kinder hätten die Folgen zu tragen. Für ihren Bericht "Crossing Lines. Realities of Migrant Children at EU External Borders" haben die Autorinnen die Lage von Kindern analysiert, die dort mit ihren Familien unterwegs waren, ohne erwachsene Bezugspersonen reisten oder von diesen getrennt wurden.

Scharfe Kritik an einigen EU-Ländern

Vor allem in Polen werde die Migrationspolitik zunehmend als sicherheitspolitisches Thema behandelt, stellt der Bericht fest. So sei die Grenze zu Belarus als nationaler Sicherheitsnotstand eingestuft worden. Auf den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln würden Kindern dagegen durch Beschäftigte privater Firmen misshandelt, die Aufnahmeeinrichtungen betreiben.

Im Fokus steht auch die Rechtssicherheit: In Finnland, Italien und Griechenland änderten sich die Gesetze so schnell, dass es für Asylsuchende und ihre juristischen Vertreter kaum möglich sei, auf dem aktuellen Stand zu sein, beklagen die Autorinnen. Altersprüfungen bei Minderjährigen ohne Ausweise seien in allen diesen Ländern von erheblichen Unstimmigkeiten, rassistischen Vorurteilen und Verfahrensmängeln geprägt.

Dem Bericht zufolge werden Jugendliche bewusst älter geschätzt und als Erwachsene eingestuft. In Haftanstalten für Erwachsene erhielten sie keine angemessene Betreuung und rechtliche Vertretung.

GEAS-Reform gibt laut NGO weiteren Grund zur Sorge

Und die Situation könnte sich weiter zuspitzen: Mit Blick auf das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), das im Juni 2026 in Kraft treten soll, warnt Stein vor "erhebliche menschen- und kinderrechtliche Fragen". Es bestehe die Gefahr, dass die Verfahren den besonderen Schutzbedarfen von Minderjährigen nicht gerecht würden: "Hier wird Abschreckung vor Schutz gestellt und die Kinder müssen die Folgen tragen."

Für die Umsetzung der Asyl-Reform arbeiten die EU-Staaten aktuell an Gesetzen, darunter etwa mehr Möglichkeiten, Menschen an den Außengrenzen zu inhaftieren. Die geplante Regelung für Grenzverfahren sieht dabei keine Ausnahmen für Familien mit minderjährigen Kindern vor. In den beschleunigten Verfahren an den Außengrenzen, so auch an deutschen Flughäfen, könnten kindspezifische Fluchtgründe wie Genitalverstümmelung oder Zwangsrekrutierung zu Kindersoldaten nur schwer erkannt werden, so Stein.

Migrationsexpertin Stein: Menschlichkeit ist nicht verhandelbar

Zudem könnten auch Kinder in Haft genommen werden. "Das steht in einem eklatanten Widerspruch zum Vorrang des Kindeswohls und sollte bei der Umsetzung in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen werden." Stein appellierte daher an EU und Bundesregierung: "Rechtsstaatlichkeit und Werte wie Solidarität und Menschlichkeit sind nicht verhandelbar."

Mit Informationen von KNA und epd

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