MiG-31 mit Kinschal-Rakete (Archivbild)
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"Der Welt Angst einjagen": Russland setzt Hyperschallrakete ein

"Der Welt Angst einjagen": Russland setzt Hyperschallrakete ein

Zerstört wurde ein Waffendepot: Das russische Militär hat im Ukraine-Krieg erstmals die Hyperschallrakete "Kinschal" eingesetzt. Ein Experte betont, es gehe vor allem um "psychologische Propaganda mit dem Ziel, aller Welt Angst einzujagen".

Russland hat in der Ukraine Hyperschallraketen eingesetzt - es war wohl das erste Mal überhaupt, dass diese hochmoderne Waffe jemals zum Einsatz kam. Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenko, sagte in Moskau, die Rakete vom Typ Kinschal habe im Westen der Ukraine ein unterirdisches Waffendepot mit Raketen und Munition der ukrainischen Luftwaffe zerstört.

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Das Lager befand sich im Dorf Deljatyn, das rund hundert Kilometer von der Grenze zum Nato-Mitgliedstaat Rumänien entfernt liegt. Der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ignat, bestätigte den Angriff auf das Depot. Es habe Zerstörungen und Explosionen von Munition gegeben. "Leider ist die Ukraine zu einem Versuchslabor für das gesamte russische Raketenarsenal geworden", sagte er.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Hyperschallrakete kann Flugabwehr ausweichen

Russland hat als erstes Land der Welt Hyperschallraketen entwickelt. Diese Raketen sind in der Lage, bei extremer Geschwindigkeit Höhe und Richtung zu ändern - und somit der gegnerischen Flugabwehr auszuweichen. Anlass für die Entwicklung der Raketen war der Wille Moskaus, den in Europa stationierten US-Raketenschild überwinden zu können.

Der Militärexperte und Leiter eines Forschungszentrums in Moskau, Wassili Kaschin, sprach nach der Bekanntgabe des Kinschal-Einsatzes von einer "Weltpremiere". Ganz offensichtlich habe das russische Militär die Rakete unter Kampfbedingungen einsetzen wollen.

Große Zerstörungskraft

Die Kinschal (Dolch) erreicht eine Geschwindigkeit von Mach 10, also rund 12.000 Stundenkilometer. Bei Tests hat dieser Raketen-Typ nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau alle Ziele getroffen; diese können sich in zwischen 1.000 und 2.000 Kilometern Entfernung befinden. Die russischen Kampfflugzeuge MiG-31 werden mit diesen Luft-Boden-Raketen ausgerüstet, so dass sich deren Reichweite um die zurückgelegte Flugstrecke verlängert.

Nach Einschätzung Kaschins war das Waffendepot ein naheliegendes Ziel für eine Kinschal-Rakete. "Solche Infrastruktur ist mit klassischen Raketen nur schwer zu zerstören", sagte der Experte. "Wegen seiner hohen Geschwindigkeit hat die Hyperschallrakete eine höhere Durchschlags- und Zerstörungskraft."

Der Einsatz in der Ukraine kommt zu einem Moment, da die russische Armee trotz gegenteiliger Ankündigungen offenbar noch nicht die gesamte Lufthoheit über der Ukraine errungen zu haben scheint; die ukrainische Luftabwehr ist nach wie vor in der Lage, der russischen Seite Verluste zuzufügen.

"Psychologische Propaganda"

Der russische Militärexperte Pawel Felgenhauer sagte, der Einsatz der Kinschal-Rakete werde Russland im Ukraine-Krieg aber nicht unbedingt einen strategischen Vorteil verschaffen - wohl aber einen psychologischen. "Am Ende wird es nicht das Kampfgeschehen verändern - aber es hat einen Effekt für die psychologische Propaganda mit dem Ziel, aller Welt Angst einzujagen", sagte Felgenhauer.

Zum russischen Arsenal an Hyperschallraketen gehören neben Kinschal auch die Raketen des Typs Awangard und Zirkon. Awangard erreicht eine Geschwindigkeit von bis zu 33.000 Stundenkilometern, kann mit einem atomaren Sprengkopf bestückt werden und nach russischen Angaben sogar Ziele in 6.000 Kilometern Entfernung treffen. Nach dem ersten erfolgreichen Test einer Awangard im Dezember 2018 rühmte der russische Staatschef Wladimir Putin die neuen Raketen als "praktisch unbesiegbar".

Auch andere Länder arbeiten an Entwicklung

Hyperschallraketen sind nicht unbedingt schneller als ballistische Raketen, denn sie fliegen in niedrigerer Höhe und werden durch die Erdatmosphäre abgebremst. Ihr großer Vorteil gegenüber ballistischen Raketen besteht darin, dass sie gut steuerbar und somit für den Gegner unberechenbar sind. "Hyperschallraketen mit ihrer neuartigen Kombination von Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit können alle gegenwärtigen Raketenabwehrsysteme überwinden und verkürzen radikal die Reaktionszeit des angegriffenen Akteurs", schrieb die Münchener Sicherheitskonferenz in ihrem Bericht 2019.

Der Erfolg Russlands bei der Entwicklung der Hyperschallraketen brachte andere Staaten wie Nordkorea und China dazu, ihr Programm für diesen Raketentyp zu beschleunigen. Inzwischen haben beide Länder nach eigenen Angaben Hyperschallraketen getestet. Auch in den USA wird an der Entwicklung dieser Raketen gearbeitet.

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