Zwei Frauen schauen auf Kerzen für die Opfer eines Amoklaufs an einer Schule in Graz.
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Zwei Frauen schauen auf Kerzen für die Opfer eines Amoklaufs an einer Schule in Graz.

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Nach Amoklauf in Graz: Suche nach Motiv dauert an

Nach Amoklauf in Graz: Suche nach Motiv dauert an

Nach dem Amoklauf an einer Schule in Graz mit insgesamt elf Toten gedenkt Österreich der Opfer. Die Ermittlungen konzentrieren sich derweil auf das Motiv des 21-jährigen Täters -inzwischen wurde in dessen Wohnung eine Rohrbombe gefunden.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Trauer und Entsetzen nach dem Amoklauf an einer Schule in Graz: Einen Tag nach der Tat gedenkt Österreich der Opfer mit einer Trauerminute. Um 10.00 Uhr – dem Zeitpunkt der Tat am Dienstag – sollen die Menschen landesweit kurz innehalten. Derweil geht die Suche nach dem Motiv des 21-Jährigen weiter.

Der junge Mann, der keinen Schulabschluss hatte und arbeitslos war, hatte am Dienstag an seiner ehemaligen Schule in Graz mit zwei Schusswaffen zehn Menschen getötet und danach Suizid begangen. Die Polizei hat bisher sieben weibliche und drei männliche Opfer bestätigt. Unter ihnen soll auch ein Lehrer sein. Weitere Einzelheiten zu den Opfern sind noch nicht bekannt.

Alle Verletzten in stabilem Zustand

Alle elf Verletzten sind mittlerweile in stabilem Zustand. Das teilte der Krankenhausbetreiber Kages am Mittwoch mit. Neun der Verletzten würden noch auf Intensivstationen in mehreren Krankenhäusern betreut, hieß es. Bei einem Opfer mit Gesichtsverletzungen sei eine Folgeoperation nötig, ein weiteres Opfer müsse noch am Knie operiert werden.

Kein Motiv im Abschiedsbrief

Ein digitaler sowie ein handschriftlicher Abschiedsbrief des 21-Jährigen, in dem er sich von seinen Eltern verabschiedete, geht nach Darstellung der Polizei nicht auf etwaige Gründe für seinen Amoklauf ein. Gerüchte, wonach der Täter gemobbt wurde, wurden von den Ermittlern bisher nicht bestätigt.

Grundsätzlich sei an Schulen zu beobachten, dass sich eine steigende Zahl an jungen Menschen nicht mehr ausreichend wahrgenommen fühle, was zu latenter oder offener Gewalt führen könne, sagt der Leiter des Schulärztlichen Dienstes der Steiermark, Josef Zollneritsch. 

Bei einer Hausdurchsuchung beim Täter fanden Beamte eine Rohrbombe, sagte Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, dem ORF-Radio. Die Rohrbombe sei aber offenbar nicht funktionstüchtig.

Hunderte Menschen bei Trauergottesdienst

Die Trauer im Land und in Graz ist groß. Am Abend kamen Hunderte Menschen zu einem Trauergottesdienst in die Stadt, im Zentrum bildeten zahlreiche Kerzen in Erinnerung an die Toten ein Lichtermeer. Die österreichische Bundesregierung unter Kanzler Christian Stocker (ÖVP) hatte eine dreitägige Staatstrauer, beschlossen.

Veranstaltungen abgesagt

Zahlreiche politische und gesellschaftliche Veranstaltungen wurden abgesagt oder verschoben. Dazu zählt ein Bundesparteitag der rechten FPÖ sowie ein Landesparteitag der ÖVP. Praktisch alle Parteien riefen zu gesellschaftlicher Solidarität auf. Bundespräsident Alexander Van der Bellen schrieb auf X: "Heute und in den schweren Tagen, die kommen, wird unser Land zeigen, dass in diesem Miteinander unsere Stärke liegt."

Debatte über Waffengesetze zu erwarten

Allerdings bahnt sich auch eine Diskussion über die Waffengesetze in Österreich an, die nicht so scharf sind wie in Deutschland. Bestimmte Gewehre, wie die Schrotflinte, die der Massenmörder einsetzte, kann praktisch jeder 18-Jährige kaufen. Eine Genehmigung ist nicht nötig, es gilt lediglich eine dreitägige Wartezeit. Für eine Faustfeuerwaffe, wie sie der Amokschütze ebenfalls benutzte, ist eine Waffenbesitzkarte nötig. Die wurde dem jungen Mann nach einem psychologischen Test auch ausgestellt. Deshalb stellen sich umso mehr Fragen, ob die Hürden für den Erwerb, den Besitz oder das Führen von Waffen hoch genug sind.

Der Wiener Psychologe Paul Plener hält die Waffengesetze in Österreich für zu liberal. Unter anderem kritisierte er im ORF, dass man den psychologischen Test bei Nichtbestehen mehrfach machen kann. Insgesamt hat sich Zahl der Schusswaffen in Österreich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Sie stieg laut ORF von rund 890.000 auf über 1,5 Millionen. Im Schnitt ist das eine Schusswaffe für jeden sechsten Österreicher.

Drohungen und Bombendrohungen an weiteren Gymnasien

Inzwischen registrierte die Polizei mehrere Nachahmungstäter, die Drohungen gegen ein Gymnasium in Graz ausgesprochen hätten. Laut Franz Ruf, dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, wurde umgehend eine polizeiliche Sicherung aufgebaut. Er betonte, dass Bombendrohungen seit geraumer Zeit ein zunehmendes Problem darstellten.

Mit Informationen von dpa und Reuters

Im Video: Trauerminute in Österreich nach dem Amoklauf

Österreichs Bundespräsident Alexander van der Bellen besichtigt eine Gedenkstelle für die Opfer des Amoklaufs in Graz.
Bildrechte: BR
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Einen Tag nach dem Amoklauf an einer Schule in Graz mit elf Toten fühlt Österreich tiefe Trauer und gedenkt der zehn meist jungen Opfer.

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