Die israelische Regierung hat die Vereinbarung mit der Hamas über eine Waffenruhe und die Freilassung weiterer israelischer Geiseln gebilligt. Das teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Nacht mit. Demnach soll das Abkommen am Sonntag in Kraft treten.
"Wie von den Parteien des Abkommens und den Vermittlern koordiniert, beginnt die Waffenruhe im Gazastreifen am Sonntag, dem 19. Januar, um 8.30 Uhr Ortszeit (07.30 Uhr MEZ)", erklärte Katars Außenministeriumssprecher Madsched al-Ansari am Samstag im Onlinedienst X. Katar hatte gemeinsam mit Ägypten und den USA das Abkommen für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas vermittelt. Al-Ansari forderte die Anwohner auf, "äußerste Vorsicht walten zu lassen und auf Anweisungen von offiziellen Quellen zu warten".
Austausch von 33 Gaza-Geiseln gegen 1.904 Palästinenser
Die Waffenruhe soll zunächst für 42 Tage gelten. In dieser Zeit sollen 33 der insgesamt 98 Geiseln, die noch in der Gewalt der Hamas sind, freikommen – die ersten schon an Tag eins. Im Gegenzug werden israelischen Angaben zufolge insgesamt 1.904 Palästinenser aus israelischen Gefängnissen und Lagern entlassen. Dabei handele es sich um 1.167 festgenommene Bewohner des Gazastreifens, die nicht an dem Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Küstenstreifen vom 7. Oktober 2023 in Israel beteiligt waren, teilte die Regierung weiter mit. Es dürfte sich vor allem um Hamas-Kämpfer handeln, die während der vergangenen mehr als 15-monatigen Kämpfe gefangen genommen wurden.
Die anderen 737 freizulassenden Palästinenser sind Häftlinge, die wegen leichterer Delikte wie Steinwürfe im Westjordanland oder illegalem Grenzübertritt sowie auch illegalen Waffenbesitzes oder anderer Gesetzesverstöße inhaftiert oder verurteilt wurden. Darunter sind aber auch Häftlinge, die wegen schwerer Straftaten wie etwa Mord einsitzen.
Geplant ist zudem, dass während der Waffenruhe pro Tag 600 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gaza-Streifen gelangen - bisher waren es durchschnittlich nur 100. Des Weiteren soll die israelische Armee mit ihrem Rückzug beginnen.
Sicherheitskabinett hat schon zugestimmt
Zuvor hatte das israelische Sicherheitskabinett bereits grünes Licht für das Abkommen gegeben. "Nach Prüfung aller politischen, sicherheitspolitischen und humanitären Aspekte und unter Berücksichtigung, dass das vorgeschlagene Abkommen zum Erreichen der Kriegsziele beiträgt, hat (das Sicherheitskabinett) empfohlen, dass die Regierung dem vorgeschlagenen Rahmen zustimmt", erklärte das Büro von Netanjahu.
Die Einigung auf das Abkommen zwischen Israel und der Hamas nach 15 Monaten Krieg war am Mittwochabend verkündet worden.
Scholz will Palästinenser weiter unterstützen
Mit der Entscheidung des Sicherheitskabinetts war trotz des Widerstands einiger rechtsextremer Politiker gerechnet worden. Einzig der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir und Finanzminister Bezalel Smotrich stimmten dagegen, wie die israelische Nachrichtenseite "ynet" berichtete.
Politik und Hilfswerke sehen im geplanten Abkommen zwischen Israel und der Hamas eine Chance für die Menschen im Gaza-Streifen. Jetzt sei die Gelegenheit für substanzielle Verbesserung, damit das "furchtbare Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung" gelindert werde, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag. "Ärzte ohne Grenzen" sieht in der vereinbarten Waffenruhe eine lebensnotwendige Atempause für die Menschen. Die Vereinten Nationen forderten derweil den ungehinderten Zugang von Hilfsorganisationen zu den Bedürftigen.
"Die Palästinenserinnen und Palästinenser brauchen dringend eine bessere Versorgung mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe", sagte Scholz. Die Bundesregierung sei bereit, dabei weiter zu unterstützen.
Baerbock ruft Nahost-Region zu langfristigem Frieden auf
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mahnt zu einem langfristigen Frieden. Es sei wichtig, dass die gesamte Region die Waffenruhe unterstütze, sagte sie Bayern 2 am Samstag. "Auch arabische Länder und die Golfstaaten müssen für die Sicherheit Israels einstehen. Diese Bedrohung aus dem Iran, der ja die Hamas, die Hisbollah mitgesteuert hat, das muss für alle Zeiten ein Ende haben", forderte die Außenministerin.
Zugleich lenkte Baerbock den Blick auf die Palästinenser. "Damit Israelis in Sicherheit leben können, müssen Palästinenser auch in der Zukunft in Sicherheit leben. Das ist ein steiniger, harter Weg."
Gaza-Krieg: Der 7. Oktober 2023 und die Folgen
Der Krieg im Gaza-Streifen war durch den Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1.210 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt, mehr als 90 der Geiseln sollen sich nach wie vor dort befinden, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot. Unter den noch festgehaltenen Geiseln befindet sich auch eine niedrige zweistellige Zahl von Menschen mit Deutschland-Bezug, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.
Israel ging seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gaza-Streifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 46.780 Menschen getötet. Hilfsorganisationen gehen davon aus, dass ein Drittel der Opfer Kinder sind, also über 15.000.
Mit Informationen von epd, AFP und dpa.
Im Audio: Regierungskabinett stimmt über Waffenruhe ab
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