Diese vom RKI zur Verfügung gestellte elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt das Affenpockenvirus.
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Weitere Affenpocken-Fälle in Deutschland erwartet

Weitere Affenpocken-Fälle in Deutschland erwartet

Nach den ersten in Deutschland festgestellten Fällen von Affenpocken in München und Berlin rechnen Experten mit einer weiteren Verbreitung des Virus. Eine große Ansteckungswelle sei aber nicht zu erwarten.

Nachdem auch in Deutschland erste Fälle mit dem Affenpockenvirus bekannt geworden sind, gehen Experten von weiteren Ansteckungen in den kommenden Tagen aus. "Ich bin überzeugt, dass es insgesamt noch weitere Fälle in Deutschland geben wird", sagte Clemens Wendtner, der Chefarzt der infektiologischen Klinik des Schwabinger Krankenhauses, wo der erste in Deutschland bekannte Patient derzeit behandelt wird.

Eine große Ansteckungswelle ist hierzulande aber nicht zu erwarten. Davon gehen sowohl die behandelnden Ärzte des Patienten in München als auch die Behörden in Berlin aus.

Fälle außerhalb Afrikas nehmen zu

Die Zahl der außerhalb Afrikas gemeldeten Affenpocken-Fälle nimmt zu: Die Schweiz und Israel meldeten ihren jeweils ersten Infektionsfall, in Griechenland wird ein Verdachtsfall untersucht. Der Charité-Infektiologe Leif Erik Sander mahnte, der aktuelle Affenpockenausbruch müsse sehr ernst genommen werden.

Nach der Bestätigung der zwei Affenpocken-Infektionen in Berlin erklärte auch die Senatsverwaltung für Gesundheit, es sei davon auszugehen, "dass in den nächsten Tagen eventuell noch weitere Infektionen registriert werden".

Die Berliner Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) betonte, es gebe einen engen Austausch mit den Gesundheitsämtern, dem RKI, der Charité und dem Bundesgesundheitsministerium, um die Bevölkerung "bestmöglich vor dem Affenpockenvirus zu schützen". Es bestehe "kein Grund zur Panik, aber Grund zur Vorsicht, da viele wissenschaftliche Erkenntnisse über die Krankheit noch vorläufig sind, weil sie so selten ist".

Laut Gote gehen Experten davon aus, "dass wir keine neue Pandemie fürchten müssen". Es müsse aber jetzt "schnell und konsequent" gehandelt werden.

Münchner Patient weiter stabil

Der 26 Jahre alte Münchner Patient stammt aus Brasilien und leidet an der milderen der zwei bekannten Virusvarianten. Das ergab die Genom-Analyse des Erregers am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, wie das bayerische Gesundheitsministerium mitteilte.

Der Mann leidet demnach an der westafrikanischen Variante, die seltener zu schweren Verläufen führt als die zentralafrikanische Virusvariante. "Dem Patienten geht es nach wie vor gut, er hat relativ wenig Symptome", sagte Wendtner auf Anfrage. "Er hat Hautläsionen an mehreren Stellen, aber er fiebert nicht und leidet nicht an Atemnot."

Affenpockenvirus in Risikogruppe 3 eingestuft

Die Wissenschaft geht nach Worten des Mediziners davon aus, dass mit Affenpocken infizierte Patienten drei bis vier Wochen ansteckend sind. "Unser Patient ist seit 13./14. Mai symptomatisch, so dass er noch zwei bis drei Wochen vor sich hätte. Das hängt aber natürlich immer vom individuellen Verlauf der Infektion ab."

Der Erreger der Affenpocken sei in die Risikogruppe drei eingestuft. "Das ist die zweithöchste Sicherheitsstufe", sagte der Wissenschaftler. "Die Aufarbeitung dieser Viren darf nur in Speziallaboren erfolgen, von denen es nicht viele gibt."

Es handle sich um eine klassische Schmierinfektion, "die durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten, aber auch das gemeinsame Nutzen von Bettwäsche oder das Teilen von Kleidung von Infizierten übertragen wird. Promiskuität und ungeschützter Geschlechtsverkehr sind Risikofaktoren."

Impfstoff in der EU verfügbar

Seit 2013 ist in der EU demnach der Impfstoff Imvanex zugelassen. "Dies ist ein Lebendimpfstoff, der aus einer abgeschwächten Form des Pocken-Impfstoffs hergestellt wird. Die Erreger sind so abgeschwächt, dass sie sich nicht vermehren können, sonst könnten immungeschwächte Patienten nicht geimpft werden", sagte der Wissenschaftler. "Wir haben nun eine Diskussion, wie man Risikogruppen besser schützen könnte und ob man eine sogenannte Riegelimpfung für sie einführen sollte."

Riegelimpfungen sind nach Wendtners Erläuterung Impfungen, die für bestimmte Bevölkerungsgruppen - in diesem Fall immungeschwächte Menschen - begrenzt eingeführt werden könnten, um die weitere Ausbreitung des Affenpockenvirus zu unterbinden.

"Wir gehen davon aus, dass die ältere Generation, die vor 1980 noch gegen die klassischen Pocken geimpft wurde, einen sehr hohen Schutz auch gegen Affenpocken hat, diese Menschen sind sehr wenig bis gar nicht gefährdet."

Medikament als Therapiemöglichkeit

Mit dem Medikament Tecovirimat gibt es nach Wendtners Worten auch eine seit Januar 2022 in der EU zugelassene Therapiemöglichkeit für die Affenpocken-Erkrankung. Darüber hinaus könnte dieses Medikament gegebenenfalls auch jenseits der offiziellen Zulassung als Post-Expositions-Prophylaxe, also der vorbeugenden Behandlung nach Kontakt mit dem Erreger, eingesetzt werden.

"Tecovirimat ist ein kleines Molekül, das die Bildung des schützenden Hüllproteins des Affenpocken-Erregers verhindert, so dass die Virusfreisetzung aus der Wirtszelle verhindert wird", sagte Wendtner. "Das Mittel ist auf dem Weg nach Schwabing – nicht unbedingt für unseren Patienten, aber für nicht auszuschließende weitere Fälle."

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