Ein Stapel Euromünzen steht neben einem roten Stift.
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Symbolbild: "Sondervermögen": Was hat es mit den Schuldentöpfen auf sich?

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"Sondervermögen": Was hat es mit den Schuldentöpfen auf sich?

"Sondervermögen": Was hat es mit den Schuldentöpfen auf sich?

Seitdem die Koalitionsgespräche laufen, wird wieder über "Sondervermögen" diskutiert. Denn Union und SPD wollen ja ein neues einrichten: für Infrastruktur. Warum gibt es solche Töpfe eigentlich – und wie viele Schulden stecken drin? Ein Überblick.

Kritiker stört schon der Begriff "Sondervermögen". Denn es handelt sich ja überwiegend nicht um Geld, das der Staat auf der Habenseite hätte. Sondern um Schulden. Allerdings leugnet das in Berlin niemand – der Begriff stammt einfach aus dem Haushaltsrecht. Entscheidend ist, dass diese Schuldentöpfe neben dem regulären Bundeshaushalt stehen. Das wirft eine Reihe von Fragen auf – hier werden die wichtigsten beantwortet.

Wie viele "Sondervermögen" gibt es auf Bundesebene?

Bisher hat der Bund 29 "Sondervermögen" eingerichtet. Mit dem geplanten Schuldentopf für Infrastruktur wären es also 30. Meist werden solche Nebenhaushalte in Krisenzeiten oder bei historischen Umbrüchen aufgesetzt.

Ein Beispiel ist das ERP-"Sondervermögen", das den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg erleichtern sollte. Ein anderes Beispiel: der Finanzmarktstabilisierungsfonds. Er wurde nach der weltweiten Finanzkrise 2008 errichtet.

Was ist der Sinn von "Sondervermögen"?

Generell sind solche Schuldentöpfe nichts Ungewöhnliches. Sie werden auch Schattenhaushalte genannt. Aber wer will, kann Licht ins Dunkel bringen. Aktuelle Zahlen zu den "Sondervermögen" finden sich zum Beispiel auf den Internetseiten des Bundesfinanzministeriums.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags definiert "Sondervermögen" als "abgesonderte Teile des Bundesvermögens, die ausschließlich zur Erfüllung einzelner begrenzter Aufgaben des Bundes bestimmt sind". Jeder Nebenhaushalt hat also einen ganz bestimmten Zweck: Der Klima- und Transformationsfonds beispielsweise dient dem Kampf gegen die Erderwärmung, das "Sondervermögen Bundeswehr" der Modernisierung der Truppe.

Die beiden Beispiele zeigen: Es geht bei "Sondervermögen" in der Regel nicht um tagespolitischen Kleinkram. Sondern um große Projekte, bei deren Umsetzung der Staat einen langen Atem braucht.

Was sagen Kritiker?

Ihnen geht es neben dem Begriff an sich unter anderem auch um die Gefahr, dass mit "Sondervermögen" Verschiebebahnhöfe eingerichtet werden. Das wurde zum Beispiel in der Diskussion über das Finanzpaket von Union und SPD deutlich. Befürchtet wurde, dass der neue Schuldentopf für Infrastruktur indirekt für die Finanzierung von Wahlkampfversprechen wie einer Ausweitung der Mütterrente genutzt wird. Deshalb haben die Grünen durchgesetzt, dass die Mittel aus diesem Topf zusätzlich zu ohnehin geplanten Investitionen verwendet werden müssen. Damit wurde ein finanzpolitischer Verschiebebahnhof zumindest erschwert.

Ein anderer Kritikpunkt ist, dass mit "Sondervermögen" die Schuldenbremse des Grundgesetzes ausgehebelt werden könne. Etwa dann, wenn solche Töpfe ebenfalls verfassungsrechtlich verankert werden. Ein Beispiel dafür ist das 100-Milliarden-Programm für die Bundeswehr.

Wie viele Schulden stecken in den "Sondervermögen"?

Insgesamt ist der Bund zurzeit mit knapp 1,7 Billionen Euro verschuldet. Der Löwenanteil davon entfällt laut Bundesfinanzministerium mit rund 1,5 Billionen Euro auf den regulären Haushalt, der Rest auf "Sondervermögen". Allerdings ist zu beachten, dass sich der Kreditbestand von aktuell genutzten Schuldentöpfen immer wieder verändert.

Für das "Sondervermögen Bundeswehr" zum Beispiel werden momentan Darlehen in Höhe von rund 24 Milliarden Euro ausgewiesen – bei einem Kreditrahmen von 100 Milliarden. Das hängt damit zusammen, dass das Geld für die Truppe zwar weitgehend verplant, aber ein großer Teil davon noch nicht ausgegeben ist. Die Mittel fließen erst nach und nach ab – je nachdem, in welchem Tempo die jeweiligen Rüstungsvorhaben umgesetzt werden können.

Werden die Schulden aus den "Sondervermögen" irgendwann zurückgezahlt?

Generell gilt: Der Staat muss – anders als Privatleute – Schulden nicht unbedingt zurückzahlen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass der Bund immer wieder alte mit neuen Darlehen ablöst. Dies gilt nach Ansicht vieler Ökonomen so lange als unproblematisch, wie die Schuldenlast im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung eines Landes nicht überhandnimmt.

Aber natürlich kann die Politik auch Tilgungspläne festlegen – so wie zum Beispiel beim "Sondervermögen Bundeswehr". Das Gesetz dazu sieht vor, die Kredite spätestens ab Anfang 2031 zurückzuzahlen.

Im Audio: Sondervermögen - Guter Plan oder Wählerbetrug?

Lars Klingbeil und Friedrich Merz sitzen im Bundestag alleine in einer Sitzreihe mit strengen Blick
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Sondervermögen - Guter Plan oder Wählerbetrug?

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