Donald Trump postete am 25. Juni ein bizarres Video auf Truth Social [externer Link]: B2-Bomber fliegen, während im Hintergrund "Bomb Iran" zur Melodie der Beach Boys läuft. Der selbsternannte Friedenspräsident hat mit der Operation "Midnight Hammer" den Krieg gegen den Iran eröffnet. US-Streitkräfte bombardierten unterirdische Atomanlagen mit bunkerbrechenden Bomben. Ein drastischer Kurswechsel für einen Mann, der angetreten war, Kriege zu beenden, nicht anzufangen.
"Wir werden unseren Erfolg nicht nur an den Schlachten messen, die wir gewinnen, sondern auch an den Kriegen, die wir beenden - und vielleicht am wichtigsten: an den Kriegen, die wir niemals führen". Das hatte Trump in seiner Inaugurationsrede im Januar versprochen.
"Trump war dem Krieg nie abgeneigt"
USA-Experten zeigen sich wenig überrascht. "Trump war kriegerischen Handlungen nie abgeneigt", sagt Sandra Navidi, die seit über 25 Jahren in den USA lebt. "Er hatte schon in seiner ersten Amtszeit den Iran im Visier. Nur mit Mühe konnten ihn damals die Generäle zurückhalten."
Markus Kienscherf vom John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin sieht Trump in eine "muskulöse Außenpolitik" hineingezogen: "Die Wahrnehmung als starker und entschlossener Staatschef ist ihm sehr wichtig." Politikwissenschaftler Josef Braml verweist auf das völkerrechtliche Problem: "Präventivkriege sind klar völkerrechtswidrig. Aber von Seiten der EU hat bisher niemand wirklich Tacheles geredet, damit ist die 'Rule of Law' zu Grabe getragen."
Trump rechtfertigt den Angriff damit, dass der Iran kurz vor dem Bau einer Atomwaffe stehe. Als Journalisten ihn auf gegenteilige Einschätzungen seiner eigenen Geheimdienste hinweisen, kontert er schlicht: "Dann liegt meine Geheimdienstgemeinschaft falsch."
Im Video: Ist Trump wirklich der Friedenspräsident? Possoch klärt!
MAGA-Bewegung gespalten
Besonders brisant: Trumps eigene Basis ist gespalten. Ein virales Interview zwischen Tucker Carlson und Senator Ted Cruz offenbarte die Irritation der MAGA-Bewegung. Carlson fragte Cruz, wie viele Menschen im Iran leben. Cruz' Antwort: "Ich kenne die Bevölkerungszahl nicht." Carlsons Replik: "Sie kennen nichts über das Land, das Sie stürzen wollen?!"
Dennoch glaubt Navidi daran, dass die Kernanhängerschaft dem US-Präsidenten die Stange hält: "MAGA ist in erster Linie ein Kult. Trumps Anhänger glauben, was er ihnen vorgibt." Etwa 30 Prozent der republikanischen Basis folge Trump bedingungslos. Hinzu kämen radikale Evangelikale, die in Trump eine von Gott gesandte Erlöserfigur sehen – und sobald Israel wieder in seinen alttestamentarischen Grenzen bestehe, sei der Jüngste Tag gekommen.
Ablenkung von innenpolitischen Problemen der USA?
Kritiker vermuten klassische Ablenkungstaktik: Während vermummte ICE-Agenten Migranten von den Straßen zerren und Anti-Trump-Proteste entfachen, dominieren Kriegsschlagzeilen die Medien. "Das ist ein typisches autokratisches Playbook", warnt Navidi.
Braml sieht das anders: Die umstrittenen Deportationen stärkten Trump bei seiner Basis eher, als dass er davon ablenken müsste. Problematischer für Trump sei, dass der Iran-Krieg die MAGA-Bewegung spalte.
Unklar bleibt, ob der Angriff überhaupt erfolgreich war. US-Behörden äußern sich zurückhaltender als Trump. Der Verdacht: Der Iran hat das waffenfähige Uran rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Und überhaupt: Wissen lässt sich nicht wegbomben.
Kienscherf warnt vor den Folgen: "Ein dauerhafter Kriegszustand könnte zu noch mehr autoritären Maßnahmen führen – sowohl gegen Proteste im Inneren als auch international."
Trumps Einsatz ist Braml zufolge sehr hoch: Gelingt ein schneller Frieden, wäre Trump der strahlende Sieger. Eskaliert der Konflikt, könnte er in einem Kriegsfass ohne Boden landen; mit unabsehbaren Folgen für die USA und die Welt – oder wie es Trump seinerzeit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj vorwarf: "Sie spielen mit dem Dritten Weltkrieg."
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