Der bislang unveröffentlichte Untersuchungsbericht zur Beschaffung von Schutzmasken während der Corona-Pandemie unter dem damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll nun doch dem Bundestags-Haushaltsausschuss vorgelegt werden.
Das erklärte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in der "Rheinischen Post". Sie habe "beschlossen, den Bericht in der kommenden Sitzungswoche dem Haushaltsausschuss des Bundestages offenzulegen". Bislang wollte sie den Bericht nicht dem Ausschuss vorlegen, sondern ihn als Zusammenfassung dem Ausschuss zustellen.
Nur die Abgeordneten erhalten Einblick
Der breiten Öffentlichkeit will Warken den Untersuchungsbericht allerdings auch weiterhin nicht zugänglich machen, nur die Abgeordneten sollen Einsicht bekommen: "Ich würde den Bericht lieber heute als morgen komplett veröffentlichen, darf es aber schlicht nicht", erklärte Warken. Das Dokument sei für die Abgeordneten gedacht. "Es bleibt als Verschlusssache eingestuft. Noch mehr Transparenz geht leider nicht."
Schwärzungen sollen bestimmte Daten schützen
Auch die Parlamentarier werden den Bericht aber nur mit Schwärzungen erhalten. Warken hatte ihre bisherige Weigerung, den Bericht überhaupt vorzulegen, mit dem Verweis auf personenbezogene Daten und Gerichtsverfahren begründet. Nun sollen diese Textstellen geschwärzt werden: "Um unserer Pflicht zum Datenschutz nachzukommen, werden wir die Passagen schwärzen, die die erwähnten schützenswerten Daten enthalten."
Die Ministerin nannte als Beispiele "personenbezogene Mitarbeiterdaten, Geschäftsgeheimnisse betroffener Unternehmen und Dinge, die die laufenden Gerichtsprozesse mit Maskenlieferanten betreffen".
Auch Spahn verwies auf Persönlichkeitsrechte
Der 170 Seiten umfassende Bericht war im Auftrag des früheren Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) von der Sonderbeauftragten Margaretha Sudhof erstellt worden. Sie sollte die kostspielige Maskenbeschaffung während der Corona-Pandemie unter Jens Spahn, der jetzt Unionsfraktionschef ist, untersuchen.
Auch Spahn war bisher davon ausgegangen, dass Warken den Haushaltsausschuss lediglich über den Prüfbericht informieren werde, ohne dass die vollständige Untersuchung weitergegeben wird. Er verwies dabei auch auf Persönlichkeitsrechte, die geschützt werden müssten.
Nun, da der Ausschuss voraussichtlich am kommenden Mittwoch den Bericht erhalten soll, will sich Spahn offenbar vor dem Gremium äußern, ebenso wie die aktuelle Ministerin Warken. Spahn habe dies freiwillig angeboten, hieß es Ausschusskreisen, ein entsprechender Tagesordnungspunkt ist vorgesehen.
Es geht um Masken im Wert von Milliarden
Der Druck, den Untersuchungsbericht wenigstens den Parlamentariern vorzulegen, hatte zuletzt zugenommen. Medien hatten über Auszüge berichtet, die Spahn belasten. Es geht unter anderem darum, dass Spahn dem Logistikunternehmen Fiege aus seiner münsterländischen Heimat ohne Ausschreibung einen Auftrag zur Maskenbeschaffung von 1,5 Milliarden Euro erteilt habe.
Spahn hatte 2020 zu Beginn der Pandemie Lieferanten eine unbegrenzte Abnahme von Masken zum Preis von 4,50 Euro pro FFP2-Maske garantiert. Später verweigerte das Ministerium teils die Bezahlung, letztlich wurde ein großer Teil der Masken nicht benötigt. Lieferanten klagten daraufhin gegen den Bund, es geht um hunderte Fälle mit einem Streitwert in Milliardenhöhe.
Der Ex-Minister spricht von einer "Jahrhundertkrise"
Spahn rechtfertigte die umstrittene Masken-Beschaffung mit einer Ausnahmesituation, es habe sich um eine "Jahrhundertkrise" gehandelt. Das Motto in der Bundesregierung sei gewesen "Lieber Geld verlieren als Menschenleben", sagte Spahn in der ZDF-Sendung "Markus Lanz".
Es sei bei der Maskenbeschaffung nicht alles richtig gemacht worden, er habe aber "ein reines Gewissen", so Spahn. Warnungen vor der Beauftragung von Fiege seien ihm nicht bekannt. In der Pandemie habe die Beschaffung von Masken einem "Wild-West-Markt" geglichen: "Es gab Tage, da kosteten die 13 Euro das Stück – eine Maske, die heute Cents kostet. Es gab Tage, da war es günstiger."
Warken verweist auf das "Schicksal des Krisenmanagers"
Ministerin Warken sagte zu Spahns Vorgehen: "Jens Spahn hat Verantwortung übernommen in schwierigen Zeiten. Dass man einiges im Rückblick mit dem Wissen von heute hätte anders machen können, sagt er selber." Es sei aber "das Schicksal eines jeden Krisenmanagers, der in Notsituationen schnell entscheiden muss".
Die Grünen warfen Spahn hingegen vor, "Nebelkerzen" zu werfen, und forderten einen Untersuchungsausschuss. Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Audretsch kritisierte, es gebe "mehr offene Fragen denn je".
Mit Informationen von AFP
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