Heidi Reichinnek (Die Linke) gratuliert Friedrich Merz zur Wahl zum Bundeskanzler am 06.05.2025.
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Heidi Reichinnek (Die Linke) gratuliert Friedrich Merz zur Wahl zum Bundeskanzler am 06.05.2025.

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Wahl von Merz: Arbeitet die Union jetzt mit der Linken?

Wahl von Merz: Arbeitet die Union jetzt mit der Linken?

Keine Zusammenarbeit mit der Linken – das war bisher die klare Linie der CDU. Um die Wahl von Friedrich Merz zu ermöglichen, stimmte man trotzdem für einen gemeinsamen Antrag. Was das bedeutet.

Sag niemals nie: Eigentlich schließt die CDU jede Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke aus, genauso die Unionsfraktion im Bundestag. Am Dienstag stellte die Union aber zusammen mit SPD, Grünen und eben der Linken einen gemeinsamen Antrag zur Geschäftsordnung. Nur so konnte Friedrich Merz nach der vergeigten ersten Runde gleich am selben Tag noch einmal zur Wahl antreten. Was bedeutet das für den Unvereinbarkeitsbeschluss der Union mit den Linken? Ein Überblick.

Was ist ein Unvereinbarkeitsbeschluss?

Die CDU hat auf einem Parteitag im Dezember 2018 beschlossen, weder mit der Partei Die Linke noch mit der AfD zusammenzuarbeiten. In dem Beschluss [externer Link] heißt es: "Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab." Was "ähnliche Formen der Zusammenarbeit" genau bedeutet, steht in dem Beschluss nicht.

Wie sieht es bei der CSU aus?

Bei der CSU gibt es keinen offiziellen Unvereinbarkeitsbeschluss. Die Frage dürfte sich in Bayern bisher schlicht nicht gestellt haben. Hier ist Die Linke zum ersten Mal 2008 bei einer Landtagswahl angetreten – erfolglos, wie auch bei allen Landtagswahlen danach. Auch auf kommunaler Ebene hat sich die Frage der Zusammenarbeit noch nicht gestellt.

Wie begründet die CDU ihren Unvereinbarkeitsbeschluss?

Mit der Linken will man aus drei Gründen nicht zusammenarbeiten. Erstens sieht die CDU zu große inhaltliche Differenzen. Die Linke lehne die Soziale Marktwirtschaft ab und stehe für "Gleichheit und Bevormundung", heißt es in der Begründung des CDU-Präsidiums für die Entscheidung [externer Link].

Zweitens findet man in der CDU problematisch, dass Die Linke unter anderem aus der PDS hervor gegangen ist. Die PDS wiederum ist die Nachfolgepartei der DDR-Einheitspartei SED.

Drittens wurden einzelne Strömungen der Linkspartei vom Verfassungsschutz als "linksextremistisch" eingestuft, als der Beschluss gefasst wurde. Im aktuellen Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz steht das nicht mehr. Der bayerische Verfassungsschutz [externer Link] sieht hingegen weiterhin einzelne "extremistische Strukturen" in der Linkspartei.

Welche Rolle spielte die Linke bei der Wahl von Merz?

Damit Merz noch am Dienstag ein zweites Mal zur Wahl zum Bundeskanzler antreten konnte, mussten die üblichen Fristen in der Geschäftsordnung des Bundestages verkürzt werden. Um von der Geschäftsordnung abzuweichen, braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Ohne die AfD gibt es diese Mehrheit im neuen Bundestag nur mit den Stimmen von Union, SPD, Grünen und der Linken.

Deswegen hat die Union am Dienstag mit den Linken über einen Antrag verhandelt, von der Geschäftsordnung abzuweichen. Offenbar hatte nur der CSU-Politiker Alexander Dobrindt einen direkten Kontakt zu der Oppositionspartei. Nach einem Telefonat mit der ehemaligen Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Gesprächen mit der aktuellen Parteiführung stimmte die Linksfraktion schließlich zu, gleich nochmal abzustimmen. Für diese Zusammenarbeit hat sich der neue Fraktionsvorsitzende der Union, Jens Spahn (CDU), ausdrücklich bedankt.

Ist der Unvereinbarkeitsbeschluss damit Geschichte?

Das wird in der Union gerade kontrovers diskutiert. CSU-Chef Markus Söder meint, es habe sich nur um eine Frage zur Geschäftsordnung gehandelt. Laut Alexander Dobrindt könnte sich eine Zusammenarbeit auf dieser Ebene aber durchaus wiederholen, wie der CSU-Politiker noch vor seiner Ernennung zum Innenminister beim Sender ntv sagte.

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann betonte in der ARD-Sendung "Maischberger", es gebe weiterhin keine inhaltliche Zusammenarbeit mit den Linken. Ähnlich äußerte sich der neue Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Der neue Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) hingegen wirbt dafür, den Unvereinbarkeitsbeschluss mit den Linken zu überdenken: Im Interview mit dem "Deutschlandfunk" sagte er, seine Partei müsse sich mit der Frage auseinandersetzen, wie man in den aktuellen Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag mit dem Beschluss umgehen werde.

Was sagt Die Linke?

Die Linke fordert die CDU auf, den Unvereinbarkeitsverschluss über Bord zu werden. Für Zweidrittelmehrheiten ohne die AfD bräuchte es im neuen Bundestag die Linke – daran müsse man sich gewöhnen, sagte der Co-Vorsitzende Jan van Aken der Zeitung "Rheinische Post". Die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek fordert die Union in der taz auf ihre "ideologischen Scheuklappen" abzulegen.

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