Im Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg wird seit mehr als fünf Jahren über Zoom gepredigt. Nachdem man sich dort intensiv mit dem Digitalen beschäftigt hat, wurden eine Pfarrstelle für den digitalen Raum geschaffen. Theresa Brückner hat die Stelle bekommen. Die junge Mutter und Pfarrerin betreibt neben den Zoom-Gottesdiensten die YouTube- und Instagram-Kanäle "theresaliebt". "Digitalpfarrerin klingt immer so ein bisschen lustig", sagt sie, aber ihr Schwerpunkt im Digitalen komme eigentlich aus einer analogen Erfahrung. Menschen würden sich einfach wünschen, besucht zu werden – dass man zu ihnen kommt. Und genau das sei im Digitalen häufig einfacher, so Brückner.
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Couchsurfen im Namen Gottes
Auch Anna-Nicole Heinrich besucht die Menschen und nimmt dabei den einen oder anderen beschwerlichen Weg auf sich. Im Mai 2021 wurde sie mit 25 Jahren zur bis jetzt jüngsten Präses der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands gewählt. Damit ist sie eine ihrer höchsten Repräsentantinnen.
Und in dieser Funktion hat sie erstmal eine Art Couchsurfing-Tour (externer Link) von Flensburg bis Freiburg unternommen – ganz ohne Übernachtung im Hotel, sie schaue spontan, wen sie treffe. Dabei prallten oft Meinungen aufeinander. "Also ich habe so manche Diskussionen, wo ich mir oft auch schon manchmal dachte, boah, wie kannst du dem anderen noch gut begegnen", sie versuche dann immer, "im anderen Jesus zu sehen", sagt sie.
Von Eisenhüttenstadt bis Honolulu
Heinrich unternahm 2024 eine weitere Tour durch die neuen Bundesländer. Sie besuchte unter anderem Eisenhüttenstadt, Meißen und Dresden. Auch hier herrscht bisweilen ein Klima, das nicht immer einfach ist – rechte und teilweise rechtsextreme Positionen finden immer mehr Zuspruch, auch unter Gemeindemitgliedern. Doch die junge Kirchenfunktionärin nimmt überraschend Positives mit. Sie habe in diesem Sommer immer wieder erlebt, wie sich Menschen mutig engagierten und den "menschenfeindlichen Parolen widersprechen, wie sie das auch in einer Situation wirklich direkter Konfrontation immer und immer wieder tun".
Mit ihren Methoden erreichen die beiden Frauen überall Menschen, die sie sonst vielleicht nicht erreichen würden. Pfarrerin Theresa Brückner erzählt, dass sich bei ihren Gottesdiensten bereits Gemeindemitglieder aus Honolulu zugeschaltet hätten. "Das ist schon sehr witzig, wenn man sich überlegt, wo das stecknadelmäßig dann auf so einer Weltkarte wäre", sagt sie. Dies mache auch den Reiz aus, dass man nicht irgendwo hingehen müsse, sondern den Glauben im eigenen Wohlfühlraum leben könne.
Braucht die Kirche mehr weibliche Perspektiven?
Trotz des Erfolges der beiden Frauen zeigen die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen in Deutschland ein ernüchterndes Bild: Hunderttausende Menschen sind in den vergangenen Jahren ausgetreten. Braucht es möglicherweise mehr weibliche Perspektiven in der Kirche? Pfarrerin Brückner berichtet, dass sie tatsächlich mit einer "eher weiblichen" Zielgruppe arbeite und ihr entsprechend auch anteilig mehr Frauen folgen.
Anna-Nicole Heinrich betont hingegen die Rolle von Frauen in Bezug auf den Glauben und kritisiert, dass die vielen starken Frauen in der Bibel in den Überlieferungen viel zu wenig sichtbar gemacht worden seien. Frauen in der Kirche würden noch immer zu wenig wahrgenommen.
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