Einbürgerungsurkunde und Reisepass
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Streit um geplante Reform des Einbürgerungsrecht.

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"Reflexhafte Polemik": Streit um Einbürgerung spitzt sich zu

"Reflexhafte Polemik": Streit um Einbürgerung spitzt sich zu

Die Ampel will die gesetzlichen Hürden für die Einbürgerungen senken. Die Union warnt vor einer "Einwanderung in Sozialsysteme". Die Grünen werfen der Union "reflexhafte Polemik" vor. Unterstützung für die geplante Reform kommt aus der Wirtschaft.

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Im Streit um eine geplante Reform des Einbürgerungsrechts hat Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Union attackiert. Bei Aussagen, mit der Reform werde das Staatsbürgerschaftsrecht verramscht, handle es sich um "reflexhafte Polemik", sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart. Deutschland müsse ein mutiges Einwanderungsland werden. Die Reform sei im Kern wichtig und berechtigt, die Union solle an verschiedenen Ecken der Reform nicht noch herummachen, sagte Kretschmann. Nun komme es auf die konkrete Ausgestaltung an.

Deutschland muss attraktiv für Einwanderer werden

Mit dem Wegfall der sogenannten Babyboomer fielen in den nächsten Jahren sieben Millionen Arbeitskräfte weg, da müsse Deutschland sich gut aufstellen und attraktiv werden für Einwanderung, sagte Kretschmann. "Ich würde der Union abraten, so reflexhaft zu reagieren, vor allem dem Herrn Merz", sagte Kretschmann. "Wenn man so auf den Baum klettert, kommt man schwer wieder herunter."

Dröge kritisiert "Entmenschlichung der Debatte"

Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte die CDU scharf. Wenn nun von einem Verramschen der Staatsbürgerschaft die Rede sei, sei dies eine "Verrohung der Sprache" und eine "Entmenschlichung der Debatte", sagte sie in Berlin.

Besonders Friedrich Merz stehe in dieser Sache "für eine kalte und ausgrenzende CDU". Mit ihrer Haltung zeige die CDU zudem, dass sie sich "im Kern davon verabschiedet, Wirtschaftspartei zu sein", sagte Dröge weiter. Auch sie hob den dringenden Bedarf an Fach- und Servicekräften hervor.

Bundesregierung will Hürden senken

Die Bundesregierung will die gesetzlichen Hürden für Einbürgerungen senken. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) plant, dass Zuwanderer künftig schon nach einem fünfjährigen Aufenthalt die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können, bei "besonderen Integrationsleistungen" schon nach drei Jahren. Die Union lehnt das Vorhaben ab.

Merz: "Einwanderung in Sozialsysteme"

CDU-Chef Merz hatte am Sonntag in der ARD gesagt: "Die deutsche Staatsbürgerschaft ist etwas sehr wertvolles, und damit muss man behutsam umgehen." Wenn das Ziel der Koalition eine Einwanderung in die Sozialsysteme sei, müsse dies verhindert werden. "Dann werden wir dem natürlich nicht zustimmen."

Auch Landesinnenminister Thomas Strobl (Baden-Württemberg) nannte den Vorschlag zutiefst fragwürdig. "Die Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, etwas, das am Ende eines Integrationsprozesses steht, ein klares Bekenntnis zum deutschen Staat und seinen Werten", sagte der CDU-Politiker. Die Verleihung sei etwas ganz Besonderes. "Wer jetzt aus der Staatsbürgerschaft ein Mittel zur noch offenen Integration macht, der ist vollkommen auf dem Irrweg." Sollte das so kommen, dann verliere der deutsche Pass seinen bislang hohen Wert. Die massenhafte Akzeptanz von mehreren Pässen trage ihr Übriges dazu bei.

Frei: Nicht "flächendeckend mit dem deutschen Pass um sich" werfen

Deutschland sei ein Einwanderungsland und etwa auf Migration für den Arbeitsmarkt angewiesen, betonte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten, Thorsten Frei (CDU). "Das bedeutet aber nicht, dass man flächendeckend mit dem deutschen Pass um sich wirft."

CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte den Funke-Zeitungen: "Die Ampel begeht einen schweren Fehler, wenn sie die Kriterien für den Erhalt der Staatsbürgerschaft aufweicht." Die Staatsangehörigkeit sei kein Artikel, den es am Black Friday im Sonderangebot gebe.

Herrmann: Falsche Prioritätensetzung

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warf dem Bund angesichts steigender Asylbewerberzahlen eine falsche Prioritätensetzung vor. "Die Asyl- und Migrationspolitik der Ampel ist in eine deutliche Schieflage geraten und muss dringend korrigiert werden", sagte Herrmann der "Augsburger Allgemeinen". Bei den im Koalitionsvertrag versprochenen Abkommen mit den Herkunftsländern abgelehnter Asylbewerber sei der Bund "keinen Schritt weitergekommen".

Die Regierung sorge mit der Debatte um die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts für zusätzlich Anreize illegaler Zuwanderung, sagte der CSU-Politiker. Vor allem SPD und Grüne sendeten "Signale einer grenzenlosen Aufnahmebereitschaft in die ganze Welt - und das in einer Zeit, in der die Zugangszahlen dramatisch steigen und unsere Landkreise und Städte zunehmend ans Limit bringen", kritisierte Herrmann.

Unterstützung für Ampel-Pläne aus der Wirtschaft

Die Vorsitzende der "Wirtschaftsweisen", Monika Schnitzer, stellte sich dagegen hinter die geplante Reform. Eine erleichterte Einbürgerung stärke die Integration der in Deutschland lebenden und arbeitenden Ausländerinnen und Ausländer sowie deren Kinder, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Angesichts des demografischen Wandels und des steigenden Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels ist das unbedingt zu begrüßen."

Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMV) befürwortete die Ampel-Pläne. Der Abbau bürokratischer Hürden bei der Einbürgerung von Softwareingenieuren und Pflegekräften könne sich langfristig als wichtiger Standortvorteil für Deutschland erweisen, sagte Bundesgeschäftsführer Markus Jerger dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Nahles: "Politik muss eine Schippe oben drauflegen"

Auch Andrea Nahles betonte, dass Deutschland mehr Zuwanderung benötige. Die Arbeitsagenturchefin bezifferte den Bedarf zusätzlicher Arbeitskräfte in Deutschland auf rund 400.000 Menschen jährlich. "Es gibt wegen des demografischen Wandels kein Szenario, wo wir ohne größere Einwanderung auskommen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung".

Deutschland sei ein Einwanderungsland, ausländische Arbeitskräfte müssten aber noch immer vergleichsweise viele Hürden nehmen: "Daher muss die Politik nochmals ran und eine Schippe oben drauflegen. Das soll ja auch passieren."

Vorbehalte auch in Teilen der FDP

Vorbehalte gegen die Pläne der Ampel gibt es auch in Teilen der FDP: Fraktionschef Christian Dürr sprach sich dafür aus, dass Menschen, die in Deutschland arbeiten und sich integrieren, "auch die deutsche Staatsbürgerschaft offenstehen" müsse. Zurzeit sei es aber "einfacher, in unsere sozialen Sicherungssysteme einzuwandern als in den Arbeitsmarkt".

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verstärkte seine Kritik an Faesers Plänen. Er sehe derzeit "keine ausreichende Steuerung von Zuwanderung". Das gelte auch für die Rückführung. Er forderte daher ein "Gesamtpaket", um Deutschland zu einem modernen Einwanderungsland zu machen.

Mit Informationen von dpa und AFP

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