Die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben eine Vereinbarung zur besseren Vorbereitung auf künftige Pandemien getroffen. Drei Jahre war darüber intensiv beraten worden, jetzt steht der Entwurf. Er gilt als Reaktion auf die Corona-Pandemie, die von 2020 bis 2022 mindestens 20 Millionen von Menschen das Leben kostete. Auf der Weltgesundheitsversammlung im Mai soll er verabschiedet werden.
Was steht in dem Pandemie-Vertrag der WHO?
Der Pandemie-Vertrag soll die Welt besser auf den Kampf gegen neue Krankheitserreger vorbereiten und ein ähnliches Chaos wie während der Corona-Krise verhindern. Stattdessen soll er klare Regeln in den Bereichen Prävention, Vorsorge und Reaktion schaffen. Die Länder, die den Vertrag ratifizieren, verpflichten sich, ihre Gesundheitssysteme und das Tierreich zu überwachen, sodass Krankheitsausbrüche schnell entdeckt und im Keim erstickt werden. Außerdem – das war ein Anliegen der Europäer – sollen auch Antibiotika-Resistenzen bekämpft werden.
Sollte es doch zu einer Pandemie kommen, sollen alle Länder laut dem Vertrag den gleichen Zugang zu Material haben. Gesundheitspersonal soll damit zuerst versorgt werden. In der Corona-Pandemie hatten Länder Masken oder Impfstoffe gehortet und während in reichen Staaten schon die dritte Impfung verabreicht wurde, warteten Menschen in armen Ländern noch auf die erste Spritze.
Ein weiterer Punkt: Wichtige Informationen sollen frei ausgetauscht werden. Wenn alle Zugang zu DNA-Sequenz über Pathogene haben, können damit Medikamente und Impfstoffe entwickelt werden, heißt es. Und: Pharmaunternehmen der WHO sollen zehn Prozent ihrer Produktion als Spende zur Verteilung in ärmeren Ländern abtreten. Firmen sollen zudem ihr Know-how zur Herstellung von Medikamenten und Impfstoffen teilen, auch um Produktionen in anderen Ländern zu ermöglichen.
Wieso wurde so lange um einen solchen Vertrag gerungen?
Bis zum Schluss herrschte Uneinigkeit über einige heikle Fragen. Zum Beispiel gab es Unstimmigkeiten beim Technologietransfer für Pandemie-Gesundheitsprodukte, also inwieweit die Pharmaindustrie ihr Know-how zur Herstellung von Medikamenten und Impfstoffen auch mit ärmeren Ländern teilen soll. Umstritten war auch, wie viel Material Pharmafirmen umsonst oder zu kleinen Preisen zur Verfügung stellen sollen.
Wohl deshalb hat der Text viele schwammige Formulierungen. Verpflichtungen gelten etwa "je nach nationalen Gesetzen", bei Auflagen gibt es Einschränkungen wie "in gegenseitigem Einvernehmen". Gian-Luca Burci, Professor im Zentrum für globale Gesundheit der Genfer Universität Graduate Institute, sagte dazu: "Der Vertrag ist ein Anfang und kein Ende." Mit einem solchen Abkommen entwickele sich eine Dynamik. Außerdem müssen die Länder bei Vertragsstaatenkonferenzen alle paar Jahre aufzeigen, wie sie vorankommen, das erzeuge einen gewissen Druck.
Die medizinische Leiterin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, Maria Guevara, lobte das Vertragswerk trotz Kompromissen und teils schwammiger Sprache. Sie betrachtet es als "starkes Signal der globalen Solidarität".
Was sind die Schwachstellen des Pandemie-Vertrags?
Der ausgehandelte Vertrag gilt nur für Länder, deren Parlamente ihn anerkennen. Nötig sind 60 Ratifizierungen, bevor der Vertrag in Kraft tritt. Das könnte nach Expertenmeinung einige Jahre dauern. Einer der größten Schwachpunkte: Die USA sind nicht dabei. Präsident Donald Trump hatte nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus den Rückzug seines Landes aus der WHO erklärt.
Die Weltgesundheitsorganisation kann im Fall einer neuen Pandemie auch nach Inkrafttreten des Vertrags keine Lockdowns, Reisebeschränkungen oder Impfungen anordnen. Trotzdem: Laut WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus haben die Mitglieder bewiesen, "dass die Nationen in unserer gespaltenen Welt immer noch zusammenarbeiten können".
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
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